Es will rundgehen

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Kaffee in Kapseln ist hinsichtlich Aromen-Vielfalt und Convenience unschlagbar. Leider aber auch hinsichtlich des Einsatzes von Rohstoff-Ressourcen. Wie und ob diese im Kreislauf gehalten werden können, hängt im Wesentlichen von der Kooperation aller Beteiligten ab. Wir machen eine Bestandsaufnahme.

Starten wir mit einer kleinen Strukturierung des Themas: Aktuell befinden sich nicht nur ganz unterschiedliche Kaffee-Einzelportionssysteme (von „Nespresso“ über „Cafissimo“ bis hin zu „Qbo“ oder „Dolce Gusto“) am Markt, sondern für diese Kapseln werden auch unterschiedliche Materialien verwendet. Während „Nespresso“ seit jeher auf Aluminium setzt, ist die „Tchibo“-Marke „Cafissimo“ in Polypropylen-Kapseln erhältlich und neuerdings kommen, insbesondere für „Nespresso“-kompatible Einzelportionen, industriell- oder sogar heim-kompostierbare Bio-Kunststoffe zum Einsatz. Zusammengefasst haben wir es also hauptsächlich mit drei verschiedenen Materialien zu tun: Aluminium, PP, Bio-Kunststoffe. Die wichtigsten Anbieter von Kapseln aus Aluminium oder aus PP, also etwa Nestlé, Tchibo/Eduscho oder auch Jacobs Douwe Egberts setzen (freiwillig) auf Recycling, jene, die nachwachsende Materialien und Bio-Kunststoffe im Einsatz haben, streben einen geschlossenen Kreislauf mittels Kompostierbarkeit an. Beides sind durchaus gute und gangbare Ansätze.

Für Alu-Sammler.

Die beiden größten Marktteilnehmer, Nestlé und Tchibo/Eduscho, setzen auf Recycling. Beide verfügen über in ganz Österreich verteilte Filialen, die als wichtigste Rückgabe-Stellen für die Kapseln genutzt werden. So entsteht bereits bei den Kund:innen ein natürlicher Kreislauf aus „Neue einkaufen, alte hinbringen“ und die Chance steigt, dass vernünftige Mengen ins Recycling gelangen. Marianne Neumüller-Klapper, Customer Care & Service Director bei Nestlé Nespresso: „Da Kaffeekapseln dem Gesetz nach keine Verpackungen darstellen, hat Nespresso bereits vor über elf Jahren auf freiwilliger Basis ein eigenes Recyclingprogramm gestartet. Unsere Kapseln können in über 2.000 Sammelstellen retourniert werden, dazu zählen neben den ‚Nespresso‘- Boutiquen ausgewählte Altstoffsammelzentren, Elektrofachhändler, Einrichtungshäuser und Post-Partner.“ Die gesammelten Kapseln werden dann zum Aufbereiten nach Tirol zum Abfallverwertungs-Spezialisten Höpperger gebracht. Hier wird die Kapsel vom Inhalt getrennt, das eingeschmolzene Aluminium wieder in den Kreislauf gebracht und der Kaffee-Sud zu Biogas vergoren, aus dem Energie erzeugt wird. Einen Schönheitsfehler hat das System aber leider auch nach elf Jahren des Bestehens weiterhin: Die Recyclingquote ist noch immer ausbaufähig. Neumüller-Klapper: „Derzeit liegt die Recyclingquote bei 36%. Klares Ziel ist es, diese noch weiter zu erhöhen.“ Das scheint allerdings nur zu klappen, wenn man es den Verbraucher:innen so einfach wie möglich macht. Neumüller-Klapper: „Daher ist es uns wichtig, neben dem Recyclingprogramm die Rückführung über die öffentliche Wertstoffsammlung zu ermöglichen.“ Dank dieser Initiative können „Nespresso“-Kapseln neuerdings in mittlerweile 17 Regionen in ganz Österreich entsorgt werden. 

Kompatibel.

