Wir beginnen unser Leben mit Milch. Diesen Brauch behält die überwiegende Mehrheit der Österreicher auch bei, insbesondere beim Frühstück. Und irgendwie scheint´s, als hätten die Konsumenten zu dieser Warengruppe einen besonders emotionalen Zugang – was ja auch nicht weiter verwunderlich ist, gibt es doch zu anderen Kategorien einige grundlegende Unterschiede. Neben der eingeschränkten Haltbarkeit und der Notwendigkeit der Kühlung ist es vor allem die Herkunft der Milch, die sie zu etwas Besonderem macht. „Gerade bei Milchprodukten spielt Regionalität eine wichtige Rolle“, so Gmundner Molkerei GF Michael Waidacher. Doch Herkunft geht ja in diesem Fall weit über geografische Angaben hinaus: Schließlich stammt das Lebensmittel Milch von einem Lebewesen. Und ebendieses will nicht nur gemolken, sondern auch gepflegt, unterhalten und gesund erhalten werden. Von einem Landwirt oder einer Landwirtin, der/die mit Kuh, Ziege oder Schaf häufig einen 365-Tages-Job hat. Der sich auch am Wochenende nicht ausschlafen kann und der auf seine Nachtruhe auch mal zugunsten der Geburt eines Kalbes verzichten muss. Arbeitsbedingungen also, die gepaart mit finanziellen Problemen aufgrund massiv gestiegener Kosten (etwa hinsichtlich Strom, Diesel oder auch Tierarzt) immer mehr Betroffene dazu bringen, ihren Betrieb aufzugeben. Alleine von 2018 auf 2019 haben 976 Bauern aufgehört. All dies sollten sowohl Handel als auch Konsumenten insbesondere bei Überlegungen zur Frage, was ein Liter Milch kosten darf bzw. soll, beachten. „Milchprodukte sind wertvolle Lebensmittel und dürfen nicht als ‚Ramschware‘ verkauft werden“, fordert in diesem Zusammenhang VÖM-Präsident und Kärntnermilch-GF Helmut Petschar.
Heimvorteil
Führend.
In Sachen Qualität jedenfalls spielen die österreichischen Milcherzeuger in der absoluten Oberliga. Gentechnikfreiheit oder der Verzicht auf Soja aus Übersee als Futtermittel beispielsweise sind hierzulande schlicht Branchenstandard. Hinzu kommen der mit 19% höchste Bio-Anteil in Europa sowie ergänzend dazu eine ganze Reihe an Spezialmilchsorten, die besonderen Qualitätskriterien genügen müssen, wie etwa Heumilch. „Typisch für die Milchwirtschaft ist außerdem die Kleinstrukturiertheit der Betriebe“, schildert Nora Zöller, Marketingleitung bei Rupp. So hat ein heimischer Milchbauer durchschnittlich nicht einmal 20 Kühe, was insbesondere in Sachen Tierwohl andere Möglichkeiten eröffnet als in Ställen, wo 1.000 und mehr Tiere untergebracht sind. Die kleinen Betriebe gepaart mit der speziellen Topographie Österreichs machen aber auch die Sammlung der Milch durch die Molkereien aufwendiger – und somit kostenintensiver – als anderswo. Grundsätzlich werden die kleinen Strukturen in der Branche aber eher als Chance denn als Hindernis betrachtet. „Der Zwerg muss das machen, was der Riese nicht kann“, meint etwa Christian Kröll, GF der Erlebnis Sennerei Zillertal. Soll heißen: Österreich muss – in den heimischen Supermärkten ebenso wie im Export – die besonderen Bedingungen als das verkaufen, was sie sind: nämlich ein Qualitätsvorteil. Und dies gelingt durch die unterschiedlichen Bemühungen der einzelnen Molkereien wirklich gut: „Der Konsument hat beim Griff zu österreichischen Milchprodukten einfach ein gutes Gefühl“, bringt es Berglandmilch-GF Josef Braunshofer auf den Punkt. „Der Anteil der Konsumausgaben für Milchprodukte liegt bei lediglich 0,7%, dafür erhält der Konsument aber die international höchste Qualität“, hält Helmut Petschar, Kärntnermilch, fest.
Wohl bekomm´s.
Neben Packaging-Innovationen lassen die Markenartikler aus dem MoPro-Bereich in den letzten Monaten vor allem durch Aktivitäten in Sachen Tierwohl von sich hören. „Immer mehr Menschen interessieren sich dafür, wo die Produkte herkommen und vor allem unter welchen Rahmenbedingungen diese produziert werden“, so Gmundner Molkerei-GF Michael Waidacher. „Tierwohl und Tiergesundheit sind die Top-Themen der Branche“, bestätigt SalzburgMilch-GF Andreas Gasteiger, dessen Unternehmen bereits im Jahr 2017 seine Tiergesundheitsinitiative präsentiert hat und sicher ein Pionier auf diesem Gebiet ist. Die Aktivitäten der Branche in diesem Bereich sind seither jedenfalls vielfältig: Die Berglandmilch präsentierte Anfang des letzten Jahres einen Tierwohlbonus, also einen höheren Milchpreis für Bauern, die höhere Standards erfüllen. Und die NÖM hat ihren Lieferanten seit 1.1.2020 die dauernde Anbindehaltung ausnahmslos verboten. Auch in der Kommunikation der ARGE Heumilch sind Tierwohl bzw. die besonderen Vorzüge, die Heumilchkühe genießen dürfen, heuer die großen Themen.
Besonders.
Die österreichischen Molkereien bedienen jedenfalls den Wunsch der Konsumenten nach Abwechslung am Frühstückstisch ebenso wie das Bedürfnis nach nachhaltig erzeugten Produkten. Und das in einem Umfeld, das viele Vorteile, aber auch Herausforderungen birgt: „Österreich wird als Feinkostladen Europas geschätzt und dieses Qualitätskriterium müssen wir uns bewahren“, so NÖM-Marketingleiterin Veronika Breyer. „Die österreichische Milchwirtschaft ist voll von Besonderheiten“, fasst SalzburgMilch-GF Andreas Gasteiger zusammen und zählt auf: „Eine Landwirtschaft im alpinen Bereich und im Alpenvorland mit zahlreichen Herausforderungen, eine einzigartige, durchgängige Gentechnikfreiheit aller Milchbauern seit vielen Jahren, eine kleinstrukturierte, bäuerliche Landwirtschaft, zahlreiche Milchsorten, ein unerreichtes Qualitätsniveau, eine immens große Sorten- und Produktvielfalt – und nicht zuletzt eine besonders patriotische Käuferschaft, die all diese Vorzüge zu schätzen weiß.“