Nichts für Trittbrettfahrer

Andreas Cretnik ist nicht nur Vorstand der Alwera-Gruppe, sondern auch Obmann des Servicevereins für geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel. Warum Herkunft ein schlagendes Argument sein kann – und warum es Sinn macht regionale Spezialitäten sogar zu schützen, erläutert Cretnik im Interview zu unserem aktuellen Heftthema.

Kategorie: Sonstiges

PRODUKT: Sie beschäftigen sich intensiv mit dem Thema „Herkunft“ – was bedeutet der Begriff für Sie ganz generell bzw. in Zusammenhang mit Lebensmitteln?

Cretnik: Wenn ich von Herkunft spreche, verbinde ich damit eine geografisch definierte Region mit dort herrschenden klimatischen Bedingungen sowie Menschen, die eine Tradition leben und ein Know-how bei der Produktion ihres Produktes aufgebaut haben. Die Verwurzelung zu dieser Region spiegelt sich auch in der Qualität dieser Produkte wider.

PRODUKT: Warum brauchen diese in der Region verankerten Spezialitäten rechtlichen Schutz?

Cretnik: Traditionelle und bekannte Lebensmittel werden oft von sogenannten Trittbrettfahrern genutzt, um Profit aus diesen Produkten zu schlagen. Je bekannter ein Produkt, umso mehr Nachahmer würden gerne davon profitieren. Der Herkunftsschutz als oberster europäischer Schutz ist die größtmögliche Absicherung für diese Spezialitäten.

PRODUKT: Vielfalt & Innovation vs. Althergebrachtes/Traditionelles – welche Bedürfnisse werden angesprochen?

Cretnik: Der Konsummarkt verlangt beides und daher haben sowohl Innovationen als auch traditionelle Lebensmittel am Markt Platz. Mit traditionellen Produkten verbindet man höchstmögliche Qualität und Regionalität, und genau diese Merkmale sind es, die die Kund:innen ansprechen.

PRODUKT: Herkunfts- und Ursprungs-Siegel als Marketing-Instrumente – zahlt sich der Aufwand aus?

Cretnik: Mit dem SVGH (Anm: Serviceverein für geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel) gibt es mittlerweile einen Verein, der mit seinem Know-how und seiner Erfahrung interessierte Vereinigungen unterstützt. Dies reduziert den Aufwand beim Antragsverfahren sehr stark und erleichtert den Zugang zu den Siegeln. Am Ende des Tages lohnt es sich, diesen Weg zu gehen, denn nur so kann man seine traditionelle Spezialität höchstmöglich absichern.

PRODUKT: Was vereint österr. Lebensmittel, die geschützt sind?

Cretnik: Alle Vereinigungen sind Mitglied im SVGH und arbeiten aktiv an der Kommunikation, um die Siegel der Europäischen Union noch bekannter zu machen. Sie eint aber insbes. auch das Streben nach höchstmöglicher Qualität ihrer Produkte – und natürlich die Absicherung gegenüber Trittbrettfahrern.

PRODUKT: Welche Grundvoraussetzungen müssen für geschützte Produkte gegeben sein?

Cretnik: Für den Herkunftsschutz ist es Grundvoraussetzung, dass man die Qualität des Produktes mit der Region nachweislich verknüpft. Beim Steirischen Kürbiskernöl z.B. wurden beim Schutzantrag nur jene Regionen für den Kürbiskernanbau definiert, die schon jahrzehntelange Erfahrung im Anbau der Kürbiskerne hatten. Auch die Regionen für die Verpressung wurden nach diesem Kriterium festgelegt.

PRODUKT: Profitiert in weiterer Folge auch die Region als solche von geschützten Spezialitäten? Stichwort Tourismus?

Cretnik: Ja, im Laufe der Zeit spielt auch der Tourismus bei diesen Produkten eine immer größere Rolle. Deshalb haben sich auch kleinere Vereinigungen dazu entschieden, ihre Spezialität auf höchster Ebene zu schützen. Der „Ennstaler Steirerkas“ oder das „Lesachtaler Brot“ werden nie ihre Produkte in großen Mengen produzieren, aber die Bekanntheit der Produkte und das Streben nach dem Wissen, wie diese Produkte erzeugt werden, wirken sich sehr positiv auf den Tourismus aus. Eine Region ist mit Recht stolz darauf, solche Spezialitäten zu haben.