Nachgefragt

Thomas Schwabl, Eigentümer und GF von Marketagent.com

Über die Einstellungen der Konsumenten Bescheid zu wissen, dies kann für Handel wie Markenartikler in unterschiedlichsten Situationen hilfreich sein. Wir haben mit Thomas Schwabl, Eigentümer und GF von Marketagent.com, darüber gesprochen, welche Möglichkeiten die moderne Markt- und Meinungsforschung bietet.

PRODUKT: Marketagent ist 20 – Gratulation zu diesem Jubiläum! Wie hat sich Ihr Unternehmen in diesen zwei Jahrzehnten entwickelt?
Schwabl: Unser Start war alles andere als rosig und es lagen zu Beginn mehr Steine als rote Teppiche auf unserem Weg. Was im Jahr 2000 als Do-it-Yourself-Plattform für SMS-Umfragen begann, hat sich aber zu einem führenden Institut für digitale Markt- und Meinungsforschung im deutschsprachigen Raum entwickelt. Während sich das ursprüngliche Geschäftsmodell nicht nachhaltig etablieren konnte, wurde das selbst rekrutierte Online Panel mit knapp 1,8 Millionen befragungswilligen Konsumenten in 62 Ländern zur Erfolgsstory. So konnten wir Jahr für Jahr unseren Umsatz kontinuierlich steigern und auch 2019 ein Wachstum gegenüber dem vergangenen Geschäftsjahr von 19,1% einfahren.

PRODUKT: Was waren für Sie die überraschend­sten Studienergebnisse der letzten 20 Jahre?
Schwabl: Grundsätzlich versuchen wir uns jedem Forschungsthema ohne Erwartungen an das Ergebnis und ohne Resultat-Prognose zu nähern. Das nimmt uns zwar die Überraschung, ist aber die einzige Möglichkeit ein professionelles Studiendesign zu entwickeln. Die MaFo-Praxis zeigt aber auffallend häufig, dass sich Klischees bestätigen. Mich persönlich verwundert immer wieder die Werbeforschung. Da dürfte meine persönliche Präferenz doch deutlich von der Gesamt-Population abweichen. Aber genau dafür ist ja die Marktforschung da.

PRODUKT: Welche großen aktuellen Trends des FMCG-Bereichs waren vor 20 Jahren noch gar nicht spürbar? Und welche Konsumentenbedürfnisse haben die Zeit überdauert?
Schwabl: Aktuell ist das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde und befeuert durch das Thema „Plastik-Vermeidung“ feiert das Mehrweggebinde gerade sein Comeback – zumindest in den Köpfen vieler Produktmanager. Diese Entwicklung hat man vor 20 Jahren nicht erwarten dürfen, als der Siegeszug der PET-Flasche begann. Auf der anderen Seite sind die Trends „Wellness“ und „Health“, aber auch „Bio“ und „Regionalität“ schon seit längerem auf der Trend-Landkarte. Und ein Abflachen ist hier nicht in Sicht.

PRODUKT: MaFo am Handy gewinnt an Bedeutung. Möchten Sie uns eines Ihrer mobilen Forschungsinstrumente vorstellen?
Schwabl: Sehr gerne! Brand.Swipe ist ein innovatives Tool der mobilen Marktforschung, das eine intuitive Bewertung von Marken via Smartphone App ermöglicht. Die Untersuchungsmethode ist jener der App Tinder ähnlich – durch das Verschieben von Markenlogos nach rechts oder links (positive oder negative Assoziation) wird spontan die Sympathie von 1.131 Marken erhoben. Es vereint „Gamification“, also die spielerische Abbildung eines Fragebogens am Smartphone, mit großen Fallzahlen. Mit anderen Worten, über die Tinder-Mechanik können wir mehrere tausend intuitive Markenbewertungen innerhalb kürzester Zeit erheben und so Trendverläufe und Entwicklungen engmaschig reporten. Seit dem Startschuss im Jänner 2017 wurden bereits mehr als 15 Millionen Bewertungen abgegeben. 

PRODUKT: Und wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Markt- und Meinungsforschung und Ihrer Möglichkeiten in den nächsten Jahren ein?
Schwabl: Big Data wird zum Game Changer in unserer Branche. Eine Vielzahl an Daten, die bisher durch Umfragen erhoben wurden, werden künftig durch Messungen wesentlich schneller und genauer zur Verfügung gestellt. Dieser deutlich einfachere Zugang zu Daten wird seine Spuren hinterlassen und daher wird eine Neuorientierung vieler Institute unabdingbar notwendig. Die Datenerhebung an sich wird signifikant an Bedeutung verlieren, während Beratung und Consulting wichtiger werden. Da aber Motive auch künftig noch erfragt werden müssen, wird es auch in den nächsten Jahren noch einen Platz für die Markt- und Meinungsforschung geben, vorausgesetzt man geht mit der Zeit. 

PRODUKT: Herzlichen Dank für das Gespräch!