Mit Laib & Seele

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Brot und Gebäck über den Theken-Verkauf ist eine der erfolgsentscheidenden Warengruppen des Handels. Was man fast schon vergessen hat: Erst rund um die Jahrtausendwende setzte sich durch, was heute gang und gäbe ist: frisch gebackenes Brot direkt im LEH. Seitdem hat sich so einiges getan. Und so einiges eingependelt.

Als einer der Pioniere auf diesem Gebiet darf Haubis aus Petzenkirchen genannt werden. Bereits 1987 stellte man hier erstmals vorgegarte, tiefgekühlte Teiglinge her. Eine Innovation, die das größte Problem der Bäcker und des Handels – nämlich bedarfsgerecht frisches Brot und Weckerl anbieten zu können – schlagartig löste. In den darauffolgenden Jahren bauten die Handels-Ketten ihre Filialen entsprechend um: Bake-Off-Stationen entstanden. 2008 stieg mit Penny auch der Diskont ein, 2014 folgte schließlich Hofer. Analog dazu stieg der Druck auf kleine Handwerksbäcker und eine Marktbereinigung, wie man sie selten sieht, fand statt: Heute wird Brot und Gebäck mehrheitlich – nämlich zu 77% – über die Vertriebsschienen Supermärkte, Hypermärkte und Diskonter ver- und gekauft, Bäckereien teilen sich 17% des Umsatzes auf, der Rest entfällt auf Konditoreien und Ab-Hof-Verkauf (GfK Consumer Panel Fresh Focus, Totalmarkt Österreich, 2018). Über die letzten zwei Jahre ist übrigens zu sehen, dass sich der Anteil des Bäckereienumsatzes nicht mehr weiter verändert hat, die Entwicklung „weg vom Bäcker – hin zum LEH“ dürfte sich damit also fürs erste eingependelt haben. 

Wie kommt´s?

Das frische und knusprige Angebot findet im Handel also eindeutig großen Zuspruch. Diese Tatsache alleine damit zu begründen, dass es eben praktisch sei, alles auf einmal einkaufen zu können, wäre zu kurz gegriffen. Richtiger ist vermutlich, dass die Angebote gut sind. Also so gut, dass die Verbraucher ihre Einkaufsgewohnheiten verändert haben. Sicherlich manchmal sogar besser als die Ware vom Bäcker, der sein Handwerk ohne Leidenschaft und Sorgfalt betrieben hat. Aber – und das sei auch gesagt – vielleicht nicht von der gleichen Qualität (aber auch nicht vom selben Preis), wie mit Inbrunst handgewirktes, langzeitgeführtes Brot von so manchem Bäcker, der alles richtig gemacht hat. Viele dieser regionalen Handwerks-Bäcker beliefern natürlich ebenso den Handel, schließlich werden die Handelspartner heute von 100en unterschiedlichen Lieferanten versorgt. 

Von dort und da.

Schon alleine aufgrund ihrer Kompetenz hinsichtlich des österreichischen Geschmacks sind die Lieferanten mehrheitlich heimische Betriebe. Geht es insbesondere um internationale Gebäckstücke, kommt Importware zum Zuge. Manche bringen fertig gebackenes, frisches Brot, andere TK-Teiglinge, die vorgegart und roh oder bereits vorgebacken in den Backstationen fertig gebacken werden und wieder andere sind für süße Spezialitäten zuständig. Was man also heute in den „Backstuben“ des Handels findet, ist im Optimalfall eine Auswahl der besten und modernsten Bäcker-Produkte des Landes und Spezialitäten z.B. aus Italien oder Frankreich. Abgesehen von den Varianten, die regional von kleinen Bäckereien angeliefert werden, handelt es sich dabei aber nicht um Brot und Gebäck, das noch wie vor 50 Jahren hergestellt wird. Bzw. die Vorgänge sind natürlich die gleichen, die Dimensionen und die Technik aber anders: Vieles was ein Handwerks-Bäcker mühsam mit der Hand zustande bringt, ist – mit viel Tüftelei – auf Maschinen übertragen worden. Was gleichgeblieben ist, ist der Ehrgeiz der Bäcker, verlässlich beste Waren auszuliefern. Und zwar auch, wenn Themen wie Rohstoffbeschaffung, Logistik oder der Fachkräftemangel die Branche herausfordern.

Mitwachsen.

