Neues Jahr, neues Glück?

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2024 war für die FMCG-Branche ein weiteres hartes Jahr – und die Aussichten für das kommende sind auch nicht friktionsfrei. Wir haben die relevanten Interessenvertreter:innen gefragt, welche Themen aus ihrer Sicht besonders im Fokus stehen werden und wo man sich Veränderungen wünscht:

Kategorie: Food, Nonfood

MARKENARTIKELVERBAND
Das neue Jahr wird – trotz vieler Vorankündigungen – mit einem Paukenschlag beginnen:
Das neue Pfandsystem wird viele Getränke vom Start weg um € 0,25 verteuern. Was dabei übersehen wird: Dadurch wird den österreichischen Haushalten 2025 einmalig die beachtliche Summe von rund 600 Mio. € an Kaufkraft entzogen!

Für die Unternehmen stellen die jüngst in ungekannter Dichte und Granularität erlassenen EU-Regularien im Umfeld des „Green Deal“ eine enorme Bürde dar. Hier ist die künftige Regierung dringend aufgefordert, auf EU-Ebene ein rasches Überarbeiten dieses Bürokratie-Tsunamis einzufordern: Zumindest vereinheitlichte und interdependente Berichtsstrukturen zwischen allen neuen Regularien sollten selbstverständlich sein – genauso wie frühzeitig erlassene, detaillierte Umsetzungsrichtlinien und verbindlicher Rechtsrahmen.

Zu guter Letzt – alle Stakeholder sollten an einer Wiederbelebung der Konsumfreude, an einer positiven Gesamtstimmung mitwirken. Die Markenartikel-Hersteller werden hier mit zahlreichen innovativen Produktideen vorangehen, der Handel könnte seine hohen Investitionen in das Einkaufs-Erlebnis in den Vordergrund rücken (ohne permanent den Preis-Fokus zu strapazieren und damit zusätzlich zu verunsichern), die neue Regierung sollte durch geeintes Anpacken der wirklichen Probleme beruhigen – ohne durch neue Steuern noch mehr Konsumlaune zu beschädigen!


HANDELSVERBAND
Nachdem die Teuerungswelle verebbt ist, hoffen wir für 2025 endlich auf eine Erholung der Konsumnachfrage. Diese wäre höchst notwendig, denn der Kostendruck bleibt enorm. Mit Jahresbeginn 2025 startet das neue Pfandsystem für Einweg-Getränkeverpackungen, für das der Handel in einem Herkulesakt seine Filialen umgerüstet hat. 2025 werden wir auch eine neue Regierungskonstellation erleben. Wir hoffen, dass diese endlich die notwendigen Reformen angeht. Die dringendsten Schritte wären eine umfassende Entbürokratisierung, eine Entlastung bei den Arbeitskosten und Maßnahmen, die uns vor der unfairen Konkurrenz durch Online-Plattformen aus dem asiatischen Raum schützen. Nur so können wir unsere Arbeitsplätze und unser Sozialsystem absichern.

Die Unternehmen sind weiterhin stark damit beschäftigt, die Flut an neuen europarechtlichen Regulierungen zu bewältigen. Zwischen 2019 und 2024 sind in der EU 13.000 Rechtsakte verabschiedet worden, verglichen mit 3.500 Gesetzestexten und 2.000 Beschlüssen auf Bundesebene in den USA. Lieferketten-Sorgfaltspflicht, Verpackungsverordnung, Ökodesign-Verordnung, Zahlungsverzugsverordnung – das ist nur ein Auszug der rechtlichen Themen, die uns in den letzten Monaten beschäftigt haben und wohl auch nächstes Jahr weiter beschäftigen werden. Immerhin die Entwaldungsverordnung konnte auf den letzten Metern noch gestoppt werden. Es ist an der Zeit, dass wir diesen Regulierungs-Tsunami stoppen, damit wir uns wieder auf unser Kerngeschäft konzentrieren können.


LANDWIRTSCHAFTSKAMMER
Die Bandbreite an gemeinsamen Herausforderungen, aber auch Gegensätzen wird 2025 größer: Die gesamte Wertschöpfungskette trifft das Faktum, dass Aufwendungen für Bürokratie, Dokumentationssysteme und Transparenz weiter massiv steigen. Auch hören wir tagtäglich, was noch für Umwelt, Tierwohl und Produktqualität getan werden soll. Gleichzeitig wird kritisiert, dass alles zu teuer ist. Die Aktionitis erlebt ständig neue Hochblüten. Verbunden mit hohen Produktionskosten bringt das unsere Höfe enorm unter Druck. Dass mittlerweile etwa manche Bioprodukte billiger verkauft werden als konventionelle, ist schädlich und kurzsichtig. Preisniveau und Kostenwahrheit von Biolebensmitteln werden dadurch nachhaltig beschädigt und die Anreizwirkung des Marktes geht für unsere bäuerlichen Betriebe verloren. Statt dem ständigen Verschleudern von Qualitätslebensmitteln brauchen wir eine nachhaltige Mehrwert-Strategie in der gesamten Wertschöpfungskette. Auch das Thema Haltungsformenkennzeichnung bzw. Qualitätsstufen ist ein herausforderndes, bei dem die Bauern und Bäuerinnen mitreden müssen.

Der Schutz unserer kleinen Strukturen wird gerne von der Politik strapaziert, sollte aber auch in der Realität forciert werden. Dazu brauchen wir v.a. eine Entbürokratisierung auf EU-Ebene, mehr Marktorientierung statt Populismus puncto Produktionsstandards und eine bessere Herkunftskennzeichnung, um uns von Billigimportware abgrenzen zu können. Im Sinne aller fände ich auch mehr Marketing für regionale Qualitätslebensmittel wichtig. Das zelebrieren andere Länder deutlich besser.


AK WIEN
Auch wenn die Inflation stark zurückgegangen ist, bleibt das Thema Teuerung 2025 relevant. So wird mehr zu Aktionen und Eigenmarken gegriffen oder auf bestimmte Lebensmittel verzichtet. Die Branchenuntersuchung Lebensmittel der BWB 2023 zeigte: Der Handel hat die Margen nicht erhöht, Lieferanten seien allerdings zum Teil von unfairen Praktiken betroffen. Auch der sog. „Österreich-Aufschlag“ wurde festgestellt. Die BWB vermutet als einen wesentlichen Faktor länderspezifische Preisstrategien v.a. internationaler Lebensmittel-Konzerne. Aus unserer Sicht bildet diese Preispolitik eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs und eine Benachteiligung der österreichischen Haushalte. Wir sind daher an die Europäische Kommission herangetreten, die diese Praktiken untersuchen und Maßnahmen ergreifen soll.

Ein weiteres wichtiges Thema ist eine bessere Nährwert-Kennzeichnung durch den Nutriscore. Durch eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung sollen Konsument:innen gute Entscheidungen beim Einkauf treffen können. Eine offenere Haltung der Lebensmittelindustrie gegenüber einer EU-weiten Regelung wäre wünschenswert. Konsument:innen wünschen sich neben leistbaren Preisen gesunde, regionale, nachhaltig produzierte, tierwohlgerechte Lebensmittel. Hier geht es auch um Ehrlichkeit. Die neuen EU-Regeln gegen Greenwashing kommen zur rechten Zeit und werden letztlich zu mehr Konsument:innenvertrauen in nachhaltigkeitsbezogene Angaben führen. Dies gilt auch für Angaben zu Tierwohl.