Nächste Generation

© PHW/Green Legend

Fleischalternativen sind der Nische längst entwachsen. Die Experten sind sich jedenfalls einig, dass dieser Markt jede Menge Potential hat. Dementsprechend zieht auch die Produktauswahl an.

Kategorie: Stories

Einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Smart-Protein-Projekts – ein Konsortium u.a. aus Wissenschaft, Agronomen und Herstellern von pflanzlichen Alternativprodukten – zufolge wuchs dieses Segment europaweit in den letzten zwei Jahren um 49%. „Der Gesamtmarkt ist explodiert und hat sich in den letzten Jahren immens entwickelt. Pflanzliche Alternativen boomen und die Nachfrage wächst kontinuierlich“, beobachtete man etwa bei der Marke „veganz“. Ins Auge sticht die Durchgängigkeit, denn wirklich jedes untersuchte Land verzeichnete einen Anstieg.

Alltag.
Die steigende Nachfrage trifft dabei auf eine neue Generation an alternativen Produkten. Der Geschmack lehnt sich noch stärker an die fleischlichen Originale an und das Angebot verbreitert sich zusehends. Zudem ändert sich der Stellenwert von Fleisch. „In der Generation Z und Y ist Fleisch ein Bestandteil der Ernährung, wird aber nicht mehr mit Wohlstand in Verbindung gebracht. Diese Einstellung sieht man nur noch in der Generation der Babyboomer stark“, wissen Thomas und Hermann Neuburger, GF Neuburger Fleischlos. Für die jüngeren Konsumenten gehören Fleischersatzprodukte zum normalen Alltag. „9% der in Österreich lebenden Personen ernähren sich vegetarisch, jedoch ganze 30% der Schüler essen kein Fleisch“, merken die beiden unter Berufung auf Studien renommierter Institute an. Neben Österreich ist ihre Marke „Hermann“ auch in Deutschland und der Schweiz vertreten sowie demnächst in den Niederlanden. In der Produktentwicklung angedacht sind Fisch-Alternativen, die, wie das gesamte „Hermann“-Sortiment, aus Bio-Kräuterseitlingen hergestellt werden sollen.
hermann taler fleischlos
Gewachsen.
Neu am Markt ist das Schweizer Startup „Planted“. In Deutschland und am Heimatmarkt bereits vertreten, sind nun auch zwei Produkte in Österreich gelistet – „planted.chicken“ in den Sorten „Natur“ und „Kräuter & Zitrone“. In der Gastronomie ist hingegen „planted.kebab“ beliebt, eine Alternative zum herkömmlichen Kebab-Spieß. „Unsere Produkte zeichnen sich durch die kurze Zutatenliste aus, Primärzutat ist die Erbse. Unser ‚planted.chicken Natur‘ besteht aus nur vier Zutaten: Erbsenprotein, Erbsenfasern, Rapsöl und Wasser. Dazu geben wir eine gesunde Portion Vitamin B12“, erzählt Co-Gründer Pascal Bieri. Aktuell ist „planted“ dabei, ein pflanzliches Schnitzel zu entwickeln.
planted 2
Salami-Snack.
Für einen vegetarischen Snack nach Salami-Art sorgt die Rügenwalder Mühle. Der „vegetarische Rügenwalder Mühlen Snack“ (25g) und der „vegetarische Rügenwalder Mühlen Snack im Teigmantel“ (50g) sind ab Mai in einer peppigen Aufreiß-Verpackung erhältlich. 2014 stieg Rügenwalder als einer der ersten fleischverarbeitenden Betriebe in das Alternativsegment ein und ist nun seit Jahren in Deutschland Marktführer. Mittlerweile soll der Branchenriese sogar mehr alternative Produkte herstellen als echte Wurst. Top-Artikel ist das „Vegane Mühlen Cordon Bleu“ (200g). Im Aufschnittbereich sind es die „Veganen Schinkenspicker mit Grillgemüse“ (80g), die knapp vor der „Veganen Mühlen Salami“ (80g) rangieren. „Mittlerweile gibt es ein kleines Publikum, das ausschließlich veganes und vegetarisches Sortiment kauft, und ein breites Publikum, das hier ebenso immer wieder zulangt, ohne gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten“, beschreibt Wolfgang Hotwagner (GF Hotwagner) die Zielgruppen.
ruegenwalder 2 1
Mit und Ohne.
Zu den Top-Produkten von „die Ohne“, der vegetarischen bzw. veganen Marke der Marcher-Gruppe, zählen die fleischfreien Aufschnitte wie auch „die Ohne feine Extra“. „Diese Produkte sind vom Original sowohl im Geschmack als auch in der Textur kaum mehr zu unterscheiden und sprechen deshalb eine besonders breite Zielgruppe an“, erfährt man dazu aus den Marcher Werken. Seit dem Vorjahr ist das Sortiment palmölfrei, was auch auf der Packung ausgelobt ist. Als Basis für die Wurstprodukte dient Milch- und Hühnerei-Eiweiß. Für vegane und Convenience-Artikel wird Erbsen- und Weizenprotein verwendet. In der Kommunikation wird neben den laufenden Social-Media-Aktivitäten auf digitales Marketing gesetzt. Zu Beginn der diesjährigen Fastenzeit stach „die Ohne“ durch Rezept-Advertorials in Tages- und Wochenzeitungen hervor. „Wir sehen den Fleischersatz als festen Bestandteil des LEH-Sortiments, der jedenfalls in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen wird. Auf unser Produktions-Know-how in diesem Bereich greifen auch zahlreiche in- und ausländische Marken zu“, heißt es von den Marcher Werken.