 „Schon mein Urgroßvater fertigte Brot in seinem Dampfbackofen“, erzählt Johannes Pilz, Geschäftsführer der Backwelt Pilz. „Auf diese Vergangenheit haben wir aufgebaut und 2002 ein hochmodernes Backwerk in Schrems errichtet. Unser Erfolg liegt in der gelungenen Verbindung aus Tradition und Innovation, Handwerk und Hightech.“ Die Backwelt Pilz steht für hochwertige Tiefkühl-Backwaren – den Waldviertler Natursauerteig für ihr Brot stellt sie selbst her. Das Unternehmen versteht sich als Private-Label-Producer und legt einen deutlichen Fokus auf die enge Zusammenarbeit mit den Handelspartnern: „Wir entwickeln, was unsere Kunden wollen, indem wir auf ihre ganz speziellen Wünsche eingehen.“ Aktuell arbeiten rund 80 Mitarbeiter bei Pilz. Für die Logistik – täglich werden 500.000 Stück Gebäck und 60.000 Brote ausgeliefert – hat man namhafte Unternehmen engagiert. Der Jahresumsatz beträgt rund 22 Mio. €. Pilz blickt sehr positiv auf die Zukunft seines Unternehmens: „Wir sind mit den Anforderungen des Marktes gewachsen und haben uns mit den Herausforderungen und unseren Kunden weiterentwickelt. Das werden wir auch weiterhin unbedingt fortführen.“

Weiß wie´s geht.

Die Kaisersemmel von Haubis
willi dungl Dunglbrot

Die „Kaisersemmel“ aus dem Hause Haubis ist wohl jenes Gebäckstück, das jeder Österreicher schon mal gegessen hat. Das Familienunternehmen, das als Vorreiter in Sachen TK-Teiglinge gilt, erwirtschaftet heute einen Jahresumsatz von ca. 80 Mio. €, beschäftigt 800 Mitarbeiter und ist dem Handel, aber auch den Landwirten in der Region als verlässlicher Partner bekannt. Einen Schwerpunkt sieht man auch hier in Sachen Produktentwicklung und lässt sich dementsprechend gerne auf spannende Neuentwicklungen mit dem Kunden ein. Seit längerem ist den Entwicklern bei Haubis auch sehr bewusst, dass insbesondere alte und ursprüngliche Getreidesorten wie Einkorn oder Waldstaudenroggen äußerst beliebt bei den Verbrauchern sind. Markus Karner, Marketing Haubis: „Das sind Getreidesorten, die heute wieder verstärkt in der Region angebaut werden und einen wertvollen Beitrag für unsere Gesundheit leisten.“ Entwickelt wird für die Handelsketten, aber auch für spezielle Kunden, wie etwa aktuell für Teekanne, zu deren Portfolio die Marke „willi dungl“ zählt. Produkte, die unter dieser Marke hergestellt werden, müssen natürlich einen ganz besonders hohen Standard einhalten. Mit Haubis hat man für das erst kürzlich gelaunchte „willi dungl Dunglbrot“ den optimalen Partner gefunden. Das Bio-Natursauerteig-Roggenbrot ist, mit einer Papierschleife ausgestattet, in den Frisch-Theken erhältlich.

Verankert.

G´staubter Wecken von Anker

Den „G´staubten Wecken“ von Anker kennt und schätzt man, aber auch Gebäcksorten wie Semmeln und Mohnflesserln stellt der Wiener Traditionsbäcker in der Bundeshauptstadt und am Standort Lichtenwörth her. Die Umsatzentwicklung gestaltet sich auch bei Ankerbrot positiv, die Gruppe konnte sowohl inkl. als auch exkl. Linauer wachsen. Als herausfordernd nimmt man – übrigens nicht nur bei Ankerbrot – die Gewährleistung einer perfekten Logistikkette wahr. Doris Schacherhofer, Marketing und Kommunikation bei Ankerbrot: „Das ist eine Herausforderung, der wir uns alle zu stellen haben, aber wir profitieren hier natürlich von unserer wirklich langjährigen Erfahrung, die uns als verlässlichen Partner auszeichnet.“ 

International.

Neben den traditionellen österreichischen Brot-Varianten und All Time High-Gebäcksorten wie Semmeln, Mohnflesserln, Kornspitz und Salzstangerl schmücken die Brot-Theken natürlich auch internationale Spezialitäten. Aufgrund der TK-Anlieferung ist das heute weitaus einfacher als früher und so kann sowohl der heimische Handel internationale Bäcker beauftragen als auch die nationalen Bäcker über die Grenzen hinaus tätig werden. Insbesondere das feinblättrige Butter-Croissant, aber auch Baguette-Stangen oder Donuts kommen so von den Spezialisten in Europa zu uns. 

