Bäckstage

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Den Blick in die Produktion mussten wir aufgrund der derzeit strengen Sicherheitsmaßnahmen zwar unterlassen, allerdings besuchen wir unsere Bäcker normalerweise so regelmäßig, dass wir auch ohne aktuelle Inspektion wissen: Hier geht es nicht zu wie bei Oma am Sonntag, dennoch haben Tradition, Handwerk und v.a. die Qualität der Zutaten oberste Priorität.

Brot, Gebäck und Feinbackwaren sind gerade für die Österreicher mehr als einfach nur Nahrungsmittel, es sind Kulturgüter und Grundnahrungsmittel und sie haben viel mit dem Geschmack nach „zuhause“ zu tun. Das zu verstehen hilft dabei zu erkennen, warum es die Verbraucher mit dieser Kategorie besonders genau nehmen und skeptisch sind, wenn ihre Vorstellungen von der kleinen Backstube, in der noch fast jeder Produktionsschritt händisch erledigt wird, nicht mit der Realität übereinstimmt. Freilich, kleine Bäckereien gibt es und viele davon beliefern auch regionale Handelsfilialen. Aber auch größere gibt es. Und ja, der offensichtlichste Unterschied ist zunächst die Größe, bzw. Menge, die produziert wird. „Aber“, so Barbara Schmidl, Bäckerei Schmidl: „Es kommt nicht auf die Größe einer Bäckerei an, sondern darauf, wie diese produziert. Entscheidend sind aus meiner Erfahrung etwa, wie viele gelernte Bäcker und Konditoren in der Backstube arbeiten, wie lange die Teige geführt werden, wie viele Arbeitsschritte noch händisch gemacht werden und welche Rohstoffe verwendet werden.“ Und es sei erlaubt, dieser schon recht vollständigen Aufzählung noch die Punkte, wie verlässlich ist die Logistik und wie sieht es mit der Hygiene aus, hinzuzufügen. Denn auch das sind wesentliche Faktoren, die große Bäcker zu großartigen Bäckern machen. 

Detailarbeit.

Starten wir mit dem wichtigsten Bäcker für die SB-Regale des heimischen Handels, dem Familienunternehmen Ölz. Zunächst zur Größe: Der Dornbirner Bäcker beschäftigt über 900 Personen und verzeichnete mit seinem Sortiment aus u.a. Toastbroten, Schnittbroten und Feinbackwaren 2019 einen Rekordumsatz von 206,4 Mio. €. Natürlich wird hier nicht mehr in der kleinen Backstube gearbeitet, sondern vieles maschinell erledigt. Aber nicht alles. Daniela Kapelari-Langebner, GF: „Die Striezel werden von unseren Bäckern ausschließlich von Hand zu feinen Zöpfen geflochten. Jeder einzelne Zopf ist dadurch ein Unikat.“ Für die Qualität der Backwaren ist aber weit mehr als nur Handarbeit entscheidend. Der Meisterbäcker ist insbesondere für seine technologische Vorreiterrolle bekannt. So werden alle Toasts und Sandwichbrote sowie die „Milch Brötle“ frei von Konservierungsstoffen hergestellt und punkten bei den Verbrauchern dennoch mit ihrer langen Haltbarkeit. Möglich ist das durch den Einsatz der Reinraum-Technologie, bei der die Produkte direkt nach dem Backen in einer hygienischen Umgebung abgepackt werden und dadurch weit länger frisch bleiben, als man es erwarten würde. Ein Höchstmaß an Hygiene für lange Haltbarkeiten einerseits, möglichst naturbelassene Zutaten andererseits: Ölz setzt hier mit Frischmilch (anstelle von Milchpulver) und eigener Molkereianlage für die „Milch Brötle“ Standards. Und das ist nicht selbstverständlich, denn natürlich wäre es, sowohl in der Lagerung als auch in der Verarbeitung, weit einfacher Milchpulver anstelle von Frischmilch einzusetzen. Dasselbe gilt für Butter und Ei – auch bei diesen Zutaten setzt Ölz auf die unverarbeiteten Originale anstelle von Butterreinfett oder Volleipulver. Kapelari-Langebner: „Genuss steht bei uns an erster Stelle – ‚Ölz‘- Backwaren sollen den Konsumenten schmecken, deshalb kommen nur hochwertige, natürliche Rohstoffe hinein.“

Mohn Amour.

