Liegt das Gute doch so nah

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Im Feinkostladen Österreichs muss man wahrlich nicht in die Ferne schweifen, um Top-Produkte zu finden. Ein gutes Beispiel ist der Fleisch- und Wurstwarenbereich. PRODUKT hat sich angesehen, welche Ansätze dessen Hersteller in Sachen Regionalität verfolgen.

Kategorie: Stories
Verbundenheit.
Die enge Verbundenheit mit unserer Region ist uns eine Herzensangelegenheit. Das heißt, wir reden nicht nur darüber, sondern setzen sie auch überall um, wo es möglich ist“, schildert Klaus Moser, Verkaufsleiter des Mostviertler Unternehmens Moser Wurst: „Regionalität bedeutet für uns aber auch Lebensqualität: 95% unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben in einem Umkreis von 30km und haben somit kurze Wege zur Arbeit.“ Werden für Reparaturen Professionisten gebraucht, engagiert man ebenso welche aus der Umgebung. Selbstredend wird auch zum Großteil das Rind-, Schweine- und Kalbsfleisch aus der Region bezogen.
Viele der hergestellten Produkte haben zudem eine traditionelle Bedeutung in dieser Gegend, wie etwa der „Moser Mostbraten“ oder die „Extra geräuchert“. „Außerdem arbeiten wir gerade an einer neuen Produktlinie, bei der Regionalität auch in anderer Hinsicht einen sehr hohen Stellenwert haben wird. Mehr möchten wir im Moment aber noch nicht verraten“, macht der Verkaufsleiter neugierig.
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Identifikation.
Zentral ist der Regionalitätsfaktor auch bei Handl Tyrol. Für den „Tiroler Speck g.g.A.“ und alle anderen Markenprodukte, die in Österreich vermarktet werden, zieht man nur AMA-zertifiziertes Fleisch, das den AGAP-Standards (AMA Gute Agrarische Praxis) unterliegt, heran. Der starke Bezug zum Heimatbundesland spielt auch in der Kommunikation eine große Rolle. Das beginnt bei den Produktverpackungen und mündet im Slogan „Werde Tyroler!“. „Denn ‚Handl Tyrol‘ ist die urtypische Tiroler Spezialitätenmarke, mit der man ein echtes Stück Tirol immer und überall genießen kann. Wo ‚Handl Tyrol‘ ist, ist Tirol. Und zum Tyroler wird, wer zu ‚Handl Tyrol‘ greift. Zumindest für ein paar genussvolle Momente“, beschreibt Marketingleiter Dirk Preuss. Hier wird der Imagetransfer von der Region auf das Produkt perfektioniert und eine enge Verbundenheit von Marke, Region und Verbraucher suggeriert. 
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Auswahl.
„Speziell in Zeiten von Covid-19 wurden Themen wie Regionalität und Tierwohl nochmals hervorgehoben und werden auch künftig eine große Rolle spielen. Wir werden uns dadurch auch 2021 intensiv mit unserem Tierwohl-Programm ‚Hütthalers Hofkultur‘ beschäftigen“, beschreibt Florian Hütthaler. „‚Hütthalers Hofkultur‘ steht für Tierwohl-Qualität aus Oberösterreich. Diese Message wird werbetechnisch sowie am Produkt transportiert. Uns ist bewusst, dass die heimische Wirtschaft nur durch die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft nachhaltig bestehen bleibt“, so der Firmeninhaber. Die Auswahl an „Hofkultur“-Produkten wird dementsprechend laufend erweitert. Neuestes Mitglied ist die etablierte „Attersee“-Wurst, die man nun in Tierwohl-Qualität produziert.
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Primärzutat.
Den wachsenden Stellenwert von heimischen Erzeugnissen sowie von Bio- und Tierwohl-Sortimenten in Folge der Corona-Krise beobachtete man auch bei den Marcher Fleischwerken. Im Frisch-Fleischbereich schon lange selbstverständlich, legen die Handelsketten nun vermehrt Wert auf heimische Rohstoff-Herkunft im Wurst- und Schinkenbereich. „Wir sind in all diesen Sparten vertreten und bieten sowohl Frischfleisch als auch Wurst  und Schinken mit der Primärzutat aus österreichischer Herkunft sowohl unter der Marke als auch unter Handelsmarken an“, heißt es aus dem Unternehmen. Dies gilt auch für den Convenience-Bereich wie im Falle der Marcher-Marke „Blasko Convenience“. Für Schnitzel oder Cevapcici wird 100% heimisches Rind- und Schweinefleisch verwendet. Spannende Neuigkeiten gibt es auch von Loidl, denn das Unternehmen gehört nun zu den Betrieben der Marke „Steirisches Vulkanland“. Vor allem für den Bereich Hauswürstel, Rohwurst und Roh-Schinken soll diese hochwertige Regionalbezeichnung nun zum Einsatz kommen, kündigt das Unternehmen an.
