Bier auf neuen Wegen

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„Bier trotzt allen Krisen“, verlautbarte Brauereiverbands-Obmann Sigi Menz noch anlässlich der Präsentation der jüngsten Ausstoß-Zahlen, kurz vor Bekanntgabe der Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Coronakrise. Insbesondere der Ausfall des Gastronomiegeschäfts trifft die Branche aber nun natürlich hart – sie antwortet u.a. mit neuen Vertriebswegen.

Kategorie: Stories

Beginnen wir jedoch mit einem Blick zurück: Der Bier-Gesamtausstoß (inkl. alkoholfreiem Bier) belief sich 2019 nach einem Zuwachs um 1,9% auf rund 9,9 Mio. HL. Wenig überraschend führt Lager-/Märzenbier das Beliebtheitsranking mit einem Marktanteil von rund 65% (Brauereiverband) weiterhin an und konnte sogar nochmal um 1% zulegen. Ein sattes Plus war aber auch bei alkoholfreiem Bier bzw. ebensolchen Radlern zu verzeichnen (+21.578HL bzw. +10%). Weizenbier legte um 5.464HL bzw. 5% zu und alkoholfreies Weizenbier sogar um 25% (+5.166HL). Kreativbier wuchs um 7%, was in diesem Fall +207HL entspricht. In Sachen Gebinde ist die 0,5L-Glasflasche weiterhin die erste Wahl der Österreicher, ihr Marktanteil betrug lt. Brauereiverband 2019 44%, die 0,33L-Flasche machte rund 10% des Marktes aus. Und während Mehrweg-Gebinde in anderen Segmenten des Getränke-Marktes gerade ein Comeback feiern, ist diese Art der Kreislaufwirtschaft im Bierbereich u.a. dank Verwendung einheitlicher Flaschen von nahezu allen Brauereien immer noch Usus: Der Mehrweg-Anteil bei Bier (inkl. Fassbier) lag im letzten Jahr bei rund 68% (Brauereiverband), im Handel machen Mehrweg-Gebinde etwas mehr als Hälfte der Verkäufe aus (Nielsen, 2018).

Wie geht´s weiter?
Was die weitere Entwicklung des Marktes angeht, so hat die Situation rund um Covid-19 die Ausgangslage natürlich grundlegend verändert: „Quasi über Nacht wurde eines unserer zwei Standbeine, die Gastronomie und Hotellerie, lahmgelegt“, schildert etwa Stiegl-Geschäftsführer Thomas Gerbl die Lage, wie sie von den allermeisten Brauereien erlebt wird. Was könnte das für die Zukunft der Brauer bedeuten? „Die möglichen Verschiebungen bzw. Auswirkungen können nur langfristig betrachtet werden“, meint Ottakringer-GF Matthias Ortner. Um der ohnehin nun angeschlagenen Gastronomie das Comeback zu erleichtern, wollen die Brauereien den Wirten mit unterschiedlichen Initiativen unter die Arme greifen. Die Brau Union etwa hat angekündigt, die Reinigung und Wiederinbetriebnahme der Schankanlagen kostenlos durchzuführen. Freilich wird derzeit ein Teil der Gastronomie-Umsätze von Zusatzumsätzen des Handels ausgeglichen. Außerdem werden auch alternative Vertriebswege verstärkt genutzt: Ottakringer etwa hat in Wien einen Lieferservice ins Leben gerufen und bringt den Konsumenten das Bier an die Haustür. Auch bei Stiegl berichtet man: „Unser Onlineshop boomt“, so Thomas Gerbl. 
Daheim.
Denn aufs Bier verzichten, das will auch dieser Tage kaum jemand. Ein Seiderl zum Home office-Feierabend, ein Alkoholfreies in der Mittagspause oder die Bierspezialität der Wahl einfach so zum Anstoßen im Kreise der Familie resp. Mitbewohner sind natürlich weiterhin gefragt. Das Interesse wird aktuell durch zahlreiche Neueinführungen noch weiter angekurbelt. So bringt etwa die Brau Union die mexikanische Marke „Sol“ nach Österreich. Außerdem steht auch das „Zipfer Kellerbier“, das bisher nur an Donnerstagen in der Brauerei vom Fass ausgeschenkt wurde, nun einem breiten Publikum in der 0,5L-Flasche zur Verfügung. Weiters wird das „Wieselburger Zwickl“ eingeführt und in der Region Linz ist nach 40 Jahren das „Linzer Bier“ wieder erhältlich. Auch Stiegl sorgt für Abwechslung und lanciert das süffige „Stiegl Hell“. Ottakringer bringt den alkoholfreien „Radler Minze Zitrone“ auf den Markt und hat auch den „Mango Radler“ wieder im Portfolio. Zudem gibt es News vom „Ottakringer Wiener Original“, bei dem dank einer Kooperation mit 17 Wiener Landwirten künftig ausschließlich Wiener Gerste zum Einsatz kommt. Die Privatbrauerei Hirt schließlich liefert im Rahmen des 750 Jahr-Jubiläums mit einem Sammelgewinnspiel Impulse.
Bier Bilder Seite 24
International.
Bewegung dürften auch die Expansionspläne von Anheuser-Busch-InBev in die Branche bringen. Der weltweit größte Bierkonzern hat ein eigenes Büro in Wien eröffnet und will durch einen eigenen Vertrieb hierzulande für rasches Wachstum sorgen (siehe Story auf Seite 23). „Mit ‚Bud‘ und ‚Corona‘, aber auch ‚Franziskaner‘ und ‚Spaten‘ haben wir Marken im Portfolio, die sich insbesondere in der warmen Jahreszeit hoher Beliebtheit erfreuen“, berichtet Country Manager Lennart Kübler. Mit „Coronita“ – der kleinen Schwester von „Corona“ in der 0,21L-Flasche kommt außerdem ein vielversprechendes neues Format auf den Markt, das als „Sommerhit“ in der Gastronomie positioniert wird. Bleibt zu hoffen, dass sich die Gesamtsituation bald derart entspannt, dass der heimische Biergenuss auch in Sachen Örtlichkeit demnächst keinerlei Beschränkungen mehr unterliegt.