Eindeutig

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Megatrends erkennt man insbesondere an den Umsatzzuwächsen, die ihnen zugeordnet werden können. Bei Kaffee ist daher die Sache klar: Die Reise geht in Richtung Zubereitung auf Knopfdruck (Convenience), Nachhaltigkeit & Ethik sowie hohe Qualitäten.

Kategorie: Stories
Wobei im vergangenen Jahr Kaffee im LEH der Pandemie geschuldet insgesamt stark zugelegt hat: Ein Plus von 9,4% hat den Röstbohnenkaffee-Markt auf einen Umsatz von 364,8 Mio. € anwachsen lassen (Nielsen, LEH inkl. H/L, Wert, FY 2020 vs.2019). Der Blick aufs Detail zeigt aber: Vor allem Einzelportionen (+14%) und Ganze Bohne (+11,8%) konnten überproportional zulegen. Innerhalb der Einzelportionen haben sich, wie auch schon bisher, die „Nespresso“-kompatiblen Formate am stärksten entwickelt, Filterkaffee gemahlen und auch das separat ausgewiesene Segment löslicher Kaffee haben hingegen an Wert verloren. 
DIE TREIBER. Keine Frage: In Sachen Kaffee haben Hersteller und Handel in den letzten Monaten deutlich die Auswirkungen der Corona-Krise gespürt. Nicht nur was die Umsätze, sondern auch was die Kaffee-Vorlieben, Trends und Bedürfnisse der Verbraucher betrifft. Schließlich musste alles, was mit Kaffeegenuss verbunden wird, daheim abgehandelt werden und: Man hatte Zeit, sich über so manche Dinge (etwa Herkunft, Qualität und Nachhaltigkeit, aber auch die optimale Zubereitung) den Kopf zu zerbrechen. Gregor Peham, Country Manager Lavazza Österreich: „Der Kaffee-Genuss fand aufgrund der Situation vor allem in den eigenen vier Wänden statt. Das führte auch dazu, dass sich die Konsumenten intensiver mit Qualität und Nachhaltigkeit der Produkte befasst haben.“ Gefragt nach den drei stärksten Trends bei Kaffee, antwortet Peham – genauso wie übrigens alle anderen Hersteller auch, die wir um diese Einschätzung (mit Blick auf ihre Umsätze) gebeten haben: „Die drei wichtigsten Treiber sind Nachhaltigkeit, Qualität und Convenience“.


NACHHALTIGKEIT. Bei Lavazza werden aktuell dem nachhaltig und ethisch fair positionierten „Lavazza ¡Tierra!“ zwei Neuprodukte an die Seite gestellt und somit eine komplette „¡Tierra!“-Range eingeführt. Gregor Peham, Lavazza, berichtet: „Es zeigt sich, dass nachhaltige Angebote ein überdurchschnittliches Wachstum aufweisen, also stärker als der Markt wachsen konnten. Mit dem Ausbau von ‚¡Tierra!‘ gehen wir darauf ein und kommen dem Wunsch nach Transparenz und Nachhaltigkeit nach.“ Auch bei J.  Hornig berichtet man von einer starken Nachfrage in diese Richtung. Philipp Lackner, Head of Marketing: „Vor allem Nachhaltigkeit wird ein immer stärkeres Thema. Wir bemerken das v.a. am steigenden Absatz unseres ‚Caffè Crema Bio Fairtrade‘-Kaffees.“ 


