Auch wenn es für einige immer noch eine Überraschung sein mag, der Alkoholkonsum geht weltweit und seit Jahren stetig zurück. Insbesondere die junge Generation verzichtet immer öfter auf Cocktails, Wein und Co., greift gerne auch mal zu alkoholfreien Drinks oder wählt Getränke, die nur leicht alkoholisch sind. Dabei geht es selten um eine dauerhafte Abstinenz und den totalen Verzicht, sondern oft um ein bewusstes „Weniger“ oder auch eine geplante „Alkohol-Auszeit“ (etwa im Dry January) mit dem Gedanken, dass man sich regenerieren und seine Gesundheit im Blick behalten möchte. Dieses Retourschalten ist dabei immer seltener ein Grund, zuhause zu bleiben, während die anderen feiern. Aber es ist ein driftiger Grund, bei der Feier, in der Bar oder im Restaurant nach Angeboten Ausschau zu halten, die auch ohne Alkohol Freude machen – und die geschmacklich sowie optisch mit alkoholischen Getränken mithalten können. Stark zuckerhaltige Limonaden in einem einfachen Glas serviert erfüllen dieses Bedürfnis jedenfalls nicht. Was gesucht wird, sind echte Alternativen. Das bemerkt jedenfalls auch die Spirituosen-, Bier-, Wein- und Schaumwein-Industrie, die längst in den Startlöchern steht, um allen, für die weniger gerade mehr ist, spannende Drinks zu servieren.
Freie Entscheidung
Anziehend.
Bei Henkell-Freixenet, dem Dach für Marken wie „Henkell“-Sekt, „Mionetto“-Prosecco und „Freixenet“-Cava, hat man z.B. schon früh reagiert. Philipp Gattermayer, GF Österreich: „Wir haben diesen Trend bereits 2015 erkannt und gestalten seither maßgeblich die Entwicklung dieses wachsenden Segments.“ Seit 2015 gibt es „Henkell“-Sekt auch in einer alkoholfreien Variante, und gerade aktuell wurden „Mionetto 0.0%“ sowie „Freixenet 0.0%“ gelauncht. Gattermayer: „Weltweit ist der Konsum von alkoholfreiem Schaumwein um 12% gestiegen. Und auch in Österreich verzeichnet das Segment im Einzelhandel ein beeindruckendes Wachstum von 7,1%.“ Diese Entwicklung ist für den Schaumwein-Experten Grund genug, nicht nur Prosecco ohne Alkohol, sondern bald auch den neuen bittersüßen, orangefarbigen „Mionetto Aperitivo“, der perfekt für einen alkoholfreien Spritz geeignet ist, einzuführen.
Kultstatus.
Bereits seit 1965 am italienischen Markt erhältlich, ist „Crodino“, ein alkoholfreier, italienischer Aperitif im Portfolio von Campari. „Crodino“ ist der führende alkoholfreie Aperitif in Italien und auch in anderen Ländern wie bei uns in Österreich oder in der Schweiz und Deutschland ist er bereits gut etabliert. „Crodino“ in den Varianten „Biondo“ und „Rosso“ kann einfach in einem großen Weinglas mit einem Schuss Soda und reichlich Eis als perfekte alkoholfreie Alternative zum beliebten „Aperol“- oder „Campari“-Spritz serviert werden. Ab sofort ist er übrigens in einem neuen Packaging mit überarbeitetem Design erhältlich.
Überwältigt.
Während entalkoholisiertes Bier längst gang und gäbe in der Gastronomie ist, ist Wein ohne Promille eine echte Seltenheit. Allerdings dürfte sich das in näherer Zukunft ändern, denn auch hier berichten die Hersteller von einem großen Interesse. Gerhard J. Lobner, Weingutsleiter Mayer am Pfarrplatz: „Der internationale Trend zu No & Low-Drinks ist ungebrochen, lässt die Nachfrage nach alkoholfreien Weinen weiter steigen und ist auch in Österreich angekommen.“ Der Zuspruch nach den entsprechenden „Mayer am Pfarrplatz“-Produkten ist sogar derart groß, dass „wir derzeit“, so Lobner, „kaum mit der Produktion nachkommen.“ Das Sortiment wurde erst kürzlich um zwei Neuzugänge erweitert. Neben „Mayer Alkoholfrei“ sind nun auch „Mayer Alkoholfrei Riesling“ und „Mayer Alkoholfrei Prickelnd“ erhältlich.
Nüchterner Spirit.