Originale.

Bastoncino von Vandemoortele

Robert Maaßen, Commercial Director Vandemoortele Österreich und Deutschland: „Der Handel möchte sich in den einzelnen Segmenten differenzieren. Bei den Basisprodukten sollten natürlich die Must-Haves in jedem Regal zu finden sein. Doch darüber hinaus möchte man den Kunden exzellente und außergewöhnliche Produkte bieten.“ Hier bietet sich das internationale Unternehmen mit seiner Expertise und seinem großen Sortiment, das über viele Länder-Spezialitäten geht, an. Maaßen: „Das sich generell gut entwickelnde Sortiment von Vandemoortele wird besonders durch unsere Spezialitäten mit Originalcharakter, wie französische Croissants, original aus Frankreich und unser ‚Bastoncino‘, das nach Original-Rezeptur im Steinofen in Italien gebacken wird, angeführt.“ Auch bei Vandemoortele, wo an mehreren europäischen Standorten gebacken wird, ist die optimale Technik, die laufend Investitionen erfordert, das entscheidende Kriterium. Maaßen: „Wir müssen heute nicht nur an unseren jetzigen Maschinenpark denken, sondern in einem ständigen Weiterentwicklungsrhythmus auch Linienteile oder ganze Segmente austauschen, um den hohen Ansprüchen unserer Kunden nicht nur gerecht zu werden, sondern sie zu übertreffen.“ 

Zartblättrig.

Erdbeer Bonne Maman Croissant von Aryzta

Das Croissant steht auch bei Aryzta ganz oben auf der Top-Seller-Liste in Österreich. Ivo Aleksic, Head of Sales Aryzta Food Solutions Austria GmbH: „Mit Sicherheit hat jeder Österreicher schon einmal eines unserer zartblättrigen Buttercroissants gegessen.“ Rund 18. Mio. Stück davon werden schließlich über den österreichischen LEH und die Gastronomie abgesetzt. Dass dennoch jedes davon perfekt gelingen muss, ist Voraussetzung. Aleksic: „Letztlich ist für die Produktqualität immer noch die Feinfühligkeit in der Bedienung der Technik und der Dosierung der Zutaten bei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen entscheidend.“ Dass Backwaren lebendige Produkte sind, merkt man daher immer wieder, wenn sich zum Beispiel Luftfeuchtigkeit oder Temperatur im Betrieb verändern. Aleksic: „Manchmal merken wir sogar an den Backwaren unterschiedlicher Chargen, wer die Schichtführung innehatte. Insofern hat sich das Bäckerhandwerk von seinem Wesen her nicht verändert, da immer noch die Arbeit des Menschen entscheidet, was am Ende des Tages rauskommt. Lediglich die Produktionsmengen haben sich erhöht.“ 

In Produktion.

Dinkel-Quinoa-Croissant von Délifrance

Von Mengen kann man auch bei Délifrance berichten: Erst im Juni hat man eine vierte Produktionslinie in Roman-sur-Isère (Frankreich) für Viennoisserie in Betrieb genommen. Das Werk ist das modernste und leistungsstärkste in Europa und bekannt als Kompetenz-Zentrum für Produkte wie „Croissants“, „Pains aux Chocolat“ und „Pains aux Raisin“. Mit dem Ausbau können jetzt die Kapazitäten kräftig erhöht werden. Neben den süßen Bestsellern (konventionell und in Bio-Qualität), entwickeln sich aber auch gesündere Alternativen gut. Christina Köstler, Délifrance Marketingleiterin: „Sehr erfolgreich hat sich etwa das vegane ‚Dinkel-Quinoa-Croissant‘ entwickelt, das gerne als Basis für vegane Sandwiches eingesetzt wird.“ 

Frisch gebacken.

Brot und Gebäck, das über die Frische-Theken des Landes verkauft wird, ist nach wie vor echtes Bäckerhandwerk. Ob aus Österreich oder international – die Bäcker haben gelernt, ihre Traditionen und ihr Können auch auf große Mengen anzupassen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist natürlich eine ausgefeilte Technik, aber auch beste Rohstoffe und Innovationsgeist. Und v.a. der Faktor Mensch, dessen Gespür und Sorgfalt sowohl in den großen Bäckereien als auch beim Backen bzw. Fertigbacken im Handel letztlich über die Qualität entscheidet.