Der im Glashaus sitzt

Schmackhafte Gurken unter Glas

Schmackhafte Gurken unter Glas

Jedoch kann bei Martin Flicker von Sitzen keine Rede sein. Der engagierte Gurkengärtner sitzt wahrscheinlich höchstens im LKW beim Ausliefern des Gemüsesortiments.

In Politik und Landwirtschaft ist Martin Flicker (48) kein Unbekannter. Sein Weg führte ihn von der Wirtschaft (u.a. LGV-Aufsichtsrat) zur Standesvertretung (u.a. Vizepräsident LK Wien) und in die Politik (ehem. LAbg. ÖVP Wien). Gemeinsam mit Frau Andrea (38) führt der zweifache Familienvater eine Landwirtschaft an drei Wiener Standorten. Einer davon, in Donaustadt gelegen, ist zurzeit noch Baustelle. Die beiden hochmodernen Glashäuser sind zwar bereits fertig und wurden im Februar schon fleißig bepflanzt, rundherum ist man aber noch mit den Bauarbeiten beschäftigt. 1.500t Gurken und genauso viel Menge an Mini-Gurken sollen die beiden je 21.000m² großen Glashäuser 2018 abwerfen. 35 Mitarbeiter sind dem Ehepaar dann behilflich, und diese Hilfe benötigen sie auch. Denn die verschiedenen Sorten Mini-Gurken – eine Spezialität, mit der sich Flicker einen Namen gemacht hat – sind betreuungsintensiv. Wohl besser ernteintensiv, denn aufgrund ihrer geringen Größe sind die Früchte sehr schnell reif. Täglich wird geerntet, im Hochsommer zwei-, oder sogar dreimal pro Tag. Ein gutes Beispiel, wie sehr die Bepflanzung im Glashaus auch von der Witterung abhängig ist.

Grüner Daumen. „Der grüne Daumen ist auch bei einem hochtechnisierten Betrieb wichtig, wenn nicht wichtiger“, so Flicker. Schließlich müssen Pflanzen Leistung erbringen, damit sich Investition und Instandhaltung rechnen. Produziert wird auf Rinnen mit Abstand zum kühlen Boden, überschüssiges Wasser kann abfließen und wird wieder ins System eingespeist. Das ganze Jahr über sollen hier Gurken angebaut werden, auch im Winter. Dementsprechende Wärmeschutzmaßnamen wurden berücksichtigt, inklusive LED-Beleuchtung, die in der kalten Jahreszeit 16 Stunden pro Tag Licht gibt.

24/7. Gearbeitet wird an sieben Tagen die Woche. Warum nimmt man das auf sich? „So blöd es klingt, es ist natürlich die Freude am Beruf“, sagt Martin Flicker. „Man könnte es auch umdrehen und sagen, ich habe nichts anderes gelernt“, meint er augenzwinkernd. Bei Andrea Flicker zählt der Einwand nicht, die HAK-Absolventin war zuvor u.a. als Bankangestellte tätig. Und gibt es etwas, das man nicht an seinem Job mag? Martin kurz und bündig: „Mir fällt nichts ein.“ Andrea: „Ich bin froh, wenn wir diese gemeinsame Baustelle hinter uns haben“, so die Unternehmerin und deutet auf die unverputzte Halle, in der der Verpackungsbereich einziehen soll. Denn dann steht wieder mehr Zeit für das Familienleben zur Verfügung.

Gemüse ganz persönlich

Martin Flicker LGV-Gemüsegärtner
Martin Flicker, LGV-Gemüsegärtner

LGV-Gärtner Martin Flicker ist der einzige Anbauer der Mini-Gurken-Spezialitäten innerhalb der Genossenschaft. Gemeinsam mit der LGV-Frischgemüse wurden die optimalen Sorten ausgesucht. Insgesamt bietet die Genossenschaft 25 Gemüsespezialitäten, die 2017 für 45% des Umsatzes verantwortlich waren (Umsatz gesamt: 62,1 Mio. €). Mit Anfang April ist wieder frisches LGV-Saisongemüse erhältlich, und zwar im neuen Kleid. Die Produktmarke der LGV wurde in „Gärtnergemüse“ umbenannt. Die Artikel tragen den Namen ihres Gärtners als Zusatz, etwa „Andreas Melanzani“, „Stefans Mini San Marzano“ oder eben „Martins Mini-Gurken“. „Wir wollen in den Fokus stellen, dass Menschen hinter den Produkten stehen“, schildert LGV-Pressechefin Angelika Günther. Das soll zur Differenzierung der heimischen, familiären Gärtnerbetriebe gegenüber industrialisierten Anbietern beitragen. 2018 wird es wieder neue Gemüsesorten von der LGV und ihrem Vertriebspartner Seewinkler Sonnengemüse geben, etwa violetten Chinakohl oder Gewürze (Ingwer, Kurkuma) aus heimischem Anbau.