DURCH UND DURCH. Bei Kaffee hat Nachhaltigkeit unterschiedliche Aspekte: Zum einen geht es um die Erzeugung in den Ursprungsländern – also insbesondere um Bio-Zertifizierungen und, sehr eng damit verbunden auch um die Frage nach fairen Arbeitsbedingungen. Kaffee wird schließlich zu einem Großteil von Kleinfarmern angebaut, deren Ressourcen und Kenntnisse hinsichtlich einer schonenden und effizienten Anbauweise oft begrenzt sind. Harald J. Mayer, langjähriger GF Tchibo Österreich: „Diese Situation führt zu sozialen, ökologischen als auch ökonomischen Herausforderungen in den Anbauländern. Dem gegenüber steht der steigende Rohkaffee-Bedarf. Es geht also darum, die Kleinfarmer dabei zu unterstützen, den Ertrag auf nachhaltige Weise zu steigern und sich damit eine gute Lebensgrundlage zu sichern.“ Genau deshalb kann hier Nachhaltigkeit nicht ohne Ethik gedacht werden. Mayer: „Die Einbindung der Kleinfarmer in den Transformationsprozess des Kaffeesektors ist deshalb eine wichtige Säule unseres strategischen Ansatzes.“ Diesem Ansatz schließen sich im Übrigen bereits alle relevanten Kaffee-Marken an, u.a. Nestlé im Rahmen des Grown Respectfully-Programms und einer Investition von 300 Mio. € in den letzten zehn Jahren. Nachhaltigkeit hat in dieser Kategorie bzw. im Segment Einzelportionen aber auch noch eine zweite Dimension, nämlich jene der Frage nach dem Material der Kapseln und dessen Entsorgung. Womit wir nahtlos zum nächsten Trend kommen: Zubereitung auf Knopfdruck bzw. Convenience.
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CONVENIENCE. Einzelportionen waren auch 2020 eindeutig im Aufwind. Den Vorteilen (Frische, Zubereitung auf Knopfdruck, Auswahl und auch Lifestyle) steht jedoch der Wunsch nach Müll-Vermeidung und Ressourcen-Schonung gegenüber. Hier haben sich mittlerweile zwei Wege etabliert, um das Dilemma zu lösen: Kompostierbare Kapseln oder Recycling-Systeme. So hat Nestlé für „Nespresso“ ein Recycling-System entwickelt, dem auch die im LEH erhältlichen „Starbucks by Nespresso“-Kapseln zugeführt werden können. JDE mit den Marken „L´Or“ und „Jacobs“ hat ebenfalls ein eigenes Sammelsystem und ebenso Tchibo für die „Cafissimo“-Kapseln. Andere gehen den Weg über die Kompostieranlage und lancieren Bio-Kunststoff-Kapseln, die nicht nur ohne mineralölbasierte Grundstoffe auskommen, sondern (so es die Infrastruktur dafür gibt) wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können. Dallmayr z.B. macht in Kürze sogar beides. Pietro Vignò, Leiter Export: „Mit ‚Capsa Organic‘ haben wir zuletzt Kapseln auf den Markt gebracht, die vollständig nach dem anerkannten Standard abbaubar sind. Darüber hinaus stellen wir in Kürze die bestehende Range auf recyclebares Aluminium um. Beide Varianten stellen eine Verbesserung im Sinne der Kreislaufwirtschaft dar – wir lassen den Verbrauchern die Wahl.“ Illy geht hier einen anderen Weg, der nicht neu ist, aber vielleicht – hinsichtlich Nachhaltigkeit – erneut an Relevanz gewinnt. Otmar Frauenholz, General Manager Illycaffè S.p.A. Niederlassung Österreich: „Neben der ganzen Bohne setzen wir auch auf das portionierte Segment mit unterschiedlichen Systemen. Insbesondere mit E.S.E.-Pads denken wir eine Lösung nach Österreich zu bringen, die dem Zeitgeist in puncto Nachhaltigkeit und Qualität entspricht.“ Erhältlich ist dazu auch eine neue Maschine, die nicht nur mit Pads, sondern auch mit gemahlenem Kaffee funktioniert und zudem wurde das Portfolio um die Variante „illy Classico Lungo“ erweitert. 


QUALITÄT. Letztendlich geht es den Verbrauchern vor allem um beste Qualität bei möglichst geringem Aufwand. Beides liefern Einzelportionen – das steht außer Frage. Aber auch das Segment Ganze Bohne erfreut sich regen Zuspruchs – und löst das Gewissens-Dilemma hinsichtlich Müll-Erzeugung. Gregor Peham: „Die Wachstumsraten von Einzelportionen haben unserer Meinung nach im Jahr 2020 ihren Höhepunkt erreicht. Wenn die Entwicklung der s.g. Kaffeemaschinenpenetration der letzten Jahre forciert wird, wird auch der Trend weiterhin stark in Richtung Kaffeevollautomaten gehen.“ Die Kaffeeröster setzen daher allesamt auch in Richtung Ganze Bohne starke Akzente. So zum Beispiel Julius Meinl mit der Neuheit „Just Roasted“ für den gehobenen LEH oder Dallmayr mit „Gran Verde“ und jährlich wechselnden Länder-Editions, JDE mit der Neueinführung „Jacobs Crema Gold“, Nestlé mit „Starbucks Blonde Espresso Roast“ und „Pike Place“. An spannenden, aromareichen und hoch qualitativen Kaffeesorten wird es für den anhaltenden Trend nach Qualität jedenfalls nicht mangeln.
Ergänzend: Hartwig Kirner, GF Fairtrade Österreich, über den Trend zu fair produziertem Kaffee.
Wie stellt sich der „faire“ Trend  in Zahlen dar?
Corona hat diesen Trend sogar noch verstärkt, höhere Umsätze im LEH haben den Beinahe-Wegfall der Gastronomie mehr als wettgemacht: Der Fairtrade-Rohkaffeeverbrauch stieg im 1. Quartal 2020 um 5%, der Marktanteil beträgt mittlerweile mehr als 8%.  

Geht fair ohne Fairtrade-Siegel?
Wir unterstützen jede Initiative, die für die Kaffeebauernfamilien im Ursprung eine Verbesserung bedeutet. Die Frage, die aber immer gestellt werden muss: Welche Kriterien stecken hinter einem Programm, und wie funktioniert die Kontrolle? Sollen Programme Positives bewirken, erfordert ihre Umsetzung viel Erfahrung und Beharrlichkeit. 

Warum sollten Unternehmen mit Fairtrade zusammenarbeiten? 
Konsumenten fordern im Kaffeebereich immer stärker Qualität, Rückverfolgbarkeit und faire Produktionsbedingungen. Fairtrade hilft, diese Anforderungen umzusetzen. Nicht zuletzt hilft die Zertifizierung der eigenen Lieferkette Unternehmen, sich bereits jetzt auf zukünftige geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen in diesem Bereich vorzubereiten.

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