Kakaobäume vertragen eine Vielzahl von Bodenarten, sind aber anfällig für Wassermangel. Die Niederschläge sollten reichlich und gleichmäßig über das Jahr verteilt sein. Trockenperioden sollten nicht länger als drei Monate dauern“, schildert Kim Smet, GF Mars Austria, jene Bedingungen, unter denen Kakao gut gedeiht. Die Hauptanbaugebiete befinden sich deshalb in Ländern nahe des Äquators – dem sog. Kakaogürtel. Aus Ghana und der Elfenbeinküste stammen fast zwei Drittel der weltweiten Kakaomengen, aber auch Indonesien, Nicaragua, Ecuador, Brasilien, Peru, Papua Neu Guinea, die Dominikanische Republik, Mexiko und Madagaskar sind typische Anbauländer und der Kakao ein entsprechend wichtiger Wirtschaftsfaktor. Bei Lindt schätzt man etwa, dass der Kakaoanbau in Ghana fast 1 Mio. Haushalten eine Lebensgrundlage ermöglicht. Nun sind aber genau jene Länder, die traditionell Kakao kultivieren, von starker Armut betroffen – und dies stellt nicht nur die direkt vor Ort betroffenen Familien vor Herausforderungen, sondern auch jene Hersteller, die aus den Kakaobohnen schließlich „unsere“ Schoko machen. Dabei geht es einerseits natürlich um ein sauberes Image, schließlich will niemand Schokolade essen, bei der Kinderarbeit im Spiel war. Wenn das Geld knapp ist, fehlen einem als Kakaobauer bzw. -bäuerin aber auch die Möglichkeiten, in die eigene Plantage zu investieren, um sie etwa fit für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen. Denn dieser zeigt natürlich längst auch auf den Kakaoplantagen seine Folgen: „Erträge gehen zurück, Krankheiten breiten sich aus und die Anbauflächen verlagern sich“, weiß Karin Steinhart, Leiterin Unternehmenskommunikation Manner. „Die Produktivität nimmt z.B. aufgrund fehlender Niederschläge weiter ab, sodass immer neue Flächen für den Kakaoanbau erschlossen werden“, meint Wolfgang Stöhr, Ritter Sport.
Und diese schwierige Gesamtsituation macht den Beruf des Landwirts gerade in genannten Ländern natürlich nicht wirklich attraktiv. Kurz: Es muss einiges getan werden, damit wir auch in Zukunft genug Kakao beziehen können. Den Herstellern ist dies selbstverständlich bewusst. Christine Benesch, Corporate & Government Affairs Manager DACH bei Mondelez: „Wenn wir nicht handeln, könnten die derzeitigen Kakaoanbaugebiete innerhalb der nächsten 30 Jahre möglicherweise nicht mehr für den Kakaoanbau geeignet sein.“ Die großen Brands haben deshalb längst unterschiedliche Ansätze und Programme ins Leben gerufen, mit denen sie die Bedingungen vor Ort verbessern möchten (siehe Kasten rechts). Dabei geht es einerseits um faire Einkaufspreise, andererseits um Unterstützung für die Dorfgemeinschaft und auch ganz konkrete Hilfestellungen in der Landwirtschaft. So schildert etwa Ritter Sport-GF Wolfgang Stöhr: „An der Côte d´Ivoire haben wir über 50.000 Schattenbaumsetzlinge an die Bäuerinnen und Bauern verteilt. Das Nebeneinander von Kakao- und Schattenbäumen schützt den Kakao vor zu viel Sonneneinstrahlung, verbessert das Mikroklima sowie die Artenvielfalt auf der Plantage und schafft zusätzliche Einkommensmöglichkeiten, z.B. durch späteren Holzverkauf.“ Bei Nestlé treibt man dies ebenfalls voran: „Im Rahmen des Nestlé Cocoa Plans haben wir weltweit bereits rund 1,5 Mio. Wald- und Obstbäume verteilt“, berichtet Florian Stahrl, Business Manager Confectionery. Die bestehenden Plantagen etwa durch Bepflanzung mit Schattenbäumen, jüngeren Kakaobäumen und zunehmend auch neuen resistenteren Züchtungen zukunftsfit zu machen, ist u.a. wichtig, um gegen die zunehmende Entwaldung vorzugehen.
