



Eigentlich war alles Zufall: Gerhard Drexel, der Besitzer vom Spar, war kurz nach der Eröffnung bei uns im Neni essen. Er war beeindruckt, wie gut und cremig Hummus schmecken kann – und so hat er einen der Chefeinkäufer, den Max Hollensteiner, damit beauftragt, uns zu kontaktieren. Bei der Präsentation in unserem Restaurant habe ich verschiedene Hummus-Varianten aufgetischt. Und so kam es, dass wir anfangs für eine Filiale, das war die Babenberger Passage, 30 Stück Hummus produzieren sollten. Abends, nachdem wir das Restaurant zugesperrt haben, haben wir uns als Familie hingesetzt, den Hummus abgewogen, in Becher gefüllt und mit einem Etikett beklebt. Und die 30 Becher waren sofort ausverkauft. In der nächsten Woche wollte Spar schon 300 Becher! Also haben wir Freunde eingeladen; zu zwanzigst saßen wir um 12 in der Nacht im Restaurant – und in der Früh haben wir die Ladung mit dem Auto zum Spar gebracht.
Nein. (lacht) Der Spar hat sehr gut erkannt: Hier gibt’s Potential. Denn was uns ausmacht, ist, dass es nicht „nur“ ein Produkt ist. Es ist eine Familie, eine Geschichte, es gibt einen Bezug zu einem Restaurant. Das ist eine Art Geschmacksqualitätssiegel, denn man weiß: Die Molchos werden jetzt nicht irgendwo was Billiges produzieren und dann ihren Namen draufgeben. Und dann machte uns der Spar-Einkäufer darauf aufmerksam, dass es eine Produktion im 22.Bezirk gibt, die Aufstriche und Saucen für Nordsee produziert, alles vegetarisch. Die Konsistenz von den Produkten war der von unserem Hummus sehr ähnlich. Nachdem die Aufstriche nur bis 15 Uhr produziert wurden, mieteten wir ab Nachmittag diese Produktion, um mehr Hummus herstellen zu können. Dafür haben wir uns einen Produktionsleiter gesucht – denn wir wussten, wie wir den Spirit verpacken, wie wir den Geschmack machen, aber wie man tausende Becher maschinell herstellt – und dazu noch den Hygienestandard berücksichtigt, den der Supermarkt auch erwartet – das kannst du nicht einfach in einer Woche lernen.
Es ist sicher auch schwierig, den „Spirit“ und den Handmade-Charakter der Produkte beizubehalten, wenn maschinell erzeugt wird?
Ich muss sagen, da hatten wir extremes Glück. Wir hatten damals den Bernhard Balzer als Koch im Neni. Der kommt eigentlich von der Nouvelle Cuisine, war beim Fabios Koch und beim Toni Mörwald – und dann kam er ins Neni, weil er mal was ganz Anderes lernen wollte. Als er sah, dass wir die Hummus-Produktion planen, hat er gesagt: „Ich hab mit euch schon ein paar Jahre gearbeitet, ich verstehe die Neni-Küche, ich verstehe aber auch wie man für Supermärkte Sachen machen muss – ich würde euch gerne helfen, die Rezepte zu entwickeln.“ Mein Bruder Ilan, der ein sehr systematischer Denker ist, hat sich damals auch für die Produktion interessiert, er kümmert sich seither um die Führung der Produktion und ist jetzt auch der Geschäftsführer der gesamten Firma; meine Mutter Haya konzentriert sich auf die Rezepte, und in meiner Verantwortung liegen Verpackung und das Marketing. Nach einem Jahr hat die Nordsee in der Produktionshalle aufgehört und wir haben sie den ganzen Tag übernommen. Mittlerweile beliefern wir 1.500 Filialen in ganz Österreich, 600 in Deutschland und einige in der Schweiz – und wir haben ein Sortiment von über 30 Produkten. Deshalb müssen wir schon Doppelschichten in der Produktion machen, um die Mengen zu schaffen. Jetzt haben wir 6.000 m2 grüne Fläche in Gumpoldskirchen gekauft und bauen dort eine eigene Produktion.
Was sind die großen Herausforderungen, wenn man über den LEH Produkte verkauft?
