Editorial

„Und als nächstes heißt Lidl dann Billa Minus, oder wie?“, sprach mein 9-jähriger Sohn fast schmollend, als wir erstmals bei einer Billa Plus-Filiale vorbeigefahren sind. Gepaart mit der medial pompös ausgetragenen Hochzeit zwischen Billa und Merkur drängen sich mir einmal mehr einige Fragen auf.

Die spontane Lagebeurteilung von einem Volksschüler, der genau null Einblick in die österreichische Handelslandschaft hat, hat mich, nun ja, überrascht. Zugegeben, die ehemalige Merkur-Filiale liebte er vor allem deshalb, weil er mal in die darübergelegenen schicken Wohnungen ziehen möchte. Und weil das Merkur-Grün so schön war. Es gibt ja tatsächlich viele gute Gründe, den stationären Handel wertzuschätzen. Und noch viel mehr, ein ganz bestimmtes Geschäft zu seinem Lieblings-Einkaufsplatz zu wählen. Das kann eine günstige Lage sein, überdurchschnittlich freundliches Personal, die größte oder beste Auswahl innerhalb einer Kategorie, eine appetitliche Obst- und Gemüse-Abteilung oder das beste Semmerl. Mir fallen noch zahlreiche weitere Argumente ein, warum man gerade dieses eine Geschäft bevorzugt. Extreme Preise gehören allerdings nicht dazu.

Natürlich, es gibt sie, die passionierten Schnäppchenjäger und jene, die auf der Suche nach dem billigsten Preis auch schon mal drei Geschäfte abklappern. Aber will man als Handelsverantwortlicher die Konsumenten wirklich weiter zur „Geiz ist geil“-Mentalität erziehen? Ist es wirklich das Preisargument, das man sich auf die Fahnen schreiben möchte, wo es so viel anderes gäbe, was man betonen könnte? Die von Billa (Plus) ausgerufene Preisschlacht, laut Rewe-Chef Marcel Haraszti konkret „die größte Preissenkung, die es bei Billa je gab“, bei der 2.000 (!) Artikel künftig billiger angeboten werden als bisher, hat in mir v.a. Unwohlsein hervorgerufen. In Zeiten, in denen Bauern demonstrieren gehen, weil der ausgezahlte Preis nicht mehr für ihr Überleben reicht. In Zeiten, wo alle nachhaltig erzeugte Produkte einfordern, die unweigerlich gewisse Investitionen mit sich bringen. Stehe ich vorm Kühlregal und kann mich zwischen der billigsten Milch und jener, die mir höchste Tierwohlstandards verspricht, entscheiden, fällt mir die Wahl nicht schwer. Ähnliches gilt für Fleisch, Brot und sogar Klopapier. Und das, obwohl mich auch das Drabek´sche Haushaltsbudget zwingt, die Bonsumme im Blick zu behalten. Trotzdem: Ich möchte in meinem Einkaufswagerl Produkte haben, die mir das Gefühl geben, das Richtige gekauft zu haben, Produkte, von deren Verkauf dem Landwirt, dem Hersteller, dem Verpacker auch noch etwas übrig bleibt – auch, um damit die Nachhaltigkeit des jeweiligen Produktes künftig durch entsprechende Innovationen noch weiter zu verbessern.

Alle rufen nach der Rettung der Welt. Eine Preisschlacht kann hier nicht die Lösung sein.