Doch wie so oft ist auch im Kakaoanbau Geduld gefragt: Es dauert drei bis fünf Jahre, bis ein Kakaobaum erste Früchte trägt. Und: „Der Kakaobaum an sich ist nicht besonders pflegeleicht“, weiß Ritter Sport Österreich-GF Wolfgang Stöhr. Die Bäume können bis zu 100 Jahre alt werden. „Allerdings“, so Mars-GF Kim Smet, „lässt die Produktivität mit höherem Alter nach.“ Geerntet wird zweimal im Jahr. Nachdem die Schoten abgeschnitten wurden, werden sie händisch geöffnet, um an die Bohnen zu gelangen. „Diese werden dann direkt auf der Farm oder im Dorf zu Haufen aufgeschichtet, mit Matten oder Bananenblättern bedeckt und fermentiert sowie getrocknet, um anschließend gereinigt in Säcken vermarktet zu werden“, schildert Kim Smet. Die Struktur und Länge der folgenden Lieferkette kann dann ganz unterschiedlich ausfallen. Smet: „Manchmal werden die Kakaobohnen von Genossenschaften direkt an Exporteure verkauft oder sogar direkt exportiert. Die direkte Beschaffung verbessert die Rückverfolgbarkeit, die Nähe, das Vertrauen und die Effizienz in der Lieferkette.“
Dass sich die Markenartikler über die Herkunft „ihres“ Kakaos eine Menge Gedanken machen, sollen natürlich auch die Verbraucher:innen wissen, denn: „Im Kontakt mit unseren Konsument:innen stellen wir fest, dass nachhaltige Kaufentscheidungen einen immer höheren Stellenwert bekommen“, berichtet Karin Steinhart, Leiterin Unternehmenskommunikation bei Manner. So wird von Manner natürlich auch direkt auf den Produkten über die Partnerschaft mit Fairtrade und den Einsatz von 100% zertifiziert nachhaltigem Kakao informiert. Auch Lindt weist auf allen Produkten, bei denen Kakaobohnen aus dem Lindt & Sprüngli Farming Program (siehe Kasten unten) zum Einsatz kommen, darauf hin. Bei Ritter Sport berichtet man uns: „Das Thema nachhaltiger Kakao ist mit dem Relaunch vor rund zwölf Monaten komplett in den Fokus unserer Kommunikation in Richtung Endkonsument:innen gerückt“, so GF Wolfgang Stöhr. Seitdem wird auf den „Ritter Sport“-Tafeln verstärkt auf den nachhaltigen Kakaobezug hingewiesen, denn, so Stöhr: „Für drei Viertel der Österreicher:innen erleichtert ein Siegel auf der Verpackung, das auf zertifizierten Kakao hinweist, die Kaufentscheidung.“ Bei Nestlé wird deshalb das Nestlé Cocoa Plan-Logo auf den Schokolade-Produkten abgebildet. Nächstes Jahr steht erstmals eine PoS-Kampagne (Motto: „Breaks for good“) im Zeichen nachhaltiger Kakaobeschaffung. Mars plant ebenfalls für 2024 eine dahingehende Änderung: Dann soll nämlich ein neues Kakaologo darauf aufmerksam machen, dass der in Europa verarbeitete Kakao zu 100% aus verantwortungsvollem Anbau stammt. Und auch Mondelez macht aus seinen Aktivitäten natürlich kein Geheimnis. Benesch: „Unser Nachhaltigkeitsprogramm ist auf allen ‚Milka‘-Tafeln für Konsument:innen deutlich sichtbar mittels Logo auf der Vorderseits der Verpackung abgebildet.“
Die Markenartikler begegnen der Herausforderung einer nachhaltigen Kakaobeschaffung unterschiedlich – hier sind einige exemplarische Ansätze:
NESTLÉ setzt auf den Nestlé Cocoa Plan und Zertifizierung durch Rainforest Alliance. Derzeit werden 68% des Kakaos über den Nestlé Cocoa Plan beschafft: Ziel: 100% bis 2025. 2022 wurde das Income Accelerator Program ins Leben gerufen, das Bargeld-Anreize (z.B. für den Schulbesuch von Kindern oder das Anpflanzen von Schattenbäumen) bietet.
MONDELEZ bezieht in Europa seit 2019 100% des Kakaos aus dem unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsprogramm Cocoa Life, das die Bäuer:innen unterstützt Wissen und Fertigkeiten zu erwerben, um den Lebensunterhalt zu verbessern und Gemeinden zu stärken. Ziel: 100% weltweit bis 2025.
MARS hat 2018 sein Kakaoprogramm Cocoa For Generations neu aufgestellt und 1 Mrd. US-$ in die Lieferkette investiert. Seit 2023 ist 100% des Kakaos, der für die Werke in Europa eingekauft wird, als „verantwortungsvoll bezogener Kakao“ verifiziert.
LINDT hat 2008 das Lindt & Sprüngli Farming Program ins Leben gerufen, das auf Rückverfolgbarkeit, Schulung der Bauern/Bäuerinnen, Investitionen für Landwirt:innen und ihre Gemeinschaften sowie unabhängige Verifizierung aufbaut.
RITTER SPORT hat mit El Cacao eine eigene Kakao-Farm in Nicaragua. Von 2.500 Hektar wird die Hälfte für den Kakao-Anbau genützt, der Rest sind Wald- und Feuchtgebiete, die erhalten und geschützt werden. El Cacao ist klimapositiv. Seit 2018 bezieht man ausschließlich zertifiziert nachhaltigen Kakao.
MANNER verwendet seit 2020 100% nachhaltig zertifizierten Kakao, Produkte wie die „Manner“-Waffeln und -Schnittenprodukte, die „Casali Schoko Bananen“-Range, die „Victor Schmidt“-Mozartkugeln sowie „Napoli Dragee Keksi“ tragen das Fairtrade Cocoa-Siegel.