Fair-Kaufen

Die Corona-Krise trifft viele Kaffee-Röster aufgrund der Umsatzrückgänge aus der Gastronomie stark. Dass die Pandemie aber auch die Situation der Kaffeebauern in den Ursprungsländern weiter verschärft, wird leicht vergessen. Wir haben mit Hartwig Kirner, GF von Fairtrade Österreich gesprochen.

Kategorie: Stories
PRODUKT: Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Bauern in den Ursprungsländern?
Kirner: In erster Linie sind da zunächst die gesundheitlichen Aspekte der Pandemie. Wobei die Gesundheitssysteme meist nicht mit jenen in Österreich vergleichbar sind. Gleichzeitig sind die Menschen in den Ursprungsländern von der Krise wirtschaftlich betroffen: Die einbrechenden lokalen Märkte können nicht durch privatwirtschaftliche oder staatliche Rücklagen kompensiert werden. Abhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie werden auch zukünftige Rohstoffernten und der Handel beispielsweise von Kaffee, Kakao oder Bananen weiter beeinflusst.

PRODUKT: Wie hat sich Fairtrade-Kaffee zuletzt entwickelt?
Kirner: Die Coronakrise hat durch den Lockdown zunächst vor allem die Gastronomie und den gesamten Außer-Haus-Markt betroffen. Dieser ist wiederum für fast ein Drittel des Fairtrade-Kaffee-Konsums in Österreich verantwortlich. Dementsprechend skeptisch haben wir auf die ersten Kaffee-Zahlen „post-Corona“ sozusagen gewartet. Aber diese sind trotz Krise sehr erfreulich: Der Fairtrade-Rohkaffeeverbrauch stieg im ersten Halbjahr 2020 um 5% an.

PRODUKT: Welche Themen werden in den Ursprungsländern durch die Krise eventuell beschleunigt?
Kirner: Beschleunigt nicht unbedingt – eher verdeckt: Die Corona-Krise ist derzeit sicher zurecht global im Fokus, viele (auch finanzielle) Ressourcen fließen in die Bekämpfung der Pandemie. Die Gefahr, die wir sehen, ist jedoch, dass das zentrale Thema der Zukunft – die Klimakrise – dadurch etwas ins Hintertreffen gerät. Denn wenn wir mit Kaffeebauernfamilien sprechen, so dreht sich das Gespräch eigentlich immer um die konkreten und massiv existenzbedrohenden Auswirkungen der Klimaveränderung: Gerade die Kaffeepflanze ist äußerst sensibel gegenüber sich ändernden Witterungsbedingungen. Kommt es etwa zu längeren Trockenperioden, heißerem Klima usw., so hat das direkte Auswirkungen auf den Ernteertrag. Das heißt: Gerade jene Menschen, die am wenigsten von den globalen Lieferketten profitieren, die Rohstoffproduzenten, sind von der Klimakrise am stärksten bedroht. 

PRODUKT: Wie sehen Sie die Entwicklung des Angebots von Fairtrade-Kaffee im LEH? Sind Sie zufrieden oder geht da noch was?
Kirner: Kaffee war das erste Produkt, das Fairtrade im Jahr 1993 in Österreich auf den Markt bringen konnte. Beim Kaffee konnten wir in diesem Zeitraum einen Marktanteil von knapp 8% erreichen. 4.621 Tonnen Rohkaffee wurden in Österreich allein im Jahr 2019 verbraucht – 18,4 Mio. USD flossen dadurch aus Österreich direkt an die Kaffee-Produzentenorganisationen. Gleichzeitig können wir uns damit noch nicht zufriedengeben und müssen uns die Frage stellen, warum die restlichen 92% des Marktes noch nicht auf fairen Kaffee setzen. Daran arbeiten wir und setzen auf die Unterstützung des Handels und zukünftig hoffentlich auch noch stärker auf die Markenartikel-Unternehmen. Das ist ein Wunsch, den ich für die Zukunft äußern möchte.

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Nachgefragt
In Sachen Kaffee darf sich auch EZA Fairer Handel über ein gutes Ergebnis freuen: Ein Plus von 5,6% zeigt, dass fair gehandelter Kaffee auch in der Krise gefragt war. Die kommenden Monate, in denen nicht klar ist, wie sich die Situation weiterentwickelt, bringen aber auch zahlreiche Herausforderungen mit sich. Andrea Reitinger, Pressesprecherin: „Es wird herausfordernd bleiben. In vielen Ländern Mittelamerikas beginnt die Erntezeit. Die Kooperativen hoffen, dass sie ihre reifen Kirschen in vollem Umfang ernten, weiterverarbeiten und exportieren können. Wichtig bleibt, dass sie auf verlässliche Partner setzen können, die bereit sind, für die Arbeit, die sie leisten, angemessen zu bezahlen.
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