Kreislaufprobleme

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Plastik ist ja eigentlich toll. Es ist leicht, flexibel, lange haltbar, unempfindlich gegen Feuchtigkeit und auch noch relativ günstig. Und dennoch ist die Vermeidung bzw. sinnvolle Einsetzung von Kunststoff zu einem der wichtigsten Themen der FMCG-Branche geworden. Wir haben versucht, uns einen Überblick zu verschaffen, was im Nonfood-Bereich schon getan wird – und noch getan werden muss.

Die zahlreichen Vorteile, die Plastik als Verpackungsmaterial zweifelsohne bietet, werden derzeit von den negativen Assoziationen klar überschattet. Bilder von Plastik im Meer und der spürbare Klimawandel aufgrund von CO2-Emissionen haben das Bewusstsein dafür, dass beim Einsatz von Kunststoff Zurückhaltung angesagt ist, massiv geschärft. Dem Horror-Szenario, dass 2050 mehr Plastik im Meer schwimmen soll als Fische, begegnete die EU letztes Jahr mit ihrer Plastik-Strategie und von der FMCG-Branche wird diese durch unterschiedliche Selbstverpflichtungen ergänzt. Das gemeinsame Ziel ist klar: Kunststoffabfälle sollen reduziert werden. Und dies geht nun mal nur durch Materialreduktion, Recycling oder Wiederverwendung. Während Materialreduktion vergleichsweise einfach durch den Verpackungshersteller umzusetzen ist (die Betonung liegt hier ganz klar auf vergleichsweise), ist bei den Punkten Recycling und Wiederverwendung das gesamte System betroffen. Um Verpackungen wiederverwerten zu können, muss der Verwender darauf achten, Kunststoff möglichst reinsortig einzusetzen, da Mischungen den Recycling-Prozess erschweren bzw. gar unmöglich machen. Das macht aber nur dann Sinn, wenn auch die nötige Infrastruktur vorhanden ist, die das „Im Kreislauf halten“ des Materials überhaupt erst ermöglicht. Bei PET funktioniert das hierzulande schon sehr gut. Die Österreicher sammeln etwa Getränkeflaschen relativ zuverlässig im gelben Sack bzw. in der gelben Tonne, wodurch sie wieder eingeschmolzen, zu sog. Re-Granulat und anschließend zu neuen Flaschen verarbeitet werden können. Im Nonfood-Bereich sind intensive Anstrengungen im Gange, nicht nur die Getränkeflaschen, sondern auch die weiteren PET-Verpackungen optimal wiederzuverwerten.

Hinkt.

Aber auch andere gängige Kunststoffe, z.B. Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE), wie sie etwa für Waschmittel, Reiniger oder Kosmetikprodukte oft verwendet werden, können aus technischer Sicht sehr gut recycelt werden. Eine aktuelle Studie des Kunststoff-Verpackungsherstellers Alpla stellt insbesondere PP-Pouches (also Nachfüllpackungen) ein gutes Zeugnis aus. PET- und HDPE-Flaschen sind lt. besagter Studie (bei gleichem Recyclatanteil) in Sachen Klima-Auswirkungen etwa gleichauf. Allerdings hinken in diesem Bereich das Bewusstsein der Konsumenten sowie die Recycling-Infrastruktur den technischen Möglichkeiten noch etwas hinterher. Sprich: Duschgelflaschen etwa werden – oft auch mangels besseren Wissens – nicht immer der Wiederverwertung zugeführt, was aber auch an den innerhalb Österreichs je nach Region sehr unterschiedlichen Sammel-Gebräuchlichkeiten liegt. Vielerorts wird Plastikmüll auch weiterhin thermisch verwertet, sprich verbrannt und somit zur Wärmegewinnung verwendet. Was ja auch eine Möglichkeit ist, den Müll sinnvoll einzusetzen. Doch zurück zum Thema: Die FMCG-Hersteller sind derzeit, was die Optimierung ihrer Verpackungen angeht, regelrecht in Aufbruchstimmung. 

Erneuert.

So hat etwa Henkel seine Verpackungs-Strategie im Jahr 2018 erneuert und setzt nun an verschiedenen Punkten an. Auf dem Plan stehen Vorhaben wie: vermehrter Einsatz von nachhaltigen Stoffen, bestehende Verpackungen recyceln bzw. in die Natur zurückführen (kompostieren), Verpackungsmaterial reduzieren, wo es möglich ist u.v.m. In die Tat umgesetzt heißt das beispielsweise folgendes: 100% des Papiers und Kartonmaterials stammen aus recyceltem Material bzw. aus nachhaltiger Forstwirtschaft. 100% der Verpackungen werden bis 2025 recycelbar, wiederverwendbar oder kompostierbar sein. Ebenfalls bis 2025 soll für Konsumgüterprodukte in Europa 35% recycelter Kunststoff zum Einsatz kommen. Je nach Marke bzw. Gebinde ist man dabei unterschiedlich weit: Die Flaschenkörper von „Clin Pro Nature“, „Silan Premium“ und „Somat Klarspüler“ beispielsweise werden schon heute aus 100% recyceltem Plastik gefertigt.

Umgestellt.