Die Bäckerei Thurner ist ebenfalls eine feste Größe in Sachen verpackter, flaumiger Striezel und saftiger Mohn- und Nuss-Strudel. Und auch hinter diesem Erfolg steht ein Konzept, das auf wertvolle Zutaten und besondere Frische aufbaut. Johann Suntinger, GF Thurner und Jomo: „Beispielhaft für die sorgfältige Auswahl und Verarbeitung der Rohstoffe sei hier der Mohn genannt. Bei Thurner wird der österreichische Mohn erst unmittelbar vor der Verwendung frisch gemahlen und anschließend sofort zu den Füllungen weiterverarbeitet.“ Diese Qualität wurde auch erst kürzlich wieder entsprechend geehrt. Im Rahmen der Internationalen Qualitätsprüfung für Brot, Kleingebäck und Feine Backwaren zeichnete die Experten-Jury der DLG die Thurner Mohn- und Nuss-Strudel mit einer Goldmedaille aus. Oberstes Qualitätskriterium bei verpackten Backwaren ist natürlich die Gewährleistung von Frische und Haltbarkeit. Thurner konzentriert sich aus diesem Grund auch ausschließlich auf den heimischen Markt. 

Handarbeit bei Ölz der Meisterbäcker: Hier werden die flaumigen Zöpfe geflochten.
Die Ölz Milch Brötle werden mit echter Alpenmilch gebacken und im Reinraum verpackt.
Preisgekrönt: Die Thurner Strudel wurden mit einer DLG Goldmedaille prämiert.

Kein Vergleich.

Johann Suntinger bringt die unterschiedlichen Ansprüche, von Selbstgemachtem für den sofortigen Verzehr und den „Jomo“-Kuchen und -Rouladen auf den Punkt: „Der Vergleich unserer Backwaren mit Omas selbstgebackenem Sonntagsgugelhupf ist verständlicherweise schwierig. Die Anforderungen sind da ja sehr unterschiedlich. Wir müssen unsere Produkte so backen und verpacken, dass sowohl der Produktschutz als auch die Haltbarkeit gewährleistet sind. Nicht wie daheim – aus dem Ofen auf den Kaffeetisch.“ Die Aufgabe lautet also: Traditionelle Handwerkskunst und authentische Rezepturen auf moderne Produktionsanlagen und -Verfahren zu übersetzen. Dafür ist viel Erfahrung und Know-how, aber auch Investitions- und Innovationsbereitschaft nötig. Suntinger: „Mit Investitionen in moderne Linien und eine Zentral-Palettier-Anlage hat sich Jomo auch in diesem Bereich für die Zukunft gerüstet.“

Gute Idee.

Verlassen wir die Riege der Bäcker, die für den verpackten SB-Bereich des Handels backen und wenden uns jenen zu, die für frisches Brot und Gebäck an den Theken verantwortlich zeichnen. Wird der Produktschutz im SB-Bereich maßgeblich über die Verpackung erreicht, sorgt in der Frische die Tiefkühltechnologie für Backwaren, die ohne Konservierungsstoffe frisch bei den Verbrauchern landen (können). Das Prinzip ist einfach und eigentlich genial: Brote und Kleingebäck werden, nach allen Regeln der Kunst – also mit besten Zutaten, Natursauerteig, genug Ruhezeit, ausreichendem Kneten – fertig oder teilfertig gebacken und anschließend schockgefrostet. So bleiben alle Nährstoffe, Aromen und die Frische erhalten. Diese können sich dann in einem zweiten Backdurchgang direkt am PoS wieder entfalten. Ein großer Vorteil dabei ist das bedarfsgerechte Handling und, in Folge, die Reduktion von Lebensmittelmüll, der sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich ein ernstzunehmendes Thema ist. Die Lieferanten des Handels – von Kuchen-Peter über die Bäckerei Pilz bis hin zu Haubis setzen alle auf diese Technik. Ihnen allen gemeinsam ist auch ihr familiengeführter Unternehmenshintergrund, mit meist mehreren Generationen gelernter Bäcker als Eigentümer. 

Familiensache.

Peter Györgyfalvay, GF Kuchen-Peter: „Kuchen-Peter wird seit Gründung durch Eigentümer geführt, die selbst Konditor- und Bäckermeister sind. Das Bewusstsein u.a. für die Verwendung der richtigen Rohstoffe und die handwerklich optimale Verarbeitung ist daher tief in der Unternehmensphilosophie verankert.“ Bei aller Tradition und großem Know-how ist man aber dennoch ab und an mit Skepsis oder Kritik konfrontiert. Györgyfalvay: „Natürlich wird die Herstellung durch moderne Technologie unterstützt, schon alleine um den Mengenanforderungen gerecht zu werden. Als Meister in unserem Handwerk ist es für uns aber selbsterklärend, dass nur die besten Rohstoffe und Zutaten eingesetzt werden und dass bis hin zum PoS Prozesssicherheit gewährleistet wird, damit die gewünschte Qualität beim Konsumenten ankommt.“ Letzteres, also die Qualität am PoS, stellt übrigens so manchen Bäcker vor Herausforderungen. Györgyfalvay: „Gerade Fehler, die außerhalb des Einflussbereiches des Herstellers passieren, haben große Auswirkungen auf die Qualität und geben den Konsumenten Anlass zu berechtigter Kritik.“ Von entscheidender Wichtigkeit ist daher auch das Personal am PoS und dessen Aufmerksamkeit beim Handling und beim Aufbacken der Backwaren. 

