Back-Flash

2020 geht vielleicht als jenes Jahr in die Geschichte ein, in der das Backen eine echte Renaissance erlebt hat. Nach einem, aufgrund des Lockdowns, starken Frühling pendelten sich die Absätze bei Backzutaten zuletzt auf hohem Niveau ein. Vom 4. Quartal, das traditionell die Hoch-Zeit für Backzutaten ist, darf man sich jetzt einiges erwarten.

Schließlich gehören Kekse und generell Selbstgebackenes in der Adventszeit einfach dazu. Offenbar spielt dabei aber nicht nur der Verwöhnfaktor, den Selbstgebackenes mit viel Zucker, Butter und den typischen weihnachtlichen Gewürzen mitbringt, eine große Rolle. Es ist v.a. auch das Backen an sich, das uns gerade in der kalten Jahreszeit einfach gut zu tun scheint. Wenn weniger Zeit im Freien verbracht wird, avanciert Backen schnell zur beliebten Beschäftigung mit und für die Familie. Ganz nebenbei erfüllt der Duft der Home Bakery die eigenen vier Wände mit genau jenen Gerüchen (und Kindheitserinnerungen), die wir jetzt so schätzen: Vanille, Zimt, Anis und Schokolade – so manch einer muss also gar kein Keks-Fan sein, um Backen aufgrund der wohligen Stimmung, die es verbreitet, zu lieben. 

Rückblick.

Diesen Wohlfühl- und Beschäftigungs-Aspekt haben der Handel und seine Lieferanten insbesondere in der Zeit des Lockdowns zu spüren bekommen: Germ, im Normalfall nicht gerade der Schnelldreher im LEH, war wochenlang Mangelware, die Mehl-Regale leergefegt und Social Media voll mit stolzen Bildern des ersten selbstgebackenen Brotes, des liebevoll verzierten Gugelhupfs und des gelungenen Rehrückens. Und das obwohl es an Brot und Feinbackwaren im Handel niemals mangelte. Es war schlicht genug Zeit vorhanden, gepaart mit dem Bedürfnis etwas Ursprüngliches, Behagliches und Verwöhnendes mit eigenen Händen herzustellen und dadurch u.a. auch eine behagliche Stimmung zu schaffen.

Hab mich Germ.

Die Kategorie Backen wächst dementsprechend im YTD (inkl. KW 36/20) um 25% im Umsatz und 31% im Absatz. Die Gewinner des Jahres sind insbesondere Basis-Produkte wie Germ, Backpulver, Vanillezucker, aber auch Früchte und Nüsse. „Auch Dekor entwickelt sich knapp zweistellig positiv, jedoch nicht so stark wie Backzutaten – geschuldet dem Trend zum Brot-Backen und der Vorliebe zu einfachen, schnellen Rezepturen“, stellt Dr. Oetker GF Manfred Reichmann fest. Die enorm hohe Nachfrage nach Germ hat Dr. Oetker stark gespürt. Reichmann: „Es scheint fast so, als ob jeder in Österreich im Frühling Brot selbst gebacken hat. Die Verfügbarkeit von Germ hat uns in Folge – noch dazu in der Oster-Saison – vor große logistische Herausforderungen gestellt. Leider konnte das auch die zusätzliche Produktion nur teilweise abfangen – so haben wir allein in der KW 11 fast 800% mehr Germ-Packungen verkauft als im Vorjahr.“ Dr. Oetker hat sich im Rahmen seiner Backstudie 2020 (durchgeführt von Marketagent) auch mit den Effekten der Krise beschäftigt, deren Ergebnisse untermauern die Verkaufszahlen recht anschaulich: Mehr als ein Drittel der Befragten gaben an, im Lockdown häufiger gebacken zu haben als sonst. Erfreulich dabei ist, dass 23% auch in Zukunft mehr backen möchten, allen voran, mit 33% Zustimmung, die jungen Verbraucher (14 bis 29 Jahre). 

Ausblick.

Man muss keine wahrsagerischen Fähigkeiten haben, um davon ausgehen zu dürfen, dass die aktuelle Wintersaison – insbesondere aufgrund der weiterhin angespannten Lage – eine gute werden wird. Auch in normalen Jahren machen die Hersteller bis zu 50% ihres Umsatzes in den letzten drei Monaten des Jahres. Dieser Nachfrage kommt der Handel – gerade heuer – mit zusätzlichen Regalplätzen und Sonder-Displays (etwa in der Nähe der Haushaltsabteilung) verstärkt nach. Die Lust aufs Backen schüren die Hersteller dennoch zusätzlich mit aktuellen Kampagnen und Neuigkeiten. So hat Dr. Oetker etwa die Vanille-Range neu aufgestellt und macht den Konsumenten bereits seit Anfang Oktober via TV-Spot Gusto auf die vorweihnachtliche Backsaison. Zusätzlich finden sich auch die Neuheiten „Schaumrollen Füllung“ und – für alle, die das Leben gerne in rosarot genießen – die neue „Ruby Couverture“ in praktischer Drops-Form in den Regalen des Handels. 

