Rot-weiß-rot geht vor

Franz Sinabell/Wifo und LK-Ö-Präsident Josef Moosbrugger (v.l.)

Regionale Produkte in den LEH-Regalen stärken nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch den Arbeitsmarkt sowie die komplette vor- und nachgelagerte Wirtschaft. Zu diesem Schluss kommt eine Wifo-Studie zum Thema „Die Wertschöpfungskette von Agrargütern und Lebensmitteln in Österreich“.

Durchgeführt im Auftrag der österreichischen Landwirtschaftskammer (LK-Ö), lieferte die Studie auch für die durchführenden Forscher das eine oder andere überraschende Ergebnis. Hierfür erhob das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in einem ersten Schritt die gesamte Wertschöpfungskette von Agrargütern und Lebensmitteln in Österreich bis auf Bezirksebene. 2018 waren hier über 413.000 Personen beschäftigt (Brutto-Wertschöpfung: 18 Mrd. €). Im Verhältnis zur gesamten Volkswirtschaft betrug der Anteil der Beschäftigten über 9,2% (davon 3 Prozentpunkte in der Landwirtschaft) und der Anteil der Wertschöpfung 5,2% (0,9% Landwirtschaft).


Modellanalyse. Im zweiten Schritt wurde eine Modellanalyse durchgeführt. Dabei reduziert die Studie die Importe von Agrargütern und Lebensmitteln um 1% und füllt die entstehende Lücke durch heimische Produkte. Rein nachfrageseitig entspricht ein Plus von 1% im Agrarsektor einer Produktionssteigerung im Wert von 28 Mio. € und in der nachgelagerten Verarbeitung von 88 Mio. €, insgesamt also 116 Mio. €. Durch die Produktionsausweitung in der Landwirtschaft wächst in den vorgelagerten Branchen die Wertschöpfung um 70 Mio. €, wodurch 2.100 Beschäftigte ausgelastet sind. Verringert man nun auch die Importe von Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren um 1%, ersetzt die frei werdende Lücke durch heimische Produkte und kombiniert das Ergebnis mit dem vorigen Szenario, so reagiert die Volkswirtschaft mit einer Steigerung der Wertschöpfung um 141 Mio. €, womit über 3.100 Beschäftigte verbunden sind. Vergleichbare Effekte sind auch zu erwarten, wenn stattdessen die Exportnachfrage steigt. Sinkt die Nachfrage nach Agrargütern um 1% und verwendet bzw. konsumiert man stattdessen importierte Güter, so wirkt sich das spiegelbildlich negativ für die Volkswirtschaft aus. „Der Handel muss sich bewegen. Österreichische Bäuerinnen und Bauern sind nicht austauschbar“, sagt dazu LK-Ö-Präsident Josef Moosbrugger: „Wir sind nicht nur Zulieferer der Eigenmarken, wir müssen die Markenstrategie selbst in die Hand nehmen.“


Hintergründe. „Wir haben 1% gewählt, da dies ein realistisch machbarer Umfang ist. Eine Steigerung um sagen wir 20% an Agrargütern wäre in Österreich gar nicht so einfach zu machen, da wir beispielsweise nicht genug Fläche haben“, so Wifo-Forscher Franz Sinabell im PRODUKT-Gespräch: „Der Handel macht relativ viel, um zu kommunizieren, dass seine Lebensmittel aus Österreich kommen. Und meine Vermutung ist, dass damit eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden vorhanden ist.“ Offenbar habe man mehr Umsatzbringer, wenn verstärkt die rot-weiß-rote-Fahne auf den Produkten ist. In der Studie erhoben habe man das jedoch nicht.