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Kreislauf.
Bei „Vulcano“ – ebenfalls Teil der Marke „Steirisches Vulkanland“ – ist von der Schweinehaltung bis zum fertigen Produkt alles aus einer Hand. Im Rahmen einer Online-Schinkenverkostung konnten sich Medienvertreter im Februar selbst von den „Vulcano“-Produkten überzeugen. „Wir nutzen nicht nur den Kreislauf im Stall, sondern auch den Kreislauf der Jahreszeiten“, schildert GF Bettina Habel. Im Winter wird geschlachtet und eingesalzen und übers Jahr gereift. Das zeigt den Bezug von „Vulcano“ zu den Wurzeln der Herstellung, denn dieser Ablauf wäre bei den heutigen technischen Möglichkeiten nicht mehr notwendig. „Schinkenerzeugung ist eine ganz, ganz alte Tradition“, so Habel. Darüber hinaus werden die Tiere im eigenen Stall bzw. bei „Vulcano“-Bauern in der Umgebung länger gemästet als üblich, was sich auch positiv auf die Qualität des gereiften Schinkens auswirkt.
Optimiert.
Bereits seit Firmengründung verwendet Berger Schinken hauptsächlich heimisches Fleisch, aktuell liegt der Anteil bei 96%. „Nicht etwa, weil es gut für unser Marketing ist, sondern weil wir daran glauben, dass Beschaffungs- und Absatzmarkt ident sein sollten“, ergänzt GF Rudolf Berger: „Nachhaltigkeit ist als Kernwert in unserer Unternehmenskultur fix verankert. Das ist mittlerweile nicht nur wirtschaftlich und moralisch ein Gebot der Stunde, sondern entspricht dem Wunsch der Konsumenten.“ Vor über einem Jahrzehnt wurde zudem das Klimaschutz- und Regionalitätsprojekt „Regional-Optimal“ ins Leben gerufen. Landwirte etwa sind hier max. 50km von Berger entfernt, das Futter ist ebenso regionalen Ursprungs. Nun wird dieses durch eine Tierwohl-Initiative ergänzt; verpflichtend sind beispielsweise Freilauf-Möglichkeiten, Stroh-Liegebereiche oder Boxen mit verschiedenen Funktionsbereichen. „Wir sind sehr stolz darauf, dass bereits ein Zehntel unserer Vertragslandwirte auf Tierwohl-Produktion umgestellt hat. Wir forcieren diesen Umstieg und dank der neuen Fördermöglichkeiten wird dieser sicherlich deutlich Fahrt aufnehmen“, so Berger.
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Tradition.
„Unter Regionalität verstehen wir nicht nur die Herkunft des Rohstoffes, sondern vielmehr auch das traditionelle Handwerk sowie unsere überlieferten Familienrezepte. Damit erhalten wir Fachwissen und pflegen Traditionen“, bemerkt GF Rudolf Frierss. Sein Unternehmen setzt einen Schwerpunkt auf Kärntner Spezialitäten, etwa originale „Kärntner Hauswürstel“ oder „Kärntner Schinkenspeck“. „Schließlich ist Kärnten wie kein anderes Bundesland seit jeher kulinarisch von Speck- und Salami geprägt, auch der Ursprung der Brettljause liegt hier“, weiß Frierss. Verarbeitet wird nur Qualitätsfleisch aus dem Heimat-Bundesland. Bei Rindfleisch liegt der Anteil bei 90%, Schweinefleisch bezieht man zum Großteil vor Ort oder ansonsten aus der Steiermark bzw. Oberösterreich. Jüngste Neuheit ist der „Zirbenrauchschinken“, dessen Tradition auf eine alte bäuerliche Urproduktion zurückgeht, wo zum Räuchern Zirbenholz verwendet wurde. Dem Produkt verleiht dies einen herzhaften Geschmack mit fein-herber Waldnote. 
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Programme.
Als Wiener Betrieb fühlt man sich seit über 60 Jahren ganz der lokalen Küchentradition verbunden, lässt man von Radatz wissen. „Im Verarbeitungsbereich zählen wir zu den Top-Abnehmern von AMA-zertifiziertem Fleisch“, schildert GF Franz Radatz. Eine große Bedeutung hat Regionalität zudem in den eigenen Filialen. Gemeinsam mit Partnerbetrieben aus dem Voralpenraum hat das Unternehmen für den Fleischerei-Bereich Tierwohl-Programme entwickelt und vermarktet diese, sowohl im Schweine- als auch Rindfleischbereich. Als zentrales Kommunikationsmittel in Richtung Endverbraucher dienen die hauseigenen Medien, die in den Filialen aufliegen. Beispiel ist das im Vorjahr erstmals erschienene Magazin „Schmeckt. Das Radatz Magazin für Genießer“.
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