Sprengseis: Die Evolution der letzten drei Jahrzehnte ist sehr einfach zusammengefasst: Das Bargeld war vorherrschend, die Karte hat langsam in Österreich Einzug gehalten – mit kontaktlosem Bezahlen waren der Erfolg und die Durchdringung enorm. Seit ca. 5 Jahren geht man weg von der Karte auf das Handy. Warum? Weil die Vorteile für Händler:innen und Konsument:innen am Mobiltelefon naheliegend sind. Hier ist der einzige Platz, wo österreichische Händler:innen mit Endkund:innen kommunizieren können, außer persönlich an der Kassa. Ich denke aber, es wird immer eine Vielfalt von Zahlungsmedien angeboten werden. Die Sorge über die Abschaffung des einen oder anderen Formfaktors ist unbegründet.
Kraft-Kinz: Natürlich hat sich die Bezahlung in den letzten Jahren durch Digitalisierung und neue Technologien stark verändert. Bankomat- und Kreditkarten und mittlerweile auch kontaktloses Bezahlen sind nicht mehr wegzudenken. Aber: Das Bargeld war, ist und bleibt höchstwahrscheinlich auch noch einige Zeit die beliebteste Bezahlart der Österreicher:innen. Die Zahlungsgewohnheiten in Österreich sind eine Mischung aus traditionellen und modernen Bezahlarten – die Vielfalt macht es aus.
PRODUKT: Warum ist es für Händler wichtig, unterschiedliche Bezahlmöglichkeiten und auch Innovationen früh anzubieten?
Kraft-Kinz: Das Bezahlverhalten der Konsument:innen in Europa verändert sich. Wenn Händler:innen nicht in der Lage sind, mit diesen Veränderungen Schritt zu halten, in diesen Veränderungen die Chancen zu erkennen und moderne Zahlungsmethoden anzubieten, laufen sie Gefahr, ihre Kund:innen zu verlieren. Veränderung bedeutet Chancen. Mit dem Know-how, das es zu modernen Zahlungsmethoden gibt, kann viel Potenzial aus diesen Veränderungen geschöpft werden.
Sprengseis: Digitale Identität im Handel, um Produkte mit Altersmerkmalen wie Reisetickets oder Genussmittel reguliert kaufen zu können. Weiters große Apps, die viele Services bündeln und für Endkund:innen leicht zu bedienen sind – sogenannte Super-Apps.
Kraft-Kinz: Ich bin davon überzeugt, dass sogenannte Super-Apps, die verschiedene Services bündeln, bald nicht mehr wegzudenken sind. Sie sind eine gute Möglichkeit, das digitale Leben zu vereinfachen, und helfen so beim Zeitsparen. Weiters kaufen mehr und mehr Menschen – auch in Österreich – digital und online. Da gibt es unheimlich viel Potenzial für die Händler:innen und die Payment-Landschaft.
PRODUKT: Sag mir, wie du bezahlst & ich sag dir, wer du bist: Gibt es typische Unterschiede in den Zielgruppen?
Sprengseis: Ja. Witzigerweise den Stereotypen entsprechend. Aber es wird immer breiter jedes Jahr. Vor allem die Smartphone-Zahlung wandert in höhere Altersgruppen.
Kraft-Kinz: Im Vor-Ort-Geschäft gibt es gerade im Vergleich Stadt vs. Land signifikante Unterschiede. Digitale Zahlungsmethoden werden im städtischen Raum natürlich gut genutzt, weil das Angebot da ist. Im ländlichen Raum ist das Bargeld ganz groß, da die Infrastruktur für Bezahlung mit Karten oder kontaktlos noch nicht so weit fortgeschritten ist. Hier schlummert viel Potenzial.
PRODUKT: Was tut sich an den virtuellen Kassen – also in den Online-Shops der Händler – wie wird hier bezahlt & was ist zu erwarten?
Sprengseis: Hier werden wir die Ausbreitung neuer Bezahlformen sehen, die unter dem Begriff Instant Payments oder „Request to Pay“ stattfinden. Weiters werden wir auch sehen, dass Menschen mit Bargeld online zahlen können, da dies immer wichtiger wird, auch im öffentlichen Sektor.
Kraft-Kinz: Besonders im Online-Shopping entwickeln sich rasch neue Trends und Möglichkeiten, die sich oftmals auch schnell durchsetzen – siehe PayPal, digitale Wallets, „Buy now, pay later“. Instant Payment wird künftig eine wichtige Rolle spielen. Nicht zu vergessen ist das Sicherheitsthema. Fortschritte in der Authentifizierung werden dazu beitragen, die Sicherheit von Transaktionen im World Wide Web zu erhöhen.
PRODUKT: Was ist der digitale Euro? Ziel, Relevanz, Idee & Bedeutung in der (zukünftigen) Praxis?
Sprengseis: Worum geht es: Der digitale Euro soll Bargeld zukünftig erweitern, damit ich dieses auch im E-Commerce einsetzen kann. In einem demokratischen Wirtschaftsraum gibt es hier eine Vielfalt an neuen Möglichkeiten. Das Ziel muss jedoch sein, den Bankensektor damit auch einzubeziehen und zu stärken, da darauf unsere Wirtschaft beruht. Wenn wir hier ein gemeinsames positives Zielmodell schaffen für alle Beteiligten, und da blicke ich Richtung EZB und Nationalbanken, dann ist das sicherlich ein Fortschritt. Was ich kritisch beobachte, ist die Bündelung von Kompetenzen an zentraler Stelle.
Kraft-Kinz: Die Einführung des Digitalen Euros ist ein wichtiger Schritt, wenn es um finanzielle Inklusion geht. Digitale Währungen ganz allgemein verbessern für Menschen, die bisher keinen Zugang zu traditionellen Bankkonten hatten, den Zugang zu finanziellen Dienstleistungen. Wir bei P19 halten ihn für eine wichtige Entwicklung, die Europas Zahlungsverkehr inklusiver, diverser und auch resilienter machen kann.
PRODUKT: Und wie sehen Sie die Zukunft von Bargeld?
Kraft-Kinz: Das Schöne ist die Vielfalt. Egal, ob Digitaler Euro oder nicht: Das Bargeld ist und bleibt wichtig.
PRODUKT: Vielen Dank für das Gespräch!