Tauziehen um Pfandsystem

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In den letzten Wochen verschärfte sich die Debatte über die Einführung von Einwegpfand sowie gezielter Mehrweg-Quoten für Getränkeverpackungen. Einig sind sich die Stakeholder im Bekenntnis zum Umweltschutz. PRODUKT hat sich angesehen, wo die Meinungen auseinandergehen.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ließ mit einem 3-Punkte Plan zur Eindämmung des Plastikmülls aufhorchen. „Ich werde der Plastikflut in Österreich nicht zusehen“, lässt Gewessler wissen. Konkret geht es um die Einführung des Einwegpfands und einer Mehrwegquote (schrittweise Steigerung auf 25% bis 2030) bei Getränkeverpackungen sowie eine Herstellerabgabe für Plastikpackaging (rd. 80 Cent/kg). Letztere soll die EU-Plastiksteuer finanzieren, die ab 2021 für nichtrecycelbare Kunststoffverpackungen schlagend wird.Gewessler beruft sich bei ihren Plänen auf eine 2019 durchgeführte Studie zu den „Möglichkeiten zur Umsetzung zur EU-Vorgabe betreffend Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg“, im Auftrag der damaligen Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Hier kommt man zum Schluss, dass das Erreichen eines wichtigen EU-Zieles, der Getrenntsammelquote von 75%, ohne Bepfandung unrealistisch ist. Diese beugt zudem Littering vor, wie es das Beispiel anderer Länder zeigt. „Pfand ist keine Raketenwissenschaft. Es ist eine gelebte Praxis in vielen europäischen Ländern“, kommt Christian Abl (GF ÖPG Pfandsystemgesellschaft) Kritikern zuvor.

Modelle.

Umweltministerin Leonore Gewessler: „Ich werde der Plastikflut in Österreich nicht zusehen.“

Wenig Freude mit obigen Plänen haben die Wirtschaft und der Handel. Die WKO präsentierte ihrerseits ein mehrstufiges Modell zur EU-Zieleerreichung. Es bezieht Betriebe, Haushalte und den Außer-Haus-Konsum ein und setzt an drei Hebeln an: Zum einen geht es um die verbesserte Wertstofferfassung durch eine verstärkte Aufstellung von Behältnissen für die getrennte Sammlung. Zum anderen will man die Sortierung verbessern. Dritter Punkt sind bewusstseinsbildende Kampagnen, um Littering entgegenzuwirken. Bei Gewesslers Modell rechnet man mit Mehrkosten von über 60 Mio. € im Jahr sowie einem Strukturwandel bei Nahversorgern im negativsten Sinne. Die WKO plädiert damit für ein Ausbauen des aktuellen Systems, für das zudem die hohen Sammelquoten in einigen Bundesländern – bei PET-Flaschen von über 90% – sprechen. Diese Zahlen „nicht nachvollziehen“ kann hingegen Abl und wünscht sich eine „transparente und faktenbasierte Kommunikation“. Unterstützung erhält er von der Landwirtschaftskammer, die sich klar für ein Einwegflaschenpfand ausspricht. 75% des achtlos weggeworfenen Abfalls sind Einweggetränkeverpackungen, davon fallen allein in Oberösterreich entlang der Landesstraßen 400t pro Jahr an – mit Entsorgungskosten von € 40.000,-. Diese Summe geht zulasten der Eigentümer der Wiesen und Äcker, also der Bauern.
Das jetzige System verbessern und vereinheitlichen will nicht nur die ARA, selbst Marktführer bei getrennter Sammlung, sondern auch der Handelsverband. Dessen Sprecher Rainer Will: „Die österreichische Wirtschaft hat in den letzten Jahren dreistellige Millionensummen investiert, um ein effizientes Getrenntsammelsystem aufzubauen, um das uns heute viele Länder beneiden. Es wäre völlig unangebracht, jetzt ein teures und ineffizientes Parallelsystem aufzubauen, das gleichzeitig das etablierte System schwächt.“

Dogma.

Das „Mehrweg-Dogma“ für nicht mehr „zeitgemäß“ hält das Forum PET/ Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK). „Eine universelle Verpackungslösung gibt es nicht“, fasst GF Isabell Schmidt zusammen und vermisst eine ganzheitliche Betrachtung der Ökobilanz. Achilles-Sehne im Mehrweg-Bereich sei der Transport, der gerade bei schweren Flaschen viel CO2-Ausstoß verursache.