Keine Krise für Marken

Günter Thumser, GF des Markenartikelverbands

Der Lebensmitteleinzelhandel ist in den letzten Wochen zu einer der zentralen Lebensadern des Landes geworden. Das zeigt aber auch ganz besonders deutlich, wie wichtig die Markenartikelbranche und somit die Marken sind. Ohne sie wäre in den letzten Wochen nicht alles so glatt verlaufen.

Kategorie: Stories

Noch nie war der Lebensmittelhandel so im Fokus von Medien und Verbrauchern: Alle Menschen in diesem Land haben Hamster- und Eindeckungskäufe zu Beginn der Krise mit teilweise leeren Regalen erlebt. Und für alle war der Lebensmitteleinkauf eine Zeit lang eine der wenigen Möglichkeiten das Haus zu verlassen. Wir alle haben erlebt, wie das Bundesheer beim Einschlichten der Regale half, wie der Handel Masken verteilte und die Mitarbeiter in den Filialen als Helden gefeiert wurden. Was hinter den Kulissen – eigentlich hinter den Regalen – stattfand, war allerdings weniger sichtbar, als es hätte sein können. Günter Thumser, GF des Markenartikelverbandes: „Prinzipiell sollten wir einmal festhalten, dass nur jenes vom Handel verkauft werden kann, was die Industrie und die Landwirtschaft zuvor auch erzeugt haben.“ In der Industrie und der Landwirtschaft liefen in dieser Zeit natürlich Menschen und Maschinen auf Hochtouren. 

Wahrgenommen.
Die Österreicher machten sich darauf gefasst, längere Zeit – mit allen Haushaltsteilnehmern – daheimzubleiben, und zwar ohne gastronomische Unterstützung und mit dem Auftrag besonders auf Hygiene zu achten. Die Ausnahmesituation, die die Hersteller zu bewältigen hatten, lässt sich an folgenden Umsatzzuwächsen (Nielsen, LEH exkl. H/L, Wert, KW11/20 vs. Vorjahresperiode) förmlich ablesen: Handhygiene +670%, Seife flüssig & fest + 472,4%, Hygienereiniger +471,5%, Fertiggerichte total +417,3%, Mehl +377,1%, Teigwaren +358,4%, Toilettenpapiere +292,7%, Gemüsekonserven +275,6% und TK +103,7%. Was man in den Medien und auch als Konsument sah, waren stellenweise leere Regale und Unternehmenssprecher des Handels, die ihr bestes gaben, zu versichern, dass sie diese bald wieder auffüllen würden. Günter Thumser, GF MAV: „Gerade in den ersten Corona-Wochen ist wenig darüber berichtet worden, wie es den Herstellern geht. Die öffentliche Wahrnehmung (auch die der Regierung übrigens) pendelte lediglich zwischen Regal und Zuhausebleiben. Dass es für die Versorgung der Bevölkerung jedoch zuvor eine produzierende Wirtschaft braucht, wurde völlig ignoriert. Gerade die Markenartikelindustrie bewies jedoch mit ihren zehntausenden Beschäftigten – ohne Medienlob und ohne Sonderboni – die Vorteile einer in Österreich weiterhin dezentralen, durchaus diversen, oft auch regional fest verwurzelten Struktur.“ 
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Marken: die Hersteller.
 Vielleicht scheint es absurd in Zeiten, in denen von Versorgungssicherheit gesprochen wird, von Marken zu reden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, wenn man betrachtet, was Marken, genaugenommen Herstellermarken, eigentlich sind: Sie sind ein bisschen wie die Spitze des Eisberges, also das, was man gut sehen kann. Der eigentliche Körper des Eisberges sind die Unternehmen, die Produkte, die hergestellt werden, die Mitarbeiter, ihre Ideen, ihr Engagement, deren Forschung und Entwicklung und ihre Lieferanten. Im Optimalfall ist in der Marke für den Konsumenten all das konzentriert spürbar. So stehen Marken auch für Vertrauen in die geleistete Arbeit, die Qualität und die Visionen sowie Werte eines Unternehmens. Thumser: „Marken geben Sicherheit – ganz besonders in Zeiten der Unsicherheit – und Entlastung bei Überforderung durch andere ungewohnte Umstände.“ Sicherheit geben sie aber auch, weil sie tatsächlich für Sicherheit sorgen – Versorgungssicherheit nämlich. Es sind letzten Endes die Markenartikler, die jene Produkte produzieren, die der Handel verkauft (auch wenn sie manchmal nicht unter der eigenen Marke, sondern unter jenen des Handels verkauft werden). 
Balanceakt.
Marken sind – insbesondere in Österreich mit seiner konzentrierten Handelslandschaft – aber v.a. auch ein Garant dafür, dass die Arbeitsteilung und letztlich das Kräfteverhältnis zwischen Produzenten und Händlern intakt und in einer gesunden Balance bleibt. Thumser: „Wenn ein Markt von nur drei Handelsorganisationen mit über 85% dominiert wird, so ergibt dies automatisch eine beachtliche Schieflage zugunsten der nachfragenden Einkäufer.“ Das hat freilich Folgen, die im Normalfall vielleicht weniger zu spüren sind, die allerdings auf Dauer oder auch in Extremsituationen unangenehm werden. Thumser: „Das Forschen und Entwickeln ist in letzter Zeit deutlich in den Hintergrund getreten, das Drücken der Einstandspreise und das oftmalige und brüske Ignorieren seriöser Kostensteigerungen auf Herstellerseite gegenüber dem Handel gewinnt immer stärker die Oberhand.“ 
Herausfordernd.
Forschen und Entwickeln, aber auch die Frage nach den Kosten und Preisen sind sperrige, aber durchaus notwendige Themen. Aktuell fordert die Corona-Krise alle Hersteller heraus – auch wenn die Umsätze enorm aussehen – denn: Den allermeisten fallen die Gastronomie oder Filialumsätze weg, Produktionsspitzen mussten mit Überstunden bewältigt werden und die Logistikkosten sind ebenfalls in die Höhe geschnellt. Ein gutes Jahr wird es wohl für niemanden. Und sobald diese Ausnahmesituation überstanden ist, geht es wieder mit Hochdruck an die Arbeit, die nötigen Umstellungen aufgrund der Klima-Krise zu bewältigen. Thumser: „Ein wesentliches Credo der Markenartikel-Branche ist seit jeher nachhaltiges Wirtschaften! Ökonomisch, ökologisch und gesellschaftlich – ohne diese drei Dimensionen unternehmerischen, verantwortungsvollen Handelns könnten viele Markenartikler nicht seit Jahren so stark sein.“ Und genau diese Stärke der Markenartikelbranche – und der Marken – wird es auch in Zukunft dringend brauchen, „schließlich“, so Thumser, „sind Marken Wegbereiter und zugleich auch Problemlöser für gesellschaftliche Entwicklungen und Bedürfnisse. Sie sind Schrittmacher neuer Technologien und sie sind damit auch die Originale, die dann von den Handelsorganisationen für ihre Eigenmarkenproduktion benutzt werden.“
Partnerschaftlich.
Gerade in Österreich und insbesondere in herausfordernden Zeiten braucht es eine vernünftige Arbeitsteilung und eine gesunde Balance zwischen Handel und Hersteller, ergo auch zwischen Eigen- und Herstellermarke. Denn wenn eines – auch ohne großartiges Medienecho – aktuell sichtbar wird, so das Fakt, dass eine schwierige Situation nur dann optimal bewältigt werden kann, wenn man die richtigen und v.a. starke Partner hat.