Wobei man natürlich sofort festhalten muss: Insgesamt scheint sich der Markt hinsichtlich Menge und Wert auf ein sehr gutes Niveau einzupendeln. Nach den coronabedingten Ausreißern der letzten Jahre und in Anbetracht der Teuerung war eine rückläufige Entwicklung schließlich sehr erwartbar – der mengenmäßige Rückgang um 4,7% bei einem, aufgrund der Preiserhöhungen, um 2,5% höheren Umsatz im ersten Halbjahr 2023 (Nielsen, Schaumwein total vs. Vorjahresperiode) verwundert die Branche also nicht wirklich. Wobei es sie dennoch hart trifft. Denn auch die Hersteller haben mit gestiegenen Kosten und Unsicherheiten zu kämpfen. Philipp Gattermayer, GF Henkell Freixenet, erzählt etwa: „Österreich ist im internationalen Vergleich einer der größten, vielfältigsten, aber auch preissensibelsten Sektmärkte. Umgekehrt sind wir mit einem klimabedingt zunehmend volatilen Weinmarkt sowie steigenden Rohstoff-, Energie- und Logistikpreisen konfrontiert.“ Hier, wie auch in anderen Sekthäusern, werden daher alle Einsparungs-Möglichkeiten ausgelotet, um dem von beiden Seiten her steigenden Preisdruck optimal zu begegnen. Gattermayer merkt zudem an: „Eine weitere Herausforderung ist, dass durch die notwendigen Preiserhöhungen Schwellenpreise, an die sich die Konsument:innen über Jahrzehnte gewöhnt haben, überschritten werden – damit sinkt die Kaufbereitschaft.“ Am deutlichsten trifft das natürlich höherpreisige Angebote im Handel. Allen voran etwa Champagner, bei dem der Absatzrückgang sogar 13% beträgt. Während die Kategorie Sekt (sie umfasst neben deutschem und österreichischem Sekt auch Prosecco Spumante, Cava etc.) mit -4,5% im Absatz und +4,3% im Umsatz vergleichsweise gut wegkommt.
Rosig und trocken.
Abgesehen von der breiten Vorliebe für (möglichst) nicht zu teure Bubbles, zeichnet den heimischen Schaumweinmarkt weiterhin die anhaltende Liebe zu Rosé-Varianten aus. Benedikt Zacherl, Vorstandsvorsitzender Schlumberger AG: „Das Segment Rosé wächst auch im letzten Halbjahr um 5,5% und hat damit mittlerweile einen Anteil von 26,7% am Sektmarkt. Das heißt: Mehr als jede vierte Flasche ist Rosé-Sekt.“ Die Gründe dafür dürften mehrere sein. Zum einen macht sich die liebliche und fröhliche Farbe einfach gut im Glas und verkörpert noch einmal mehr Lebensfreude und Leichtigkeit. „Zum anderen“, so Zacherl, „wurde Rosé aber auch von den Herstellern mit vielen Aktivitäten gepusht – das zeigt sich jetzt im Ergebnis.“ Schlumberger etwa hat auch dieses Jahr wieder den Sparkling Spring ausgerufen, der mit einer floralen „Schlumberger“-Sonder-Edition im Handel und Aktivitäten in der Gastronomie Stimmung machte. Ebenfalls nicht neu, aber immer stärker ist die Nachfrage nach Schaumweinen mit niedrigeren Dosagen. Zacherl: „Das Segment Brut ist ebenfalls ein weiterer starker Trend. 17,4% des Marktes entfallen mittlerweile darauf, und die Tendenz ist steigend.“
International.
