Hype oder bleibt?

Friedrich Büse (Amidori), Ralph Langholz (Micarna), Moderator Wolfgang Moderegger (Builtworld) und Fabio Ziemssen (Balpro) (v.l.h.) versuchten eine Standortbestimmung von alternativen Proteinprodukten.

Diese Frage stellten sich kluge Branchenköpfe im Rahmen einer Web-Diskussion zum Thema alternative Fleischprodukte. Versucht wurde eine Standortbestimmung wie auch ein Ausblick.

Kategorie: Stories
Die Iffa, Weltleitmesse der Fleischbranche in Frankfurt, benannte sich heuer um in „Iffa – Technology for meat and alternative proteins“. Denn das Ausstellungsangebot wird ab der nächsten Veranstaltung (14.-19.5.2022) um das Thema Fleischersatzprodukte erweitert und umfasst neben dem bisherigen Portfolio auch die Herstellung und Verarbeitung von pflanzenbasierten Produkten sowie von Laborfleisch. „Die Fleischbranche hat die Iffa dazu gedrängt, diesem Kapitel verstärkt eine Plattform zu bieten“, schildert Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter der Iffa (Messe Frankfurt), die Hintergründe. Er ist einer der Gäste einer Online-Diskussion von Builtworld, einem Anbieter für Web-Events. Der Frage im Veranstaltungstitel – „Fleisch­ersatz Produktion: langfristige Dynamik oder Hype?“ – gingen Friedrich Büse (Gründer Fa. Amidori), Ralph Langholz (Leiter alternat. Proteinquellen bei Micarna) und Fabio Ziemssen, CEO des deutschen Verbands für alternative Proteinquellen (Balpro) auf den Grund. Die Moderation übernahm Wolfgang Moderegger (GF Builtworld).
Prognosen.
Für die Fleischbranche war es mitunter harter Tobak, der hier auf den Tisch gebracht wurde. Denn die Prognosen der globalen Marktentwicklung für Fleischalternativen zeigen steil nach oben, bis 2025 soll sich der weltweite Umsatz hier auf über 12 Milliarden US-Dollar (Iffa/ Arizton Plant-based Meat Market, Global Outlook and Forecast 2020-2025, Sept. 2020) belaufen. Dies entspricht einem jährlichen Umsatzwachstum von 18%. Ein Kurs, von dem die Fleischbranche nur träumen kann, wenn auch die Ausgangsbasis natürlich eine ganz andere ist. Der globale Umsatz mit verarbeitetem Fleisch soll sich 2025 bei ca. 319 Mrd. US-Dollar (Iffa / Statista, Consumer Market Outlook, 2020) bewegen, was ein jährliches Wachstum von 0,2% bedeutet. „Fleisch wird bleiben, aber es gibt eine interessante Wegführung hin zu alternativen Proteinquellen“, interpretiert Langholz.
Nische.
Auch wenn es sich aktuell noch um ein Nischensegment handelt, die Zeit des Hypes im Sinne eines kurzfristigen Hochs ist vorbei, darin sind sich die Experten einig. Dafür sprechen nicht nur die beeindruckenden Zahlen, sondern auch die Art, wie sich Konsumenten mit den Alternativprodukten auseinandersetzen, ist Fabio Ziemssen überzeugt: „Es wird zum Lifestyle, die Menschen identifizieren sich damit.“ Zudem wird der Trend rund um dieses Segment von der Nachhaltigkeitsdebatte angetrieben. „Das ist bereits an sich ein dynamisches Thema, das dem Markt der Alternativprodukte zusätzlichen Schwung verleiht. Wir müssen daher aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verlieren“, gibt Ziemssen zu bedenken.
Drittes Segment.
In fünf bis zehn Jahren, ist hingegen Büse überzeugt, werden Produkte aus alternativen Proteinquellen ein reguläres, drittes Segment neben den Kategorien Mopro und Frische darstellen: „Zwar vorerst noch auf kleinem Niveau, aber fix etabliert“, so Büse. Dafür sprechen zum einen die hohen Investitionssummen, die etablierte Unternehmen in die Weiterentwicklung stecken. Aber auch der Handel hat diese Produkte als Möglichkeit zur Umsatzgenerierung entdeckt. Dazu kommt ein massiver Werbedruck. „Ich glaube, dass viele diese Dynamik unterschätzen“, sagt Büse. Für Unternehmen im Fleischbereich stellt sich die Frage, wie mit dieser Dynamik nun umzugehen ist. „Die Fleischbranche wird einen Prozess durchmachen, der schmerzhaft sein wird – und er ist es zum Teil auch schon“, schildert Büse. Hier sei es ratsam, bereits im Vorfeld Synergien einzugehen.