Gute Tafel, schlechte Tafel?

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In dieser Ausgabe, in der sich alles um Qualitäts-Argumente dreht, haben wir uns auch gefragt, was eigentlich eine gute Schokolade ausmacht. Und was eine sehr gute.

Hochwertige Rohstoffe, zertifizierte Produktion, strikte Einhaltung der Standards, nachhaltige Produktionsprozesse und Verpackungen“, fasst Storck-Geschäftsführer Ronald Münster die aus seiner Sicht wichtigsten Qualitätskriterien bei Schokolade zusammen. Von Ritter Sport hört man: „Eine hochwertige Schokolade zeichnet sich durch die Anzahl an Zutaten, die Höhe des Kakaoanteils und die Qualität des Kakaos aus. Je geringer die Anzahl an Zutaten und je höher der Kakaoanteil, desto qualitativer ist die Schokolade“, so GF Wolfgang Stöhr. Und bei Zotter sieht man die Angelegenheit folgendermaßen: „Grundlegend ist natürlich, dass nur hochwertige Rohstoffe zu 100% aus biologischem Anbau und 100% fairem Handel verarbeitet werden“, so Josef Zotter. Ein breites Spektrum also, das die Qualität des Endprodukts beeinflusst. Beginnen wir am Ursprung, also in jenen Ländern, wo der Kakao angebaut wird. Der Herkunftsaspekt hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Das Bewusstsein der Konsumenten für die wirtschaftlich schwierige Situation der Kakaobauern ist gestiegen, ebenso wie jenes der Hersteller für die Tatsache, dass nur, wenn Unterstützung in den Kakaoanbaugebieten stattfindet, die Liefermengen auch für die Zukunft gesichert sind. So setzen immer mehr Hersteller auf Programme wie Fairtrade oder verstärken ihr Engagement innerhalb ihrer eigenen Initiativen. Als namhafte Marke sind die Bemühungen um eine faire Lieferkette heutzutage aber eigentlich schon eher Pflicht als Kür. So berichtet uns etwa Wolfgang Stöhr: „Bereits seit Anfang 2018 bezieht Ritter Sport als erster und bislang einziger großer Tafelschokoladenhersteller für das gesamte Sortiment zu 100% zertifiziert nachhaltigen Kakao.“ Auch Mondelez verstärkt sein Engagement diesbzgl. kontinuierlich. Managing Director Elisabeth Hülsmann: „‚Milka‘, ‚Suchard‘ und ‚Oreo‘ beziehen bereits 100% des benötigten Kakaos aus unserem Cocoa Life Programm. Bis Ende 2025 werden 100% des Kakaovolumens, das für die Herstellung unserer Produkte benötigt wird, über Cocoa Life bezogen.“ Bei Manner setzt man verstärkt auf Fairtrade und hat heuer das gesamte „Manner“-Waffel- und -Schnittensortiment auf Fairtrade-Kakao umgestellt. Ein wichtiger Schritt, sind die Lebensumstände der Bauern in Ländern wie Ghana oder der Elfenbeinküste doch immer noch von Armut geprägt.

Lieber selber.