Jacobs Douwe Egberts, für Marken wie „Jacobs“ und „L´Or“ bekannt, setzt in Sachen Einzelportionen ebenfalls auf Aluminium für „Nespresso“-kompatible Kapseln. Ulrich Ansteeg, GF Retail Österreich bei JDE, erklärt, warum: „Unsere Kaffeekapseln sind aus Aluminium, weil es für höchste Kaffeequalität steht, die Kaffeearomen optimal vor äußeren Einflüssen schützt und sehr gut recycelbar ist.“ Für das Recycling hat man sich – ebenfalls freiwillig – zeitgleich mit dem Launch 2017 1.200 DPD-Filialen in ganz Österreich an Bord geholt. Von hier aus gehen die Kapseln ebenfalls nach Tirol zur Verwertung. Zur Recycling- bzw. Sammelquote hat sich JDE leider nicht geäußert.

Für PP-Sammler.

Tchibo setzt für seine Systeme „Cafissimo“ und „Qbo“ auf Polypropylen (PP), das beim Recycling, ähnlich wie die Aluminiumkapseln, vom Kaffee-Sud getrennt und wieder aufbereitet wird. Aktuell ist man zudem stolz, den „Qbo“-Würfel weiterentwickelt zu haben und durch eine Umstellung des Ausgangsmaterials nun rund 70% nachwachsende Rohstoffe nutzen zu können, die die wertvollen fossilen Rohstoffe ersetzen und damit eine um rund 35% geringere CO2-Emission erreichen. Der Kunststoff, sowohl jener von „Cafissimo“ als auch von „Qbo“, wird zu PP-Granulat für z.B. Gartenmöbel, Gießkannen und Blumentöpfe aufbereitet und der Kaffeesud wird zu Biogas ergo in Energie umgewandelt. Das Rückgabe-System wird auch gut genutzt, meint Erik Hofstädter, GF Tchibo/Eduscho, ohne genaue Zahlen zu nennen: „Das Interesse an einem Recyclingangebot war von Anfang an groß.“ 

Kaffeekapseln aus Aluminium oder PP im Recycling

Die Grund-Idee des Kapselrecyclings ist gut, allein es hakt bei der Sammel- bzw. Recyclingquote. Potentiale sieht man insbesondere in der Beteiligung des Handels, da die Kapseln ja nicht nur in den Filialen der beiden großen Hersteller, sondern eben auch im LEH verkauft werden. Erik Hofstädter, GF Tchibo/Eduscho Österreich: „Im Sinne der österreichischen Kreislaufwirtschaft ist es ein wichtiger Stellhebel, die Anzahl der Sammelstellen zu erhöhen. Aus Sicht der Verbraucher:innen ist es ein ideales Szenario, dort wo die Kapseln gekauft werden können, auch die Möglichkeit einer Rückgabe zu haben.“ Das merkt man auch bei Nestlé an. Marianne Neumüller-Klapper, Customer Care & Service Director bei Nestlé Nespresso: „Unser Ziel ist es, eine nachhaltige Lösung für eine gemeinsame Sammlung aller Kapseln zu finden. Dabei ist es auch wichtig, dass der Handel einen Beitrag leistet und für eine kostenlose Aufstellung von Sammelbehältern sorgt.“ Und bei Coca-Cola mit der noch jungen Marke „Costa“ ist Zhanna Alanova, New Business Director sicher: „Das Beste wäre eine gemeinschaftliche Lösung, die nachhaltig umgesetzt werden kann. Daher sind wir auch im regelmäßigen Austausch mit den anderen Anbietern.“

Für den Kompost?

Wertvolle Ressourcen gar nicht erst zu verwenden, ist natürlich in Wirklichkeit die allerbeste Lösung, wenn man sie schonen möchte. Das Ausweichen auf Bio-Kunststoffe liegt daher nahe. Der Grundgedanke ist jedenfalls genial – und dann kommt noch, quasi wie die Kirsche auf der Torte – die Idee hinzu, dass Bio-Kunststoff ja auch kompostierbar sein kann – so könnte Kaffee samt Kapsel zu Kompost werden. 

Zur Unterscheidung.