Die geschmacklich wohl größte Challenge ist es, hochprozentige Spirituosen wie Gin oder Whisky ganz ohne Alkohol so anzubieten, dass sie dennoch dem Original nahekommen. Eugen Lamprecht, GF Schlumberger/Top Spirit, hält aber fest: „In den letzten Jahren haben sich der Markt und die Qualität so weiterentwickelt, dass alkoholfreie Spirituosen eine echte Alternative geworden sind.“ Im Hause Schlumberger bzw. der Tochter Top Spirit findet man neben erfolgreichen alkoholfreien Schaumweinen wie „Hochriegl Rosé alkoholfrei“ auch die Marke „Undone“. Dieses Sortiment bietet eine breite Auswahl für alle Gastronom:innen, die Drinks frei von Alkohol kreieren möchten. Als einfachsten Einstieg präsentiert sich auch hier ein orangefarbener alkoholfreier Aperitif, nämlich „Undone Number 5 – This is not italian Apero“.
Fortgeschritten.
Seit 2023 vertreibt Kattus-Borco das Portfolio des Schweizer Start-ups Rebels 0.0% in Österreich. Darin enthalten sind alkoholfreie Alternativen wie „Dark Spice“, „Botanical Dry“ oder „Dolce Spritz“. GF Andreas Ruhland ist mit ihrer Entwicklung sehr zufrieden: „Die Produkte werden sehr gut angenommen und wir verzeichnen ein stetiges Wachstum. Führende Bars berichten, dass bis zu 20% der Drinks an Wochenenden bereits auf alkoholfreie Alternativen entfallen und auch das direkte Feedback der Konsument:innen ist sehr positiv. Wir erkennen bei alkoholfreien Getränken keinen kurzfristigen Hype, sondern einen langfristigen Trend.“ Für Ruhland ist daher auch klar, dass Gastronom:innen verstärkt auf das Thema reagieren sollten: „Aufgrund der hohen Nachfrage ist es absolut empfehlenswert, No- und Low-Alcohol-Getränke prominent auf der Karte zu präsentieren. Lokale signalisieren damit, dass sie Vorreiter bei der Wahrnehmung von Konsument:innenbedürfnissen sind und sich innovativ mit neuen Produkten auseinandersetzen.“
SPRITZIG
Gerade Spritz-Varianten oder auch Drinks mit alkoholfreien Fillern eignen sich perfekt für ein alkoholreduziertes Angebot auf der Karte. Über den Vertrieb von Kattus-Borco ist mit dem „Select Aperitivo“ ein Produkt erhältlich, das perfekt in dieses Thema passt. Julia Heiduk, Brand Manager: „‚Select Aperitivo‘ eignet sich mit seiner vielseitigen Anwendung als optimale alkoholreduzierte Alternative z.B. als Spritz-Variante oder auch mit alkoholfreien Fillern wie Grapefruit-Limonade oder Tonic gemixt, um den Alkoholgehalt noch weiter zu reduzieren.
Ergänzend.
Was ist bei alkoholfreien Drinks generell zu bedenken?
Alkohol ist nicht nur Lösungsmittel, sondern auch Transporteur für Aromen und wirkt sich darüber hinaus besonders auf das Mundgefühl aus. So sind ein leichtes Brennen, Wärmegefühl sowie eine angenehme Mundfülle Empfindungen, die oft mit alkoholischen Drinks assoziiert werden und bis vor kurzem in alkoholfreien Drinks gefehlt haben. Deshalb liegt eine der größten Herausforderungen darin, diese sensorischen Eindrücke in Drinks frei von Alkohol zu imitieren oder für „neue Reize“ zu sorgen. Schärfe, Temperatur, Kohlensäure, Adstringenz oder eine veränderte Textur spielen eine entscheidende Rolle dabei. Es sollte mehr darum gehen, nicht das „Lieblingsgetränk“ zu imitieren oder zu ersetzen, sondern ein Getränk anzubieten, das eine mindestens ebenbürtige Aromen-Welt versprüht, nur eben frei von Alkohol.
Viele sind dem Thema gegenüber recht skeptisch – wie sehen Sie das?
Das Spannungsfeld zwischen Alkohol und NoLo sollte so schnell wie möglich aufgelöst werden. Es wird Zeit, zu verstehen und zu akzeptieren, dass es sich bei dieser Bewegung nicht um militante Antialkoholiker:innen dreht. Keiner will jemandem etwas verbieten. Es ist keine Gegenveranstaltung zu Alkohol, sondern das längst überfällige Upgrade und Update des gesamten alkoholfreien Segmentes.
Dies scheint derzeit einer der schwierigsten Schritte zu sein. Zusätzlich fehlt es noch an allen Ecken und Enden an Sichtbarkeit und Verfügbarkeit der Produkte.