Muss sein

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Wenig kompromissbereit zeigt sich das Gros der Verbraucher, wenn es um die Qualität ihres Kaffees geht: Bester Geschmack ist dabei ein Muss – und Nachhaltigkeit ein Anliegen, das deutlich an Relevanz gewonnen hat. Geht beides Hand in Hand, ist das den Konsumenten auch einen höheren Preis wert.

Werfen wir zu Beginn einen Blick auf die Marktzahlen, aus denen sich ja bereits wesentliche Dinge schließen lassen: Der Gesamtmarkt (Retail Sales of Coffee, also nicht nur klassischer LEH und DFH, sondern auch Fachgeschäfte und andere Vertriebsschienen) ist in Österreich 2020 im Vergleich mit 2019 wertmäßig um 5% gewachsen und betrug 777 Mio. €. Der Trend liegt weiterhin bei der Zubereitung auf Knopfdruck, d.h. sowohl das Segment Einzelportionen (insbes. „Nespresso“- kompatible Kapseln) als auch der Bereich Ganze Bohne für Vollautomaten wachsen, während Filterkaffees an Marktanteilen verlieren. In der Nielsen-Betrachtung der letzten Monate zeigt sich ebenfalls weiterhin ein starkes Wachstum mit 4% (Nielsen, LEH + DFH inkl. H/L, KW 01-28 2021). Weit über diesem Wert entwickeln sich „Nespresso“-kompatible Kapseln: Sie treiben den Markt mit +12,7% im Umsatz an (Nielsen, LEH inkl. H/L, Kaffeeportionen, YTD inkl. KW36/21). Ebenfalls über dem Marktwachstum liegt das Segment Ganze Bohne, hier diagnostiziert Nielsen (YTD 01-28/21, LEH + DFH inkl. H/L) ein Absatz-Plus von 13%. Das bedeutet: Kaffee, der auf Knopfdruck zubereitet werden kann – also in Kapselmaschinen oder Espressomaschinen (Vollautomaten oder Siebträger) – wird immer beliebter. Diese Entwicklung ist auch im Wunsch nach verlässlicher Qualität begründet.

Frische.

Ein wesentliches Kriterium für die geschmackliche Qualität von Kaffee ist die Aromenvielfalt. Neben der einfachen Zubereitung (und dem starken Marketing des Marktführers) ist das sicherlich der wesentliche Grund dafür, warum „Nespresso“-kompatible Kaffee-Kapseln so gut bei den Verbrauchern ankommen: Der Kaffee, der frisch gemahlen (vorwiegend) in Aluminium-Kapseln luftdicht verpackt wird, schmeckt den Konsumenten einfach. Schließlich verliert er bis zur Zubereitung auch kaum an Aromen. Die Marke „Starbucks“ (Nestlé) räumt in diesem Segment gerade ordentlich ab: Mit 44,9% Wachstum im Umsatz und einem Marktanteil von 21,8% (Nielsen, LEH inkl. H/L, NCC, YTD KW 36/21) punktet die Brand bei den Verbrauchern ganz offensichtlich. Christiane Fellner, Business Executive Coffee & Beverages Nestlé Österreich: „Den Erfolgsfaktor in Sachen Einzelportionen sehen wir nicht nur in der einfachen Zubereitung, sondern auch in der hohen und gleichbleibenden Qualität, mit der der Kaffee zubereitet werden kann. In der Kapsel wird unser Kaffee hermetisch versiegelt, damit er vor schädlichen Einflüssen wie Sauerstoff, Feuchtigkeit oder Licht geschützt ist.“ 

Contra.

Allerdings bremst das Müllaufkommen – das zeigt eine aktuelle Studie von Offerista im Auftrag von PRODUKT – die Euphorie der Verbraucher. So geben 3 von 4 Befragten an, dass für sie eine geringe Müllproduktion bei der Kaffeezubereitung zumindest wichtig ist und fast 60% der Verbraucher, die keine Kapselmaschine nutzen, tun das, weil ihnen das Müllaufkommen zu groß ist bzw. sie die Zubereitungsmethode als nicht nachhaltig empfinden. Strategien, die hier ansetzen, sind also essentiell für den weiteren Erfolg des Segments. Fellner: „Als Pionier des Segments sehen wir in der stetig wachsenden Bedeutung des Formats eine deutliche Bestätigung. Wir sind uns aber auch unserer Verantwortung beim Recycling und der Sicherstellung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft bewusst.“ „Starbucks“-Kapseln können daher, wie auch „Nespresso“-Portionen in den über 2.000 Sammelstellen abgegeben werden. 

Hand in Hand.

Überhaupt ist anzumerken, dass Nachhaltigkeit (auf unterschiedlichen Ebenen) für die Verbraucher immer selbstverständlicher Hand in Hand mit einem Premium-Anspruch geht. Das zeigen etwa die Ergebnisse einer Studie des Kaffeeverbandes, die Marketagent kürzlich durchgeführt hat. Marcel Löffler, GF Julius Meinl und Präsident des Kaffeeverbands: „Für die Österreicher hat die Qualität ihres Kaffees oberste Priorität. Unsere Studie zeigt aber auch, dass sich die Verbraucher ihrer Verantwortung bewusst sind: Es geht nicht mehr allein um den Genuss beim Kaffee, wir Österreicher wünschen uns auch, dass er nachhaltig ist.“ Im Detail zeigt sich, dass Nachhaltigkeit bei Kaffee vorrangig im Bereich Soziales (faire Arbeitsbedingungen etwa) gesehen, aber auch hinsichtlich umweltschonender Anbaumethoden und in Sachen Verpackungen verortet wird. Löffler: „Positiv überrascht haben uns bei den Ergebnissen insbesondere zwei Aspekte – einerseits die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit bei Kaffee insgesamt – diese ist höher als von uns eingeschätzt. Andererseits zeigt die Umfrage auch klar: Die Konsumenten denken völlig richtig! Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf Verpackung und Abfall allein, sondern ist viel weiter zu sehen. Und das wird noch wichtiger werden. Wir sehen das als Auftrag, den Nachhaltigkeitsgedanken in der Branche weiter voranzutreiben.“

Bereit.

