PRODUKT: Als Lebensmittelhändler sind Sie zu einem gewissen Grad auch „Kurator“ für das, was die Verbraucher:innen konsumieren (können). Wie sehen Sie das? Wie viel Nachhaltigkeit kann man sich als Händler „leisten“, ohne die Kundschaft zu verlieren?
Szuchy: Konsument:innen achten beim Einkauf verstärkt auf Nachhaltigkeitskriterien. Die Frage ist aus unserer Sicht nicht, ob man sich Nachhaltigkeit leisten kann, ohne die Kundschaft zu verlieren. Vielmehr erwarten Konsument:innen nachhaltige Produkte, wir würden Kund:innen verlieren, würden wir diese Aspekte vernachlässigen. Die entsprechenden Segmente entwickeln sich sehr gut und werden das sicher auch in Zukunft tun. Wichtig ist allerdings immer, dass der Mehrwert nachhaltiger Produkte auch verständlich kommuniziert wird, aus Kund:innensicht also nachvollziehbar ist.
PRODUKT: Ihre Einschätzung: Wie werden sich Produkte, die mit „Nachhaltigkeit“ punkten, weiterentwickeln? Gerade in Zeiten, in denen sich die Kund:innen um günstige Produkte umschauen?
Szuchy: Angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Situation und der gestiegenen Preise werden wir immer wieder gefragt, was das für das – generell höherpreisige – Bio-Segment bedeutet. Tatsächlich ist Bio trotz der Entwicklung der vergangenen Jahre stetig gewachsen – wert- wie auch mengenmäßig, also auch inflationsbereinigt. Wir sehen, dass relevante Kund:innengruppen auch in Zeiten, in denen sie aufs Geld schauen (müssen), nicht auf höchste Bio-Qualität verzichten möchten. Für preissensiblere Kund:innen haben wir zudem die Bio-Marke „Billa Bio“ etabliert, die sich sehr gut entwickelt. Zudem haben wir unter anderem als erster Lebensmitteleinzelhändler in Österreich auf Frischfleisch zu 100% aus Österreich gesetzt und bauen unsere Tierwohlprogramme mit Erfolg weiter aus. Letztlich kaufen bei Billa rund zehn Millionen Kund:innen in der Woche ein und wir haben für alle das passende Angebot – auch im Preiseinstiegssegment.
PRODUKT: Beeinflussen Nachhaltigkeits-Aspekte bei Lieferantengesprächen die Listungs-Chancen? Bzw. gibt es Produkte oder Konzepte, die Sie heute keinesfalls mehr listen würden?
Szuchy: Es gibt zahlreiche Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen und wir arbeiten ständig an entsprechenden Qualitätskriterien und -systemen und setzen speziell bei unseren Eigenmarken hohe Standards, die immer weiter verbessert werden. So haben wir zum Beispiel bei unserer Bio-Marke „Ja! Natürlich“ schon vor vielen Jahren die Zahl der Produkte, die Palmöl enthalten, ständig reduziert und sind seit mittlerweile fünf Jahren zu 100% palmölfrei. Generell gewinnen Nachhaltigkeitsaspekte, wie der ökologische Fußabdruck oder soziale Aspekte, an Bedeutung.
PRODUKT: Der pflanzlichen Ernährung wird im Zuge der Klimakrise eine wichtige Rolle zugewiesen. Wie gehen Sie mit der Thematik um?
Szuchy: Wir nehmen im Plant based-Bereich eine Pionierrolle ein, waren mit der Eröffnung von Billa Pflanzilla vor zwei Jahren zum Beispiel der erste klassische Lebensmitteleinzelhändler in Europa, der einen Store mit rein pflanzlichem Angebot eröffnet hat. Unserer Pionierrolle werden wir auch im Sortiment gerecht. Bei Billa Plus bieten wir mit mehr als 7.000 Produkten das größte Plant based-Sortiment Österreichs. Seit mehr als 20 Jahren ist die Eigenmarke „Vegavita“ ein fixer Bestandteil unseres Angebots. In der vieldiskutierten Preisfrage von pflanzlichen Lebensmitteln geht Billa ebenso als Pionier voran, mit dem Ziel, pflanzliche Produkte für alle in Österreich leistbar zu machen. Seit November 2023 sind alle „Vegavita“-Produkte auf dem preislichen Niveau oder günstiger als das tierische Pendant, damit haben wir in Österreich eine Vorreiterrolle eingenommen. Jedes neue Produkt erfüllt diesen Anspruch. Generell sehen wir, dass die Zahl der Flexitarier:innen steigt und damit die Nachfrage. Nur ein Beispiel: In Bezug auf Milch steckt bei Billa bereits in jeder 10. verkauften Packung eine rein pflanzliche Variante.
PRODUKT: Danke für die Einblicke!