fleischalternativ die ohne
Schwimmkurs.
Den Schritt hin zu alternativen Fischprodukten machte Veggie Meat mit den „vegini Knusprige Freischwimmer“. In Aussehen, Struktur und Geschmack sollen diese Fischstäbchen in nichts nachstehen. Hauptrohstoff der Marke „vegini“ ist die Erbse, die man nur aus Europa bezieht. Die Nummer 1 unter den Produkten ist das seit 2020 erhältliche Rohprodukt „vegini Gehacktes“, das exakt wie Fleisch zubereitet werden kann. Kein Wunder, dass man die Range der Rohprodukte aktuell erweitert (Produktvorstellung). Veggie Meat konnte übrigens den Umsatz sowohl von 2018 auf 2019 wie auch von 2019 auf 2020 verdoppeln.
vegini 1 1
Erfolgreich.
Auch die Nestle-Marke „Garden Gourmet“ berichtet von einem sensationellen Wachstum von 100% und blickt damit auf ein äußerst erfolgreiches Jahr 2020 zurück. Dementsprechend gewachsen ist auch der Marktanteil (2020: 11,4% vs.2019: 8,4%, lt. Nielsen, Soja/vw.Fleischers., LH exkl. H/L, Basis Umsatz, 2020 bis W52 vs. 2019). Neu am Markt sind die „Sensational Filet Stückchen“ (Produktvorstellung). Top-Seller ist nach wie vor der 2019 gelaunchte „Garden Gourmet Sensational Burger“, der sich als Ganzjahresprodukt etablierte – ein würziger Burger-Geschmack mitsamt Röstaromen und saftiger Konsistenz. Die „Garden-Gourmet“-Produkte sind allesamt rein pflanzlich und basieren auf Soja und Weizen.
fleischalternativ gardengourmet
Zufrieden.
Die deutsche PHW-Gruppe launchte im Vorjahr das „Green Legend“-Sortiment. Es umfasst fünf vegane Wurstprodukte (u.a. „vegane Geflügel Mortadella“, „vegane Geflügel Salami“, „vegane Geflügel Wiener“) und sechs fertige Fleisch- und Fischalternativen. Hauptzutaten sind Erbsen, Ackerbohnen, Mais und Weizen. Der Fokus liegt aktuell auf dem deutschen Markt. „Grundsätzlich sind wir mit der Entwicklung zufrieden. Das Feedback des Handels und von den Kunden ist durchwegs positiv. Das motiviert uns, an weiteren neuen Kreationen zu arbeiten“, schildert Ingo Stryck, Marketingleiter der PHW-Gruppe.
fleischalternativ greenlegend 2
Expansion.
Neues gibt es auch vom US-Unternehmen Beyond Meat. Im April kündigte man eine weitere Expansion im europäischen Einzelhandel wie auch in Österreich an. Hierzulande erhältlich sind „Beyond Burger“, „Beyond Sausage“ (dt. Würstel) und „Beyond Mince“ (dt. Faschiertes). Neben Spar und Metro sind diese nun auch bei Billa und Billa plus in ganz Österreich gelistet. Die Platzierung erfolgt hier – als einziges rein pflanzenbasiertes Produkt – im Frischfleischregal, verkündet Beyond Meat. Im Juni 2020 eröffnete man neue Produktionsstätten in den Niederlanden und erwarb dort auch den ersten eigenen Produktionsstandort in Europa. Damit will das Unternehmen einen effizienteren Vertrieb in der gesamten EMEA-Region gewährleisten.
fleischalternativ beyond 2
Allianzen
Nicht nur vegetarische oder vegane Alternativen strömen auf den Markt, auch Hybridprodukte kommen verstärkt aus der kreativen Feder der Produktentwickler. Das bayerische Unternehmen Houdek (Vertrieb Hotwagner) stellte die Marke „Respekt das schmeckt“ aus je 50% Geflügelfleisch und Jackfruit vor. Erhältlich sind drei Sorten Frikadellen: „mit Petersilie“, „mit Tomaten und Kräuter“ und „mit Wasserkastanie und Jalapeño“. Vor zwei Jahren launchte hingegen Rebel Meat die „Bio Burger Patties“ für den TK-Markt, zur Hälfte bestehend aus Rindfleisch bzw. aus Kräuterseitlingen und Hirse. Neu sind vier Bio-Frische-Artikel (Produktvorstellung), hergestellt bei Sonnberg (OÖ). Alexandra Meyr, Marketing Rebel Meat: „Uns geht es darum, wieder ein Bewusstsein für den Wert von Fleisch zu schaffen, unseren Konsum zu reduzieren und vor allem auf hochwertiges Bio-Fleisch zu setzen. Unsere 50:50 Produkte sind hier nur ein Weg von vielen.“
fleischalternativ kasti houdek1