Grün brauen

Die erste 100% nachhaltige Brauerei in Göss

Die heimischen Brauer sind in Sachen Kreislaufwirtschaft besonders rege. Wir haben uns umgehört und zeigen Ihnen anhand einiger Beispiele, welche Methoden in der Branche zum Einsatz kommen, um den Brauprozess so nachhaltig wie möglich zu gestalten.

Bei der Recherche rund um die Nachhaltigkeits-Aktivitäten in Richtung Kreislaufwirtschaft gewinnt man zumindest subjektiv den Eindruck, dass einem die Namen der heimischen Brauer hier besonders oft unterkommen. „Als Brauerei ist man unmittelbar auf eine saubere, intakte Umwelt angewiesen, denn alle zum Brauen notwendigen Zutaten kommen aus der Natur und stehen so unter starkem Umwelteinfluss“, erläutert Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl die Gründe, warum gerade die Brauszene so grün erscheint. Ähnliches hört man von Seppi Sigl, GF der Trumer Privatbrauerei: „Wir sehen die Kreislaufwirtschaft als absolute Notwendigkeit in der Zukunft, die es jetzt mit vollem Elan in allen Bereichen der Wirtschaft umzusetzen gilt.“ Und auch bei der Brau Union bestätigt man uns, dass laufend in alle Standorte investiert wird, um dem Anspruch an eine nachhaltige Bierproduktion und zugleich den Bedingungen des Marktes gerecht zu werden. Mit der Grünen Brauerei Göss hat die Brau Union ja diesbzgl. ein echtes Vorzeigeprojekt auf die Beine gestellt: Seit 2016 wird der Standort als weltweit erste 100% nachhaltige Großbrauerei betrieben. Um diesem Namen gerecht zu werden, bedurfte es freilich im Laufe der Zeit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, um den Produktionsprozess zu optimieren. Heute werden rund 40% des Wärmebedarfs aus der Abwärme eines benachbarten Holzverarbeitungsbetriebes gedeckt. Weitere 50% stammen aus Biogas, das in der neuen Biertrebervergärungsanlage gewonnen wird. Und für die verbleibenden 5 bis 10% wiederum kommt Biogas aus der Abwasserreinigungsanlage zum Einsatz. Energie erhält man auch aus einer rund 1.500m2 großen Solarthermieanlage.

Bio-Brauen.

2019 wurde auch die Brauerei Schladming, die für ihre Bio-Biere bekannt ist, auf ein neues Energiekonzept umgestellt, um komplett nachhaltig brauen zu können. Der Betrieb wurde an das Schladminger Fernwärmenetz angeschlossen. Für besonders energieintensive Schritte des Brauprozesses (etwa das Kochen der Würze) bedient man sich einer Pellets-Heizanlage. Weitere Best practice-Beispiele innerhalb der Brau Union sind die Brauerei Puntigam, die mit ihrer Abwärme den Stadtteil Brauquartier Puntigam versorgt, oder die Brauerei Schwechat, wo ebenfalls Gärwärme über eine Wärmepumpe an die benachbarten Wohneinheiten weitergeleitet wird.

Bekannt für Bio-Biere: die Brauerei Schladming

Kaskaden.

In Kreisläufen zu denken, ist wie gesagt auch Stiegl ein großes Anliegen. „Das bedeutet konkret, besonders sorgsam mit den Ressourcen umzugehen und so wenig wie möglich zu verbrauchen“, schildert Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl. Man setzt dabei auf die sog. Kaskadennutzung, die darauf abzielt, Rohstoffe effizient und – wo immer es geht – mehrfach zu nutzen bzw. sie so lange wie möglich im Wirtschaftssystem zu halten, was nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile bringt. Ganz konkret: Abwärme wird zum Heizen benutzt, Braureststoffe wie Kieselgur kommen in der Bio-Landwirtschaft am Brauerei-eigenen Biergut in Wildshut zum Einsatz. Das Thema Kreislaufwirtschaft hat Stiegl letztes Jahr auch zum Thema der „Wildshuter Feldgespräche“ gemacht, wo Cradle to Cradle-Begründer Michael Braungart dafür plädierte, dass nicht Klimaneutralität das Ziel sein darf, sondern man danach streben muss, einen nützlichen Fußabdruck auf unserem Planeten zu hinterlassen. Sein Ansatz: Abfall muss als Nährstoff-Quelle betrachtet und an der richtigen Stelle wieder sinnvoll eingesetzt werden.

