Besser (weniger) trinken?

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Die Zahlen zeigen es deutlich: Verglichen mit den Absätzen, die man etwa noch vor der Jahrtausendwende registrierte, geht heute deutlich weniger Alkohol über die Budel und die Kehle runter. Allerdings geht dieses „weniger“ trinken mit der Bereitschaft „besser“ zu trinken einher. Wir haben uns umgehört, wie die Branche das so sieht.

Beschäftigt man sich mit dem Thema Qualität bei alkoholischen Getränken, kommt man an der ÖWM nicht vorbei. Den im Zuge des Weinskandals schwer angeschlagenen heimischen Wein hat sie schließlich mit einer 100% dem Qualitätsgedanken verschriebenen Strategie aus einer tiefen Krise geholt. Heute steht österreichischer Wein im In- und auch im Ausland für überdurchschnittliche Qualitäten. Dennoch ist der Absatz, also die insgesamt konsumierte Menge (trotz wachsender Bevölkerung) leicht rückläufig. 2019/20 betrug die in Österreich über alle Vertriebskanäle konsumierte Menge Wein 2,3 Mio. hl, was einem Rückgang von 5,5% vs. 2018/19 entspricht. Dieser Rückgang ist natürlich auch der Pandemie geschuldet, dennoch: Der Blick auf den langjährigen Pro-Kopf-Verbrauch zeigt, dass die Österreicher kontinuierlich weniger trinken: 2019/20 waren es 26 Liter pro Kopf, 1980/81 – also vor 29 Jahren waren es noch 38 Liter (Statistik Austria, Stand Juni 2020). Gleichzeitig wurde aber für diese Mengen tiefer in die Taschen gegriffen: Die Dokumentation der ÖWM zeigt, dass die Durchschnittspreise in allen Vertriebskanälen gestiegen sind. So macht z.B. die Preisklasse € 4,- bis € 6,99 mit 34% bereits das größte Segment im LEH aus und ist in nur zwei Jahren um 4%-Punkte angewachsen. Tatsächlich steht hier also einem sinkenden Konsum eine offenbar höhere Preisbereitschaft gegenüber. 

Zum Wohl.

Es klingt aber dennoch absurd: Wir trinken weniger, obwohl sich die Qualitäten (zumindest beim Wein) verbessert haben. Allerdings gib es dafür Gründe, die eben nichts mit der Qualität zu tun haben. Zunächst war ein enormer Rückgang natürlich der Reduktion der erlaubten Promille beim Autofahren geschuldet, schließlich ist es aber wohl einfach ein sensiblerer Umgang mit der Thematik und ein deutlich gestiegenes Gesundheitsbewusstsein, das zu einem „weniger“ geführt hat. Und das ist ja, gesundheitlich gesehen, völlig in Ordnung. Dass es aber auch wirtschaftlich in Ordnung ist, weiß etwa Chris Yorke, GF der ÖWM, „denn“, so Yorke, „durch die Kleinstrukturiertheit der österreichischen Weinwirtschaft, die limitierten Flächen und den hohen Qualitätsanspruch der heimischen Winzer können Österreichs Weine gar nicht im untersten Preissegment angeboten werden. Für Österreichs Winzer ist ein steigendes Qualitätsbewusstsein der Konsumenten daher sehr wichtig, um für ihre sehr hochwertige Arbeit eine entsprechende Wertschöpfung zu generieren.“ Auf den Punkt gebracht heißt das „klein, aber fein“ und gilt so in Österreich natürlich nicht nur für Wein oder Schaumwein, sondern in sehr sehr vielen landwirtschaftlichen Bereichen. 

Gewusst wie.