Eine große Herausforderung ist Qualität vs. Preis. Jeder will billig einkaufen, aber jeder will gleichzeitig auch Bio und die beste Ware haben. Das ist schwierig! Kichererbsen z.B., das ist wie eine Börse. Wir können nicht für ein ganzes Jahr im Voraus Kichererbsen kaufen. Und wenn aber irgendwo die Ernte ausfällt und somit zu wenig Kichererbsen am Markt sind, verdoppelt sich der Preis! Aber unser Verkaufspreis bei Spar muss immer gleich bleiben. Wir können den Leuten nicht sagen, der Hummus kostet morgen 50 Cent mehr, weil die Kichererbsen-Preise gestiegen sind. Das ist dem Kunden am Ende des Tages egal. Er will immer 2,99 € für den Hummus zahlen. Und wenn wir´s nicht schaffen gut einzukaufen, kann es passieren, dass wir einen Monat lang mal ein Minus machen. Ein gutes Einkaufsteam ist unerlässlich.
Wie kann man eine Gastro-Marke in den LEH übertragen?
Man muss überlegen: Wofür steht meine Marke? Bei uns im Neni ist es einfach der Geschmack. Es muss schmecken wie zuhause – es geht um den „handgemachten Home Cooking Charakter“. Wir könnten natürlich unseren Hummus mit Chemikalien 60 Tage haltbar machen, um ihn weltweit verkaufen zu können. Aber das wäre nicht Neni. Viele Hummus-Produzenten verwenden statt Olivenöl Rapsöl, oder statt reinem Tahina einen schlechteren, der bitter schmeckt. Oder die Kichererbsen werden mit Wasser vermischt oder mit Majonnaise, um es cremig zu machen. Auch das machen wir nicht. Wir sagen: Lieber verkaufen wir weniger in weniger Ländern, aber dafür ist die Qualität immer gewährleistet.
Wie ist die Zusammenarbeit mit Spar?
Der Supermarkt wird immer sagen: Mach mehr. Aber wir sagen oft: „Nein, momentan schaffen wir nicht mehr.“ Oder: „Nein, dieses Produkt soll genauso schmecken, wir wollen z.B. kein Hühnerfleisch dazugeben, weil es sich dann besser verkaufen würde – wir glauben es ist so richtig, wie es ist.“ Natürlich muss man aber auch auf die Einkäufer in den Supermärkten hören. Sie kennen den Markt sehr gut. Oft ist es ein Geben und Nehmen. Sie sagen uns z.B. „Wir suchen einen Salat mit Bulgur, weil Bulgur gerade so ein Trend-Getreide ist.“ Da lassen wir uns auch inspirieren von den Einkäufern. Aber diese Balance zu finden zwischen: wofür stehe ich und was verkauft sich gut – das ist komplex.
Gab es Auswirkungen auf die Restaurants nach dem LEH-Eintritt?
Schwer zu sagen, weil wir immer sehr viel zur selben Zeit machen. Als wir im LEH angefangen haben, haben wir auch mehr Kochbücher geschrieben, mehr Fernsehauftritte gehabt. Auch mehr Lokale aufgesperrt, es ist alles in jede Richtung gewachsen. Aber alles befruchtet sich. Ich glaube, die Supermarkt-Produkte würden nicht so gut gehen, wenn wir nicht die Restaurants hätten. Ein super Beispiel ist: Wir wollten am Anfang natürlich nach Deutschland. Also haben wir bei Rewe und Edeka angefragt. Und die haben gesagt: „Nein, interessiert uns nicht.“ Dann haben wir ein Restaurant in Hamburg aufgesperrt, in Berlin, in München, in Köln. Alle Zeitungen waren voll mit Neni. Und da kam auf einmal ein Anruf von den Rewe- und Edeka-Einkäufern, eine Einladung zu einem Gespräch: „Wir würden uns geehrt fühlen, eure Produkte zu führen“, hieß es plötzlich. Und das Ganze hat sich umgedreht. Vielleicht wären wir auch ohne Restaurants reingekommen, aber ich weiß nicht für wie lange und zu welchen Konditionen. Und durch die Restaurants haben wir dann diese Brücke schlagen können. Das eine hilft dem anderen. Und es ist auf jeden Fall wichtig, verschiedene Standbeine zu haben.
Was macht Gastromarken so besonders?
Das Feeling. Natürlich ist es wichtig, was du in einem Restaurant zu essen bekommst, aber genauso wichtig ist das Erlebnis, das du dort hast. All diese emotionalen Dinge, die du mit einem Lokal verbindest, kannst du, wenn du das Produkt im Supermarkt kaufen kannst, auch zuhause haben. Darum heißt es auch „Neni am Tisch“ – weil du „Neni“ zu dir nachhause bringst.
