Eine Frage der Haltung

© FooTToo/shutterstock

Dass hinter jedem Schluckerl Milch, das wir in unseren Kaffee geben, ein Lebewesen steht, das Bedürfnisse hat und gehegt und gepflegt werden will, ist vielen gar nicht mehr unmittelbar bewusst. Unterschiedliche Initiativen rücken jetzt das Wohlergehen der Tiere wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Kategorie: Stories

Das allgemein gestiegene Ernährungsbewusstsein hat dazu geführt, dass die Konsumenten die Herkunft ihrer Lebensmittel immer öfter kritisch hinterfragen. Und zwar nicht nur in geografischer Hinsicht, sondern auch was die Bedingungen, unter denen die Herstellung erfolgt, anbelangt. Bei Milchprodukten stehen somit automatisch die Kuh und ihre Haltung im Zentrum der Aufmerksamkeit. Grundsätzlich darf davon ausgegangen werden, dass selbstverständlich jeder Landwirt ein Interesse am Wohlergehen seiner Tiere hat, nicht nur aus emotionalen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen, denn natürlich ist etwa bei kranken Tieren auch die Milchqualität beeinträchtigt. Und gerade in der kleinstrukturierten Landwirtschaft, die für Österreich typisch ist, hat man als Bauer zu seinen Tieren naturgemäß eine ganz andere, sprich engere Beziehung als in industrialisierten Großbetrieben. Bei kleinen Beständen kennt der Bauer seine Tiere üblicherweise sehr genau und weiß, wann bei der Resi etwas nicht passt. Soweit so gut.