Dass es sich dabei nicht um Lippenbekenntnisse handelt, sondern auch die Kauf-Akte entsprechend sind, berichtet u.a. Catherine Luckner, Marketingleiterin Julius Meinl: „Wir sehen eine besonders gute Entwicklung bei allen Top-Produkten für Vollautomaten. Dazu zählt unsere ‚Premium Collection Espresso Arabica‘ und ‚Caffè Crema Selezione‘, die nicht nur mit hoher Qualität, sondern auch mit nachhaltiger Produktion bei den Espresso-Liebhabern punkten.“ Auch die erst kürzlich lancierten Neuheiten „Julius Meinl Mokka“ und „Just Roasted“ richten sich an eine besonders anspruchsvolle Zielgruppe. 

Zusammenhang.

Beim Grazer Röster J. Hornig sieht man ebenfalls einen deutlichen Zusammenhang von Qualität und Nachhaltigkeit. Philipp Lackner, Head of Marketing bei J. Hornig: „Auch wenn Qualität und Nachhaltigkeit unterschiedliche Bereiche fokussieren, hängen sie unmittelbar zusammen, denn sie bestätigen einen sorgsamen Umgang mit den Bohnen, Farmern und dem Anbaugebiet und verfolgen beide das Ziel, hohe Produkt-, Umwelt- und soziale Qualität zu schaffen.“ Die Gütekriterien Qualität, Geschmack und Nachhaltigkeit vereint findet man zum Beispiel in der „J. Hornig“- Spezialitätenkaffee-Linie, die fünf erhältlichen Sorten fokussieren auf die Besonderheit, die Herkunft und Aufbereitung der jeweiligen Bohnen.

Zusammenspiel.

Dass man Qualität nicht mehr ohne Nachhaltigkeit denken kann, sieht man auch bei Tchibo so. Erik Hofstädter, GF Tchibo: „Qualität und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand, denn beim Kaffeeanbau zeigt sich ganz deutlich: Es geht um das Zusammenspiel aus ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten, damit die Kaffee-Qualität auch in Zukunft sichergestellt ist.“ Genauso sieht man das bei Coca-Cola HBC Österreich, die neuerdings mit der Marke „Costa“ im LEH auch vertreten sind. Katharina Walzl, Coffee Brand Managerin: „Nachhaltigkeit ist ein essenzieller Aspekt, der oft Hand in Hand mit Qualität geht und ermöglicht, dass wir auch morgen noch qualitativ hochwertigen Kaffee genießen können.“ 

Gute Aussichten?

Nachhaltigkeit in den Qualitätsgedanken miteinzubeziehen, macht also insgesamt Sinn: Ohne wirksame Strategien, die den Bauern – die schon jetzt mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind – ein faires Einkommen zu sichern und ihnen zu ermöglichen, nachhaltige und effektive Anbaumethoden zu etablieren, wird es in Zukunft nicht gehen. Till Robert, Rohkaffee-Einkauf, Dallmayr: „Dass Genuss und ein gutes Gewissen bei den Verbrauchern zusammen gehören, ist eine schöne Entwicklung, die wir unterstützen, denn um dauerhaft hohe Kaffeequalität zu erzeugen, müssen wir rücksichtsvoll mit der Natur und den Menschen vor Ort umgehen.“ Bei Dallmayr zählt man daher auf vertrauensvolle, langjährige Partnerschaften im Einkauf. Robert: „Die Basis ist ein klares, gemeinsames Qualitätsverständnis, dafür etablieren wir bei den Lieferanten unsere ‚Dallmayr Qualitäts-Standards‘ und zahlen faire Preise.“

Neueinsteiger.

Auf besondere Qualitäten zielen aktuell auch zwei Kaffee-Neueinsteiger ab. „Black Insomnia“ will den Verbrauchern den stärksten Kaffee der Welt anbieten und das in allen Formaten. Der tief schwarze, aber sehr aromatische Kaffee für den besonderen Energie-Kick ist als Ganze Bohne, NC-Kapsel, in der Dose und – besonders innovativ – als Pour Over-Bag zum Filtern einer einzelnen Tasse Kaffee erhältlich. Letzteres ist für alle relevant, die auch unterwegs nicht auf ihren besonderen Kaffee verzichten möchten. Auch der zweite Neueinsteiger, „Blaek“, bietet Reisenden ein Qualitätsprodukt: In Einzelverpackungen ist Instant-Kaffee mit Qualitätsanspruch zu haben. Luis Herget, CEO, ist überzeugt davon, dass der Trend ganz klar in Richtung Premium geht: „(Zu) billiger Kaffee wird so schnell nicht an Bedeutung verlieren. Jedoch ist der Markt heute vielschichtiger. Es gibt sehr viele kleine Player am Markt, die Anzahl an kleinen Röstereien und Kaffees ist deutlich gestiegen. Mit ihnen steigt auch das Interesse und das Bewusstsein für hochwertigen Kaffee. Und dieser Trend macht auch vor dem LEH nicht halt.“