Auch Unilever hat sich zu nachhaltigeren Verpackungen verpflichtet: Bis 2025 sollen mind. 25% recycelte Kunststoffe in den Verpackungen der Marken des Unternehmens verwendet werden, wobei dieses Ziel je nach Bereich bereits jetzt weit übertroffen wird. So wurde etwa die Flasche des „Comfort Intense“-Weichspülers bereits auf 100% Recycling-Kunststoff umgestellt. Auch bei der ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichteten neuen Linie „Love, Beauty & Planet“ kommt ausschließlich wiederverwertetes Plastik zum Einsatz. Dass Material-Reduktion auch auf anderen Wegen erreicht werden kann, bewies Unilever außerdem durch die Einführung eines Ultrakonzentrats im Weichspüler-Bereich. Durch die Verdichtung der Inhaltsstoffe kommt man mit kleineren Gebinden, weniger Wasser und weniger CO2-Ausstoß aus. Ein weiteres spannendes Beispiel für Verbesserungen im Kunststoffbereich gibt es von „Axe“ zu berichten. Bisher waren die Sortier-Anlagen nicht imstande, schwarze Kunststoff-Verpackungen als solche zu erkennen, da die schwarze Farbe kein Licht reflektiert. Dank der Entwicklung eines neuen Pigments ist das aber ab sofort möglich, wodurch die „Axe“-Flaschen identifiziert und recycelt werden können. Das Wissen um diese Technologie will Unilever übrigens als Open-Source zur Verfügung stellen.

Zeit drängt.

„Kunststoffabfälle sind eine komplexe und globale Herausforderung, die schnelles Handeln erfordert“, ist Björn Sievers, Corporate Communications bei Procter & Gamble, überzeugt. Das Unternehmen hat seine Nachhaltigkeitsziele letztes Jahr in die sog. „Ambition 2030“ gegossen. Bis zu diesem Jahr sollen 100% der Verpackungen recyclingfähig oder wiederverwendbar sein. Viele sind es heute schon, wie z.B. von „Ariel“, „Fairy“ oder „Head & Shoulders“. Besonderen Wert hat man darauf gelegt, die richtige Entsorgung für alle Beteiligten praktikabel zu machen. So können etwa die Sleeves von den PET-Flaschen leicht abgetrennt und somit separat entsorgt werden.

Verpflichtet.

Gute Vorsätze bekundet auch RB: Die Selbstverpflichtung des Unternehmens sieht vor, dass bis 2025 mind. 25% des verwendeten Plastiks aus recyceltem Kunststoff bestehen. Außerdem sollen sämtliche Verpackungen zu 100% recycel- oder wiederverwendbar sein. Mit „Finish 0%“ lancierte man in Deutschland bereits MGSM-Tabs im recycelbaren, vollständig aus sortenreinem PE-Kunststoff gefertigten Standbodenbeutel. Der Launch in Österreich ist für 2020 geplant. Außerdem hat RB die Sprühköpfe aller Produkte derart verkleinert, dass der Plastikverbrauch weltweit um 570 Tonnen reduziert wurde.

Korkt.

Um Kunststoffabfall zu vermeiden, hat auch Kneipp unterschiedliche Ansätze: Zum einen kommt bei den Flaschen der „Kneipp Wirkduschen“ 100% rePET zum Einsatz. „Es geht uns aber auch darum, neue nachhaltige Materialien für Verpackungen zu finden“, schildert Head of Packaging Philipp Keil. Bei den „Kneipp“-Lippenpflege-Produkten ersetzt Kork bereits einen beträchtlichen Teil des sonst für die Hülse nötigen Kunststoffs.

Vorreiter.

Bei der Öko-Marke „Frosch” spielt Nachhaltigkeit im Packaging-Bereich natürlich seit jeher eine große Rolle. Schon seit 2012 bestehen deshalb alle PET-Flaschen aus 100% Recyclat. Und man rechnet damit, dass dieses Thema weiter an Bedeutung gewinnen wird, wie Erdal-GF Franz Studener ausführt: „Derzeit ist Plastik das Thema Nr. 1 in der Branche und wir sind überzeugt, dass es uns über die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte begleiten wird.“

Neutral.

Auch „Claro“ ist ja seit jeher grün positioniert und verpackt etwa seine MGSM-Tabs anstelle von Plastikbeuteln in Kartonagen, die aus Recycling-Material bestehen. Bei der Linie „claro 100%“ setzt man sogar auf 50% Graskarton, wodurch die Hälfte an CO2 eingespart wird. Und bei den „claro“-Klarspülern und -Handspülmitteln kommt 100% Recycling-PET zum Einsatz. „Allerdings“, so Marketingleiterin Natalie Kastenhuber, „ist die Verwendung von Recyclat bestimmt noch lange nicht die Lösung der großen Umweltprobleme.“

Potential.

In der Tat ist Kunststoff ja ein relativ junges Material und demzufolge gibt es bei den Recyclingtechnologien noch jede Menge Entwicklungspotential. Björn Sievers von P&G ortet ebenfalls noch Handlungsbedarf: „Grundsätzlich sollte die Anzahl der verwendeten Kunststoffarten reduziert und diese nur sortenrein eingesetzt werden.“ Claudia Bach, Unternehmenskommunikation RB, findet: „Eine umfassende Aufklärung der Konsumenten, z.B. durch Informationskampagnen, ist notwendig, um das Bewusstsein für die getrennte Sammlung zu schärfen – leider gibt es derzeit noch eine hohe Rate von Fehlwürfen.“ Erich Schlenz, Head of Packaging Implementation CEE bei Henkel, ist aber überzeugt, dass sich hier in den nächsten Jahren noch viel tun wird: „Mit Papier waren wir vor 20 Jahren dort, wo wir bei Kunststoff heute sind.“ Um die Entwicklung in die richtige Richtung weiter voranzutreiben, sei es aber laut Schlenz essentiell, dass nicht jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht. „Es bedarf umfangreicher Kooperationen in der Wertschöpfungskette. Alleine kann es niemand schaffen, den Recycling-Kreislauf zu schließen.“