Aktuell gibt es hier zwei unterschiedliche Wege: Das eine sind Materialien, die nach DIN 13432 („OK compost“) für die industrielle Kompostierung (rein theoretisch) zugelassen sind, und das andere sind Bio-Kunststoffe, die, sofern man einen hat, zuhause am Komposthaufen verrotten („OK home compost“). Julius Meinl etwa bietet erstere an und hat, nach dem Launch 2019, bereits 2020 das gesamte „Inspresso“-Kapselsortiment auf das nachhaltige Material umgestellt. Marianne Witt, Global Sustain­ability Manager bei Julius Meinl, ist überzeugt davon, weiß aber auch um die Grenzen: „Wir setzen aktuell auf industriell kompostierbares Bioplastik, weil wir überzeugt sind, dass das der Weg in die richtige Richtung ist. Es ist uns bewusst, dass es noch nicht das Ende der Reise ist, wir sehen es aber als einen wichtigen ersten Schritt in Richtung ‚waste reduction‘.“ 

Vor Ort.

Blue Circle bietet Kapseln für den Kompost zuhause an.

Einen Schritt weiter geht Blue Circle, ein Unternehmen, das Röstern Kapseln aus Bio-Kunststoffen anbietet, die für den Kompost zuhause geeignet sind. Co-Founder Julian Lehner: „Unser Wertstoff-Mix überzeugt neben der Einsparung fossiler Ressourcen auch mit einer hohen Sauerstoff-Barrierefunktion, die für die Frische des Kaffees wichtig ist.“ Der optimale Lebens-Zyklus beinhaltet die Kompostierung auf dem hauseigenen Kompost. Hat man allerdings keinen eigenen Komposthaufen, enden auch diese Kapseln idealerweise nicht in der Biotonne, wie von den Herstellern gewünscht, sondern im Restmüll. Denn die industriellen Kompostieranlagen können weder mit dem einen noch mit dem anderen Kapsel-Modell etwas anfangen.

Ausgesiebt.

Um es auf den Punkt zu bringen: Industriell- und auch heim-kompostierbares Bio-Plastik ist zwar super hinsichtlich der Einsparung wertvoller Ressourcen. In die Biotonne sollten aber beide nicht. Ulrike Volk, zuständig für wirtschaftliche Angelegenheiten, Abfallwirtschaft und Stoffstrommanagement bei der MA 48, erklärt, warum: „Mit Ausnahme von Bio-Kunststoffsackerln, die als Vorsammelhilfe dienen, sollen jegliche Kunststoffgegenstände von der Biotonne ferngehalten werden. Die Möglichkeit der biologischen Abbaubarkeit von Abfällen alleine soll nicht dazu führen, dass die Biotonne als ‚Verwertungsweg‘ für solche Abfälle missbraucht wird.“ Die Fachfrau erläutert weiter: „Das Ziel der Kompostierung ist die Herstellung eines hochwertigen Komposts. Da biologisch abbaubare Kunststoffe allerdings nicht am Aufbau der Biomasse und der Huminsäuren beteiligt sind, sondern fast vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut werden, leisten sie weder im Kompostierprozess einen positiven Beitrag noch tragen sie zur Verbesserung der Kompostqualität bei.“ Daher werden sie in der Kompostieranlage entweder bereits bei der Aufbereitung vor der Rotte bzw. spätestens bei der Feinsiebung gemeinsam mit anderen Fremdstoffen – ausgesiebt.

Kaffeekapseln aus Bio-Kunststoff für den Kompost

Die Idee Kaffeekapseln aus Bio-Kunststoffen herzustellen und damit fossile Ressourcen zu schonen ist wunderbar. Die Frage nach der Kompostierung derselben zu lösen, das liegt der Branche allerdings sehr am Herzen. Marianne Witt, Julius Meinl: „Seitens der Abfallwirtschaft wäre es wünschenswert, wenn man sich Möglichkeiten überlegt, den immer größer werdenden Anteil an Bioplastik zu kompostieren und auch den Konsument:innen Möglichkeiten zu geben, ihre Bioplastik-Materialien richtig zu entsorgen.“ Und Julian Lehner, Blue Circle, würde sich eine strengere Unterscheidung von Industriell- und Heim-Kompostierbarkeit wünschen: „Es ist wichtig, dass strengere gesetzliche Richtlinien bezüglich der Kompostierbarkeit von Materialien eingeführt werden. Deutschland setzt hier beispielsweise auch bereits erste Schritte mit der standardisierten DIN-Plus Norm.“