In diesem Jahr erwies sich die heimische Landwirtschaft als krisenfest und systemrelevant. Eigenversorgung ist ein hohes Gut, das jedoch gerade ins Wanken zu kommen droht. Die wichtigsten Absatzkanäle im Schweine- und noch mehr im Rindfleischbereich gingen verloren, nämlich der Außerhaus-Konsum und der Export (primär an ausländische Gastro-Betriebe). Die Folge ist ein massiver Preisverfall, die Landwirtschaftskammer spricht von Verlusten in zig Millionenhöhe. „Gerade während der Lockdown-Phasen ergeben sich kaum kostendeckende Erlössituationen für die Rinderbauern“, bestätigt Johannes Minihuber, GF Österr. Rinderbörse.
Die Landwirtschaftskammer fordert nun von der EU-Kommission Förderungen, um private Lagerhaltung für Rind- und Schweinefleisch zu ermöglichen. Die überschüssigen Mengen können so rasch vom Markt genommen werden. Gemeinsam mit Vertretern der Rinder- und Schweinebranche will man zudem eine Entschädigung für die durch die staatlichen Corona-Maßnahmen entstandenen Erlösverluste. Ohne wirksame Marktmaßnahmen und im Falle eines harten Brexits droht zudem um den Jahreswechsel eine weitere Zuspitzung der Lage. „Nur mit raschen Marktmaßnahmen und gezielten finanziellen Hilfen können in den nächsten Monaten wirtschaftliche Existenzgefährdungen und bäuerliche Betriebsaufgaben wirksam verhindert werden“, appelliert Michaela Langer-Weninger, Präsidentin LK OÖ.
Die Schweinebranche spricht von einem Preisverlust von Jänner bis Ende November von 70 Cent je Kilogramm Schlachtgewicht (-36%). Der Grund liegt in einer Hochpreisphase zu Jahresbeginn als Resultat einer hohen Nachfrage aus China wegen des dortigen Ausbruchs der Afrikanische Schweinepest (ASP). Welche Entwicklung ist weiter zu erwarten? „Da die Monate Jänner und Februar schon vorweg als äußerst schwierig eingestuft werden können, ist ein Gesamtschaden von rund 100 Mio. € als absolut realistisch zu beziffern“, so Johann Schlederer, GF Verband der landwirtschaftlichen Veredelungsproduzenten (VLV), zu den rein coronabedingten Verlusten der Branche: „In Anlehnung an die von der Regierung zugesagte Kompensation bei Gastronomie und Handel ist es nun aus unserer Sicht legitim und fair, auch für die Schweinebauern eine entsprechende Schadensabgeltung auf Basis des Verursacherprinzips zu fordern.“ Für zusätzlichen Preisdruck am Markt sorgten 2020 darüber hinaus zudem die Tönnies-Schließung wie auch der Ausbruch der ASP bei Wildschweinen in Deutschland.