PRODUKT: Was sind denn die wichtigsten Kriterien der Shopper für die Auswahl eines Supermarkts?
Spaan: Das hängt natürlich von unterschiedlichen Faktoren ab. Derzeit dürfte angesichts der angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundsätzlich der Preis wieder stärker in den Vordergrund rücken. Nähe spielt bei Versorgungskäufen immer eine wichtige Rolle, während der Corona-Pandemie stand vor allem das Thema Sortiment im Vordergrund, da Verbraucher:innen die Anzahl der Einkaufstrips stark reduziert hatten. Ein Trend der letzten Jahre ist zudem die Regionalität der Sortimente, auch das Thema nachhaltige Produkte gewinnt weiter an Bedeutung. Die Bedeutung der „Sympathie“ lässt sich zumindest im deutschen Markt unter anderem daran festmachen, dass viele selbstständige Kaufleute starken Wert darauf legen, den eigenen Familiennamen im Store-Branding mitzuführen.
PRODUKT: Bleiben wir beim Punkt Sympathie – die Supermärkte unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Kernzielgruppe – stimmt das? Geben Sie uns gerne ein Beispiel.
Spaan: Kleine Innenstadtsupermärkte haben beispielsweise sicher eine andere Kernzielgruppe als ein großer Supermarkt auf der grünen Wiese. Aber auch das ethnische Umfeld von Supermärkten kann einen starken Einfluss auf die Sortiments- und Angebotsstruktur eines Supermarkts haben. Abhängig von der Kernzielgruppe variieren dann natürlich auch die „Sympathiefaktoren“. In einem Supermarkt auf dem Land spielt die „Persönlichkeit“ der Angestellten eine größere Rolle als in einem Geschäft an einer Hochfrequenzlage mit viel Laufpublikum.
PRODUKT: Was sind die typischen Touch Points, die hier relevant sind?
Spaan: Der Eingangsbereich ist und bleibt das „Aushängeschild“ eines Supermarkts, hier kann viel Sympathie verspielt werden, wenn der Bereich optisch nicht ansprechend, unaufgeräumt oder schlecht sortiert wirkt. Im Bereich Checkout hat sich durch die zunehmende Digitalisierung des Bezahlvorgangs eine deutliche Verschiebung in Richtung „Convenience-Orientierung“ ergeben. Viele Supermärkte setzen auf eine Kombination aus traditioneller Kasse und Self-Checkout bzw. Self-Scanning und Scan&Go-Lösungen. An manchen Standorten werden sich auch „autonome“ Store-Konzepte durchsetzen, bei denen weitestgehend auf den „klassischen“ Checkout verzichtet wird. An den Bedientheken stellen wir fest, dass das Servicepersonal immer stärker von der digitalen Kommunikation über Screens unterstützt wird, bei denen z.B. wechselnde Angebote angezeigt werden können. Vor allem im Bereich der Handelsgastronomie sind diese nicht mehr wegzudenken.
PRODUKT: Und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Personal?
Spaan: Je nach Standort und Zielgruppe ist die Bedeutung des Personals sicher als unterschiedlich zu bewerten. Bei stark serviceorientierten Supermarkt-Konzepten sind Qualifikation und Kundenorientierung natürlich essenziell. Die Kleidung kann durchaus unterstützen, besonders wenn der Supermarkt sehr individuell gebrandet ist, etwa durch den Familiennamen der Eigentümer. Die Bedeutung der Sauberkeit ist dabei selbstverständlich.
PRODUKT: Inwieweit ist das Shop Design relevant für die „Persönlichkeit“ eines Supermarktes bzw. für die Konsument:innen bei der Auswahl des Geschäfts?
Spaan: In allen Supermarktkonzepten spielt das Shop Design eine entscheidende Rolle, um das Einkaufsambiente möglichst attraktiv zu gestalten. Insbesondere der Beleuchtung kommt im LEH traditionell eine sehr wichtige Rolle zu, besonders im Frischebereich. Auch andere gestalterische Elemente wie (natürliche) Materialien bei der Fußboden- und Wandgestaltung, Design der Regale etc. bieten viel Spielraum für die Kreierung von Einkaufserlebnissen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Beschriftung, die einerseits der Orientierung der Kund:innen im Markt dient, andererseits aber auch ein homogener Teil des gesamten Store Designs sein sollte.
PRODUKT: Rabattmarkerl vs. Kundenkarte – ist auch das ein Punkt, der zur Differenzierung beiträgt?
Spaan: Als Kundenbindungsinstrument ist eine Kundenkarte (entweder unternehmensindividuell oder als Teil eines übergreifenden Loyalty-Systems) auch im LEH mehr als je zuvor ein wichtiger Bestandteil des Marketing-Mixes. Es geht ja im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend darum, die einzelnen Kund:innen besser zu identifizieren und zu kennen, um individualisierte Angebote und Services bereitstellen zu können. Selbst im Discountbereich sind (digitale) Loyalty-Programme stark auf dem Vormarsch.
PRODUKT: Zum Abschluss ganz persönlich: Wenn Sie an Ihr eigenes Einkaufsverhalten denken, stimmt das mit dem Gesagten überein? Womit hat Sie Ihr Stamm-Supermarkt (abgesehen von Nähe, Preis und Sortiment) überzeugt?
Spaan: Kein Supermarkt ist perfekt, und ein gutes Konzept lebt ja auch davon, sich beständig weiterzuentwickeln und an Konsumgewohnheiten anzupassen. In meinem persönlichen Umfeld gibt es noch recht viel Luft nach oben, in anderen Gegenden habe ich aber schon in vielen Läden einkaufen dürfen, die meinen persönlichen Geschmack ziemlich genau getroffen haben.
PRODUKT: Herzlichen Dank für das Gespräch!