Von der Lebensqualität in den Kakao-Anbaugebieten nun zur Qualität des Endprodukts: Diese haben die Hersteller natürlich gerne selbst in der Hand. Viele setzen deshalb auf das Konzept Bean-to-bar – will heißen: Sämtliche Verarbeitungsschritte von der Kakaobohne bis zur fertigen Tafel erfolgen durch das jeweilige Unternehmen. Aus gutem Grund: „Für uns bei Storck gilt der Grundsatz, dass wir in jedem Stadium positiven Einfluss auf das Produkt nehmen möchten. So werden z.B. die Bohnen für unsere Schokolade als Rohstoff gekauft, aber dann verarbeiten wir das Produkt selbst intern weiter, z.B. rösten wir die Bohnen selber. Der gute Röstgeschmack verliert sich so nicht auf dem Transportweg und wir können ihn genauso herstellen, wie er für uns optimal ist. Oft geht es da um Nuancen“, schildert Storck-GF Ronald Münster und fügt hinzu: „Selbermachen ist ein Teil des Erfolgsrezeptes.“ Auch Mondelez setzt – etwa bei der Produktion der Großtafeln im Milka-Werk in Bludenz – auf das Konzept bean to bar. Elisabeth Hülsmann: „Aus Kakaobohnen wird Kakaomasse hergestellt, die mit den Hauptbestandteilen Zucker und Milchpulver gemischt, gewalzt und conchiert wird.“ Zotter praktiziert das ebenso: „Wir kaufen keine Halbfertigware aus Mischproduktionen, sondern produzieren alles selbst, damit in der Schokolade auch tatsächlich drinnen ist, was draufsteht. Damit sind wir in Europa einer der wenigen Bean-to-bar-Hersteller im Bio + Fair-Segment“, so Josef Zotter. Bei Lindt wird ebenfalls von der Bohne weg gearbeitet, damit das Endprodukt genau so ausfällt wie von den Maîtres Chocolatiers gewünscht. So werden die Bohnen hier beispielsweise besonders fein gemahlen. Auch die Verwendung der Conche – eine Erfindung von Rodolphe Lindt – also das stundenlange Rühren der Schokoladenmasse, ist ein Teil der „Lindt Difference“, also jener Schritte, die für den markentypischen Geschmack ausschlaggebend sind.

Auswirkungen.

Ob man bei der Schokoladeherstellung auf beste Qualität oder den billigsten Preis setzt, macht nicht nur geschmacklich einen Unterschied. So hält etwa Josef Zotter fest: „Bei einer 100g-Tafel um rund einen Euro Verkaufspreis sind faire Preise in der Lieferkette kaum umsetzbar. Und: Vielfalt wird nahezu unmöglich, weil hocheffizient produziert werden muss. Ob man da für die Zukunft noch Facharbeiter zu Kollektivlöhnen im Inland bekommt, um innovative Produkte zu erzeugen, bezweifle ich.“ Dabei sind Vielfalt und Innovationen so essentiell für diesen Markt, der doch sprichwörtlich glücklich machen soll. Apropos: Im Pandemie-Jahr 2020 haben sich offensichtlich wirklich viele mit einer guten Tafel Schokolade über die schwierigen Umstände hinweggetröstet. „Der Markt der Tafelschokoladen hat in dieser Zeit überdurchschnittlich zugenommen“, so Storck-GF Ronald Münster. Das Mengen-Plus bei Tafelschokolade betrug 4,8% (Nielsen, LEH inkl. H/L, YTD KW 36/2020). 2021 verhielt es sich wieder anders: Heuer ist der Tafel-Markt um 6,5% rückläufig (Nielsen, LEH inkl. H/L, YTD KW 36/2021). Bei Pralinen ist es übrigens genau andersrum: 2020, als typische Schenkanlässe wie Ostern durch die Kontaktbeschränkungen praktisch wegfielen, gab es ein Minus in Höhe von 4,1% zu verzeichnen, heuer konnte das Segment wieder an das Niveau vor der Pandemie aufschließen.

Neu.

Egal ob zum Selbstverwöhnen oder Verschenken – Neuheiten als Impulse sind im Süßwarenbereich besonders wichtig. Aktuell geht davon wieder eine ganze Reihe an den Start, etwa die „merci Black & White Selection“ aus dem Hause Storck, die „Ritter Sport Winter Leckerei“ in den Sorten „Gebrannte Mandel“, „Spekulatius“ und „Kokosmakrone“, die Wintertafeln von „Milka“, die zahlreichen Weihnachts-Spezialitäten von „Lindt“, „Lindor Salted Caramel“ oder auch Zotters Linie „In.fusion“, bei der Früchte als Kuvertüre mit eingearbeitet werden, um nur einige Beispiele zu nennen, die den Konsumenten mit Qualität überzeugen wollen.