Von Vorteil.

Johannes Pilz, GF Backwelt Pilz, bringt es ein weiteres Mal auf den Punkt: „Tiefgekühlte Backwaren haben unverständlicherweise oftmals einen schlechten Ruf. Dabei ist die Tiefkühltechnologie die schonendste und natürlichste Art der Haltbarmachung von Lebensmitteln, da dabei zur Gänze auf Konservierungs- und Zusatzstoffe verzichtet werden kann. Darüber hinaus haben insbesondere tiefgekühlte Backwaren großes Potential, Lebensmittelabfall deutlich zu reduzieren.“ Auch bei Pilz ist das Unternehmen fest in der Familie, aber auch in der Region verankert. Der Waldviertler Betrieb greift auf Lieferanten aus der nächsten Umgebung zurück. Pilz: „Wir sitzen quasi inmitten der Roggenfelder, deshalb landen viele Rohstoffe aus der Region direkt bei uns. Mit unseren Lieferanten streben wir eine langfristige Zusammenarbeit an.“ Langfristigkeit statt „schnell schnell“ ist auch das Motto bei der wichtigsten Zutat der Brote aus dem Hause Backwelt Pilz: dem Natursauerteig. Pilz: „Wir backen unsere Brote mit hochwertigem original Waldviertler Natursauerteig, seit 1904 verwenden wir dafür ein seit Generationen überliefertes Familienrezept.“ Das Motto bei Pilz: „Handwerk meets Hightech“. Pilz: „Unter diesem Motto treffen bei uns altüberlieferte Familienrezepte auf zeitgemäße Verarbeitung und handwerkliche Veredelung der Produkte.“

Marmorgugelhupf gehört zu den beliebtesten Kuchen Österreichs. Jomo weiß wie er gelingt.
Brot und Kleingebäck der Backwelt Pilz – hier kommt viel Waldviertler Roggen zum Einsatz.
Jede Menge bestes Brot: Kuchen-Peter gehört zu den beliebtesten Lieferanten des Handels.

Energie.

Bäckereien, die mehr in den eigenen Filialen als als Lieferanten des Handels positioniert sind, setzen noch ein Stück weit mehr auf traditionelles Handwerk. Handarbeit und Zeit sind etwa bei der Bäckerei Schmidl jene Bereiche, denen man besonders viel Aufmerksamkeit zukommen lässt. Barbara Schmidl: „Handarbeit ist bei fast allen unserer Produkte wichtig. Man muss den Teig spüren, damit man weiß, ob er richtig ist. Außerdem bekommen die Teige durch das händische Bearbeiten eine andere Qualität und eine andere Energie. Handgerollte Salzstangerl oder Handsemmeln schmecken einfach besser.“ Und auch bei der Bäckerei Mann, die vier Fünftel ihres Umsatzes in den eigenen Filialen macht, heißt es oft noch Handanlegen. Michael Mann: „Als mein Ururgroßvater vor knapp 160 Jahren in einer kleinen Bäckerei in Niederösterreich zu backen begonnen hat, wurde alles von Hand gebacken. Auch wenn sich unser Sortiment mittlerweile stark erweitert hat, wird ein Großteil unserer Produkte aber immer noch in Handarbeit produziert.“ 

Hefefreies Brot aus der Bäckerei Schmidl – das verlangt Zeit und viel Know-how.
Michael Mann von der Bäckerei Der Mann bringt viel Bäcker-Tradition ins Unternehmen mit.
Handarbeit und Ruhezeiten sind nach wie vor wichtige Zutaten bei der Bäckerei Der Mann.

Ausgebacken.

Egal, welche Größe ein Bäcker hat oder wie die Vertriebs-Struktur aufgestellt ist, eines ist für alle entscheidend: Die Backwaren müssen frisch bei den Verbrauchern ankommen. Das ist eine Grundanforderung, die auch die Art und Weise, wie produziert wird, maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus sind für alle Bäcker die entscheidenden Kriterien hinsichtlich Qualität dieselben: ausgezeichnete Rohstoffe, Wissen und Erfahrung sowie eine große Portion Leidenschaft für gute Backwaren.