Die Zuckerseiten.

Auch bei der Agrana hat Corona Spuren hinterlassen und die tendenziell rückläufigen Zuckerabsätze wieder ins Plus gebracht, wobei man aber im Hause nicht davon ausgeht, dass es sich dabei um eine langfristige Trendumkehr handelt. Dennoch sieht man der Backsaison positiv entgegen, schließlich ist der Advent nach der Einkochzeit die umsatzstärkste Zeit des Jahres für Zucker. Seit Oktober läuft daher auch bereits die große Backen-Kampagne von „Wiener Zucker“, bei der die gesamte Produktvielfalt der Marke präsentiert wird. 

Die Schokoladenseite.

Eine Winterdepression dürfte in den nächsten Monaten auch bei Manner nicht aufkommen, denn auch hier weiß man, dass das letzte Quartal die Absätze von „Manner Chocolade“, „Kuvertüre“ und „Glasur“ noch einmal pusht. Das Glasuren-Sortiment erweitert man jetzt passenderweise um eine weiße „Manner Zuckerglasur“ im handlichen 200g-Becher. Ulf Schöttl, Marketingleiter, ist zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass das Backen auch in den nächsten Monaten verstärkt Thema bei den Konsumenten sein wird.“ 

Trends und Klassiker.

Die Dr. Oetker Backstudie zeigt, dass die Österreicher beim Backen eine große Vorliebe für Klassiker haben: Am häufigsten werden daher Vanillekipferl, Mürbteigkekse, Linzer Augen, Kokosbusserl und Rumkugeln gebacken. Dennoch: Bestimmte Trends – etwa zu mehr Natürlichkeit bei den Dekorationen und Zutaten, zu veganen Alternativen oder auch zu mehr Convenience – bemerken die Hersteller deutlich und bieten entsprechend Unterstützung. Manfred Reichmann, GF Dr. Oetker: „In den letzten Jahren haben auch beim Backen andere Ernährungsgewohnheiten an Bedeutung gewonnen. So findet man in unseren Rezeptbüchern, auf unserer Website und bei unseren Produkten auch z.B. vegane oder glutenfreie Angebote, um auch diesen Wünschen gerecht zu werden. Wir merken außerdem, dass zuletzt wieder natürlicher und saisonaler gebacken wird.“ Vegan sieht auch Manner als weiterhin starken Trend, gerade beim Backen. Ulf Schöttl, Marketingleiter: „Vegan ist ein Back-Trend, der uns schon eine Weile begleitet und auch künftig Trends setzt.“ 

Klein, aber fein.

Bei Küchle wiederum stellt man fest, dass Kleingebäck aktuell einen starken Zuspruch erfährt. Anstelle großer, opulenter Torten werden eher Törtchen oder Mini-Formate gebacken. So werden etwa „Küchle“-Back-Oblaten zur Herstellung von Plätzchen und Kleingebäck jetzt auch verstärkt das ganze Jahr über gekauft. Entsprechend wird die Auswahl erweitert: Bislang gab es die veganen Oblaten in rund mit 40mm, 50mm und 70mm Durchmesser sowie in eckig (120 mm x 200 mm). Jetzt wird die Produktlinie um 90mm-Back-Oblaten erweitert.

Gelingt sicher.

Auf Convenience setzt man u.a. bei Decocino und lancierte kürzlich „VanillaFix“ (genussfertige Vanille-Sauce zum heiß und kalt genießen, für Tortenfüllungen oder für Eis) und „Butter Creme zum Anrühren“ (für Cremetorten oder Muffins). Damit zaubern auch Back-Anfänger bzw. Verbraucher mit weniger Zeit oder Geduld Kreationen mit Verwöhn-Faktor.


Gefastet wird später. Angesichts der Hochsaison von Keksen und Festtagsmenüs kann man nur hoffen, dass man die Lockdown-Kilos über die Sommermonate wieder losgeworden ist – denn jetzt heißt es: Ofen anwerfen, Weihnachtsstimmung verbreiten und sowohl sich selbst als auch der Familie und den Freunden Gutes tun.