Typisch für die Schaumweinregale im österreichischen LEH ist die internationale Vielfalt des Sortiments. Etwa 25% (lt. Branchen-Einschätzung) des Sektmarktes sind österreichischer Herkunft bzw. von österreichischen Herstellern, der überwiegende Großteil stammt damit u.a. aus Deutschland (Sekt), Italien (Prosecco) und Spanien (Cava). Henkell Freixenet vereint alle diese Sekt-Nationen mit Marken wie „Henkell“ und „Kupferberg“, „Mionetto“ sowie „Freixenet“ unter seinem Dach und kann mit 35,4% Marktanteil die Marktführerschaft auch zuletzt halten. Philipp Gattermayer führt in Österreich die Geschäfte von Henkell Freixenet und hat in dieser Position natürlich auch die Entwicklung der internationalen Märkte im Blick: „Die Zeiten sind und bleiben herausfordernd. Einerseits geht die Konsumnachfrage deutlich nach unten und andererseits sehen wir, dass beispielsweise Cava das erste offensichtliche Opfer der Klimakrise ist. Durch die massive Trockenheit und die hohen Temperaturen rechnen wir mit Ernteeinbußen von bis zu 40%.“ Umso erfreulicher ist hingegen die Entwicklung im italienischen Spumante-Bereich. Gattermayer: „Alle Herstellermarken haben an Marktanteilen verloren. Umso erfreulicher ist unser Ergebnis mit ‚Mionetto Prosecco‘ im Segment Prosecco Spumante. Die Marke konnte sich in einem rückläufigen Markt sowohl im Absatz als auch im Umsatz behaupten.“ Und auch das Piccolo-Segment gibt Anlass zur Freude: „Henkell“-Sekt führt zum wiederholten Mal das Ranking der Kleinformate mit 45,3% Marktanteil an. Gattermayer: „Zusammen mit ‚Kupferberg‘ stammt damit jede zweite Piccolo-Flasche aus dem Hause Henkell Freixenet“.
Österreich.
Der wichtigste Player unter den Österreichern ist die Sektkellerei Schlumberger mit den Marken „Schlumberger“, „Hochriegl“ und „Goldeck“. Erfolge vermeldet man insbesondere im Segment Rosé, bei dem die Absätze um 22% und die Umsätze um 27,5% in die Höhe geklettert sind. Ebenso erfreut ist man über die alkoholfreien Angebote und die neue Ready to Drink-Range unter der Marke „Hochriegl“. Trotz der angespannten Marktsituation will man jetzt mit Elan in die wichtigen letzten Monate starten. Benedikt Zacherl, Vorstandsvorsitzender: „Das Thema der Inflation mildert sich langsam etwas ab. Nun, vor der Hauptsaison, geht es darum, Präsenz zu zeigen. Attraktive Geschenkpackungen, Platzierungen und Promotions sollen die Konsument:innen überzeugen.“ Außerdem setzt man den Fokus noch einmal stark auf die Themen Herkunft, heimische Wertschöpfung und Regionalität. Eine Strategie, die auch die Sektkellerei Szigeti verfolgt. Peter Szigeti: „Wir sehen zwei große Herausforderungen, denen wir uns gerne stellen. Zum einen soll das Bewusstsein gestärkt werden, dass Schaumweine außergewöhnliche Produkte sind und Sekt, der den höchsten Qualitätskriterien entspricht, auch etwas kosten soll und darf. Zum zweiten wollen wir den Fokus auf heimischen Sekt richten. Wir haben eine unglaubliche Vielfalt und heben uns in der Qualität deutlich von beliebigen ausländischen Secco-Marken ab.“ Bei Kattus geht man mit einem frischen Look und viel Schwung in die Hauptsaison. Johannes Kattus: „Im Juni haben wir einen komplett neuen Markenauftritt und ein neues Produktportfolio präsentiert. ‚UpGrape‘ präzisiert unsere künftige Ausrichtung, bei der die Handwerkskunst und der Veredelungsprozess noch mehr in den Fokus rücken. Die Resonanz am Markt ist sehr positiv.“
Prosit.
Der Start in die Hauptsaison gestaltet sich also gerade ziemlich spannend. Wobei weniger die Frage, welche Nation das Rennen macht, entscheidend ist, sondern eher die Frage, was den Verbraucher:innen Schaumwein generell wert ist. Und hier hat die Branche insgesamt in den letzten Jahren viel in Wissensvermittlung, Ausweitung der Anlässe, Image und Begehrlichkeit investiert – die Chancen, dass die Verbraucher:innen also auch heuer mehrfach die Korken knallen lassen, stehen nicht schlecht.
