Als erster ins Ziel

Gerhard Drexel, ein paar Tage lang noch Vorstandsvorsitzender der Spar AG

Im letzten Jahr in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Spar AG hat Gerhard Drexel das Unternehmen nicht nur durch eine Krise, sondern auch zur Marktführerschaft geführt. Wir haben mit ihm über die letzten Monate und aktuelle Themen gesprochen.

PRODUKT: 2020 ist in so gut wie allen Belangen außergewöhnlich. Während viele Betriebe und Menschen wirtschaftlich sehr große Einbußen hinnehmen müssen, scheint es, als ob der LEH „das Geschäft seines Lebens“ macht. Ist dem so?
Drexel: Die Versorgung mit Lebensmitteln gehört zur Grundversorgung der Bevölkerung. Daher dürfen Lebensmittelhändler ja auch während der Lockdown-Phasen geöffnet halten. Hinzu kommt, dass die Gastronomie in diesen Phasen nicht öffnen durfte und daher die Menschen mehr zuhause essen, sich also entsprechend mit Lebensmitteln eindecken müssen. Dies alles hat den Händlern gemeinsam mit den Herstellern dieses Jahr sehr gute Umsätze beschert.

PRODUKT: Die Markenartikelbranche berichtet, dass gerade in der ersten Phase der Corona-Krise die Zusammenarbeit mit dem Handel exzellent funktioniert hat. Kann man aus der Krise Positives mitnehmen?
Drexel: Wir haben gelernt, dass wir uns auch – wenn es hart auf hart kommt – aufeinander verlassen können, um unser aller Ziel, nämlich die Konsumenten zu versorgen, zu erreichen. Jeder ist Profi in seinem Bereich, die Hersteller kümmern sich um die Erzeugung von benötigten Produkten und wir sorgen dafür, dass sie zur rechten Zeit im Regal für die Kunden bereit liegen. Wichtig dabei ist, dass die Schnittstellen, wie zum Beispiel die Anlieferung in unsere Großhandels-Lagerhäuser, in diesem Ablauf reibungslos funktionieren und da ist zwar schon viel erreicht worden, aber wir haben auch gelernt, dass es schon noch immer Verbesserungspotenzial gibt.

PRODUKT: Spar hat in diesem außergewöhnlichen Jahr die Marktführerschaft übernommen. Was haben Sie aus Ihrer Sicht richtig gemacht – während der Krise, aber auch schon davor?
Drexel: Dem Weg zur Marktführerschaft geht meist eine jahrelange Themenführerschaft voraus und das gelingt nur durch eine kompromisslose Kundenorientierung. Für uns war es immer wichtig, die Anliegen der Konsumenten zu verinnerlichen und entsprechend zu handeln, sei es bei der Zusammenstellung des Sortiments, der Gestaltung der Märkte, dem Anbieten von Serviceleistungen oder durch Besetzung von Themen im gesellschaftspolitischen Kontext.

PRODUKT: Die ÖsterreicherInnen scheinen aktuell vermehrt einen starken Wunsch nach regionalen Produkten, Nachhaltigkeit und Bio-Produkten, aber gleichzeitig auch eine hohe Preissensibilität zu haben. Wie nehmen Sie das wahr?
Drexel: Der moderne Konsument ist facettenreich, lässt sich schwer einordnen und kategorisieren. Er hat ein breites Bündel an Bedürfnissen wie etwa: Bio, Regionalität, Nachhaltigkeit, gesunde Ernährung, Convenience, Premium und immer auch das Bedürfnis nach Preisgünstigkeit. Das ist grundsätzlich so und ändert sich auch während der Pandemie nicht, wie sich herausstellt: Die Menschen möchten durch regionale Produkte Sicherheit gewinnen – Stichwort: wissen, wo es herkommt. Mit Premium-Produkten möchten sie sich in schweren Zeiten fürs Durchhalten belohnen und supergünstige Produkte helfen beim Einteilen des Haushaltsbudgets.

PRODUKT: Welchen Stellenwert haben Markenartikel – gerade auch vor dem Hintergrund der Pandemie – bei Spar? Und welche Rolle sollen diese in Zukunft bei Ihnen einnehmen?
Drexel: Herstellermarken sind und bleiben ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Sortiments. Es geht um ein inspirierendes Nebeneinander von Hersteller- und Handelsmarken.

PRODUKT: Viel diskutiert dieser Tage: das Einwegpfand bzw. Pfandsysteme generell – Ihre Meinung und Ihr Ausblick dazu?
Drexel: Sollte das Zwangspfand tatsächlich beschlossen werden, gäbe es nur Verlierer: Die Konsumenten, die einen Doppelaufwand haben, weil sie den einen Kunststoff in eine Tonne oder gelben Sack geben müssen und andererseits die Flaschen wieder zurück in den Supermarkt tragen müssen. Die Lebensmittelhändler, die sämtliche zurückgebrachte und gebrauchte Flaschen pressen müssten und dann durch die auslaufende Flüssigkeit ein Hygieneproblem bekommen. Und letztlich die Umwelt, weil das vorbildliche österreichische Sammelsystem, um das uns ganz Europa beneidet, durch den Aufbau eines unnötigen Parallelsystems auf Dauer beschädigt werden würde.

PRODUKT: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!