Die Bereitschaft für etwas mehr Geld auszugeben ist aber nicht einfach so da. Diese Bereitschaft hat einiges damit zu tun, wie viel Konsumenten über ein Produkt, dessen Herstellung und unterschiedliche Qualitätsfaktoren wissen. Es hat also letztlich auch etwas damit zu tun, wie sehr Verbraucher bereit sind, sich mit einem Produkt auseinanderzusetzen. Werbestrategien können hier im ersten Schritt natürlich für ein begehrliches Image sorgen und sind unerlässlich, um das Thema überhaupt erst sichtbar zu machen. Im zweiten Schritt sind es aber auch Aktivitäten, die eben das Wissen steigern. Aber wollen sich Verbraucher überhaupt mit ihrem Wein, Sekt oder Bier beschäftigen? Henkell Freixenet Österreich GF Philipp Gattermayer meint: „Ja, Qualität und der Wunsch mehr über Schaumwein zu erfahren sind stark steigend. Immer mehr Menschen interessieren sich für das Thema. Das merken wir u.a. an den steigenden Zugriffszahlen und der Interaktion auf unserem Portal www.sektgenuss.at.“ Regen Zulauf erfahren aber natürlich insbesondere Veranstaltungen wie jene am Tag des österreichischen Sekts, bei denen heimischer Sekt verkostet und mit den Herstellern gefachsimpelt werden kann. Den Tag des österreichischen Sekts kennt übrigens lt. einer Umfrage des Market-Instituts mittlerweile gut ein Viertel der Befragten – dieser Wert hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt und zeigt, dass die Bemühungen rund um Sekt Früchte tragen. Benedikt Zacherl, GF Schlumberger: „Dass auch immer mehr Konsumenten die Qualität von heimischen Schaumweinen zu schätzen wissen und beim Kauf ganz bewusst darauf achten, macht uns sehr glücklich und stolz.“ Norbert Szigeti, GF der Sektkellerei A-Nobis bringt es schließlich auf den Punkt: „Uns ist es ein Anliegen unseren Kunden bei den Kellerführungen Wissen bezüglich der Produktion von Sekt zu vermitteln. Die Kunden sollen mitbekommen, warum die hochwertige Qualität unserer Produkte auch einen höheren Preis rechtfertigt.“

Strategisch.

In Sachen Pro-Kopf-Verbrauch liegt Bier natürlich deutlich über Wein und Schaumwein. Durchschnittlich rund 107 Liter Bier trinken die Österreicher pro Kopf und Jahr. Ottakringer GF Tobias Frank: „Für Bier ist aktuell ein stabiler, jedoch stagnierender Konsum zu sehen. In Summe ist lt. Statistik des Brauereiverbands über einen größeren Zeitraum von 10 bis 20 Jahren aber ein deutlicher Rückgang zu beobachten.“ Wie auch bei Wein und Sekt setzt man auch bei den Brauereien auf Qualität, weiß aber auch, dass die Verbraucher sich darauf längst blind verlassen. Auf das steigende Gesundheitsbewusstsein, das einen reduzierten Alkoholkonsum zur Folge hat, hat man bei den Brauereien daher eher mit alkoholfreien und alkoholreduzierten Produkten reagiert und erst im zweiten Schritt mit Spezialitäten und neuen Qualitäten. Frank: „Wir haben eine enorme Verantwortung mit Alkohol verantwortungsbewusst umzugehen. Im gesellschaftlichen Umfeld werden wir immer dafür kämpfen, dass Alkohol in Maßen zur Geselligkeit dazugehört. Uns ist es aber auch ein besonderes Anliegen, alkoholfreies Bier auf höchstem Niveau zu brauen und damit all jenen eine Alternative anbieten zu können, die auf Alkohol verzichten wollen.“ Aber auch Neuheiten, die ins Thema „Qualität“ einzahlen, gibt es. So wurde erst kürzlich das „Ottakringer Bio Zwickl“ lanciert und seit Juni kann man an Zapfstationen in ganz Wien frisches Fassbier für daheim kaufen. Mit den „Ottakringer Brauwerk“-Spezialitäten bedient man schließlich all jene, die in Sachen Biergenuss das Besondere suchen und sich eingehend mit der Materie „Bier“ beschäftigen. Und das tun so einige, weiß etwa Stiegl GF Thomas Gerbl: „In Österreich gibt es die meisten Bier-Sommeliers pro 1.000 Einwohner. Das zeigt, dass die Menschen bereit dafür sind, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und Neues/Anderes auszuprobieren.“ Insbesondere in der (Vor-) Weihnachtszeit rückt das Thema Premium noch einmal deutlicher in den Fokus. Von Stiegl gibt es für diesen Anlass z.B. die Wildshuter Bierspezialitäten wie etwa das „Wildshut Sortenspiel“, das u.a. in der 1,5L Magnum- bzw. in der 3L-Doppelmagnum-Flasche erhältlich ist. 

Macht Sinn.

Trinkgewohnheiten ändern sich bzw. passen sich an die veränderten Lebensstile einer Gesellschaft an. Dennoch werden alkoholische Getränke nicht verschwinden – im Gegenteil, ihr Stellenwert erhöht sich in dem Moment, in dem sie nicht mehr alltäglich konsumiert werden. Und für diesen Genuss geben die Verbraucher auch gerne etwas mehr aus.