Pioniere.
Aber bekanntlich gibt´s ja fast immer noch Luft nach oben, so sicher auch in Sachen Tierwohl in Österreich. Und natürlich ist es für eine Marke ein sehr feines und in Zeiten wie diesen nicht unerhebliches Upgrade, wenn diese auch für überdurchschnittliche Bemühungen um das Wohlergehen der Kühe stehen darf. So ist das Stichwort „Tierwohl“ jetzt im Molkereibereich ein noch wichtigeres geworden als zuvor. Vorreiter war hier sicher die SalzburgMilch, die letztes Jahr als erste Molkerei eine einzigartige Tiergesundheitsinitiative etabliert hat. Diese beinhaltet u.a. regelmäßige Tiergesundheits-Checks, den Verzicht auf dauerhafte Anbindehaltung, wissenschaftliche Begleitung durch führende Experten, einen unabhängigen Tiergesundheitsbeirat, eine palmölfreie Fütterung sowie die Beschränkung auf ausschließlich aus Europa stammende Eiweißfuttermittel. Als erste Molkerei hat man damit Kriterien festgelegt, die weit über die gesetzlichen Tierschutzvorgaben hinausreichen und die für alle Milchsorten gelten.
Regional.
Ein weiteres ganz besonderes Konzept präsentierte die SalzburgMilch mit der Linie „Reine Lungau“. Die Milch für die Produkte dieser Range stammt von Kühen aus dem Biosphärenpark Lungau, die ausschließlich Futter bekommen, das direkt in der Region angebaut wird. Der dadurch verminderte Einsatz an Getreidefutter reduziert naturgemäß auch die Milchleistung der Kühe – was unter dem Motto Qualität vor Quantität durchaus beabsichtigt ist und den Bauern mit einem Premium-Milchpreis abgegolten wird.
"Der Konsument will wissen, wie mit den Tieren umgegangen wird." Karl Neuhofer, Obmann der ARGE Heumilch
Tierfreundlich.
Auch in der ARGE Heumilch steht heuer das Thema Tierwohl im Mittelpunkt: Im März fällt der Startschuss für die Kuhwohl-Initiative. Im Rahmen derer soll betont werden, welche tierfreundlichen Maßnahmen die Heumilchbauern tagtäglich für ihre Tiere durchführen. Was die Fütterung angeht, so erhalten Heumilchkühe im Sommer frische Gräser und Kräuter sowie Heu im Winter. Ergänzt wird dies durch mineralstoffreichen Getreideschrot aus Europa. Auch hier ist eine dauernde Anbindehaltung untersagt. Für mindestens 120 Tage im Jahr müssen die Tiere in Laufställen, im Auslauf oder auf der Weide sein – und zum Ausgleich im Stall über einen eigenen Liegeplatz verfügen, für entspanntes Wiederkäuen. Und dies wird natürlich auch kommuniziert. Denn, so Obmann Karl Neuhofer: „Der Konsument will wissen, wie mit den Tieren umgegangen wird. Die österreichische Heuwirtschaft als die ursprünglichste Form der Milcherzeugung erfüllt diesen Wunsch auf allen Ebenen.“
Geschult.
Dass das Thema verstärkt durch die bereits gestarteten Initiativen immer wichtiger wird, ist natürlich allen österreichischen Herstellern bewusst. Praktisch unisono wird betont, dass das Interesse am Tierwohl ernstgenommen wird. „Wir merken, dass dieses Thema unseren Konsumenten vermehrt ein Anliegen ist“, schildert etwa Josef Braunshofer, Generaldirektor der Berglandmilch und erläutert, was in dieser Hinsicht bereits alles getan wird: „Wir überprüfen das Tierwohl regelmäßig bei unseren Lieferantenkontrollen. Außerdem haben wir speziell geschulte Milcherzeugerberater, die gezielt zu diesem Thema informieren. Weiters bieten wir unseren Milchbauern spezielle Schulungen und Informationsveranstaltungen an.“ Den Konsumenten informiert man über diese Bemühungen z.B. direkt auf den Milchpackungen sowie auf der Firmenwebsite.
Gelebt.
Auch in der Pinzgaumilch wird betont, welchen hohen Stellenwert das Stichwort Tierwohl im Unternehmen hat: „Tierwohl wird in unserer Region seit Generationen gelebt. Die kleinstrukturierten Landwirtschaften unserer Bäuerinnen und Bauern sind Familienbetriebe mit durchschnittlich zwölf Kühen. Dort, wo noch jede Kuh einen Namen hat, stehen artgerechte Tierhaltung und die Gesundheit der Tiere im Vordergrund – das ist Tierwohl mit Tradition“, hält Pinzgau Milch Geschäftsführer Markus Buchmayr fest.
Qualität.
„Die Konsumenten haben erkannt, wie wichtig die Gesundheit der Tiere für ihr eigenes Wohl ist“, bestätigt auch Wolfgang Kavalar, Leitung Marketing/Verkauf beider Kärntnermilch und schildert, was für die Kärntnermilch-Kühe alles getan wird: „Längere Weidehaltung sowie ein Hofberater, der die Bauern bei Fütterung und Hygiene unterstützt, sorgen für das Tierwohl und die konstant hohe Produktqualität.“ Auf den engen Zusammenhang dieser beiden Faktoren weist man auch in der Markenkommunikation immer wieder hin. 
"Die Verbraucher erwarten moralisch unbedenkliche Produkte." Andreas Geisler, Geschäftsführer Käserebellen
Reduziert.
In der Käserei Schlierbach hat man sich rund ums Tierwohl ebenfalls schon viele Gedanken gemacht und ist etwa bemüht, die Kraftfuttermengen bezogen auf die Milchleistung zu reduzieren. Zudem ist bei allen Betrieben die Mitgliedschaft beim Tiergesundheitsdienst vorgeschrieben, wodurch garantiert ist, dass die Haltungsbedingungen laufend überprüft werden. Außerdem gilt eine Bestandsobergrenze von maximal 50 laktierenden Milchkühen pro Betrieb.
Ansprache.
„Die gesellschaftlichen Anforderungen sind gestiegen“, bestätigt auch Andreas Geisler, Geschäftsführer der Käserebellen. „Die Verbraucher erwarten heute neben wohlschmeckenden Lebensmitteln verstärkt gesunde und moralisch unbedenkliche Produkte, bei denen u.a. das Wohl der Milchkühe von Bedeutung ist.“ Und natürlich ist man auch hier bemüht, eben dieses Wohlergehen zu sichern, etwa durch Kombinationshaltung mit ausreichend Bewegung. Aber auch durch persönliche Ansprache: Alle Tiere bekommen hier einen Namen.
Mehrwert.
Unter dem Motto „Tu Gutes und rede darüber“ ist jedes Bemühen um mehr Tierwohl und die zugehörige Kommunikation zu begrüßen – auch um den Wert heimischer Milchprodukte insgesamt zu steigern, denn eine gute Mensch-Tier-Beziehung, wie sie nur in den ganz besonderen Strukturen unserer Landwirtschaften möglich ist, verleiht den Produkten einen Mehrwert, der andernorts nicht einfach kopiert werden kann. Und der dem Konsumenten beim Griff zu entsprechenden Produkten das gute Gefühl gibt, sich richtig entschieden zu haben.
Ergänzend.
Kühe sind Herdentiere und fühlen sich wohl, wenn sie mit mehreren Artgenossen zusammenleben können. Sie brauchen viel Zeit zum Ruhen und Wiederkäuen (12 bis 14 Stunden pro Tag), ausreichend Nahrung und Wasser und genügend Bewegung. Auch ein gutes Stallklima mit viel Platz und Frischluft trägt zum Wohlbefinden von Kühen bei.
neuhofer