Schlau.

Nachhaltige Dosenfüllanlage bei Ottakringer

Bei Ottakringer schwört man ebenfalls bereits seit einigen Jahren auf die intelligente Nutzung vorhandener Energie. 2014 wurde eine Wärmerückgewinnungsanlage eingebaut, die uralte Brautradition mit moderner Technologie verbindet. So kann die Abwärme der Kältemaschine wieder in den Produktionsprozess rückgeführt und weiter genutzt werden. Auch die Abwärme der Druckluftkompressoren wird in der Produktion sinnvoll eingesetzt. Eine weitere Maßnahme war die Installation eines neuen Reinraumdosenfüllers im Jahr 2016. Dank dieses besonderen Systems wurde die Tunnelpasteurisation des Bieres – und somit eine zusätzliche Wärmebelastung – obsolet.

Gewinnend.

In der Trumer Privatbrauerei betont man, nicht nach Gewinnen beurteilt werden zu wollen, sondern nach der Gemeinwohlbilanz, sprich dem sozialen und ökologischen Engagement. Dazu zählt natürlich auch eine Ausrichtung des Unternehmens an Kreislaufwirtschafts-Gedanken. Einige Beispiele: Die Trebern werden in der Landwirtschaft verfüttert, Althefe wird von einem regionalen Bauern als Biogas verwertet. Die gesamte Wärmeenergie wird von einem am Firmengelände ansässigen Hackschnitzelwerk bezogen, das mit regionalen Hackschnitzel von der Gemeinde betrieben wird. Vor einigen Jahren stellte man außerdem auf biologisch abbaubare Bierbecher um sowie auf Etiketten ohne Folierung.

Gemeinwohl steht in der Trumer Privatbrauerei im Fokus

Leer – voll.

Denn natürlich kommt – will man in Kreisläufen denken – auch der Verpackung des Bieres eine immense Rolle zu. Diesbzgl. ist die Bierbranche anderen Kategorien tatsächlich weit voraus. Denn Bier ist in der Tat das einzige Getränk, wo sich Einweg-Verpackungen nur in einem vergleichsweise geringen Ausmaß durchsetzen konnten. 68% des Bier-Absatzes in Österreich erfolgen in Mehrweg-Gebinden, also entweder in der standardisierten sog. „NRW-Flasche“ oder als Fassbier in der Gastronomie. Hinzu kommt der bereits angesprochene Etikettenbereich, wo immer mehr Brauereien auf nachhaltige Varianten setzen. Stiegl war nach eigenen Angaben Österreichs erste Brauerei, die auf Flaschen-Etiketten aus 100% Recycling-Papier umstellte, und zwar im September 2019. Bei „Gösser“ sind seit Kurzem ebenfalls Recyclingetiketten im Einsatz, was den CO2-Verbrauch um 20% pro Jahr senkt, alle anderen Brau Union-Marken sollen sukzessive folgen. Bei „Ottakringer“ betont man, dass die Aludosen zu 70% aus Recyclingmaterial bestehen. Außerdem werden dort, wo es möglich ist, die Gebinde ohne Schrumpffolie ausgeliefert. Sixpacks werden schon seit 2018 im Kartoncluster statt in Folie verpackt. Anstoßen lässt sich also aus ökologischer Sicht offensichtlich heutzutage mit gutem Gewissen.