Trendfaktor Selbermachen

© Stokkete/shutterstock

Nach dem LEH und dem Modehandel sind hierzulande Bau- und Gartenmärkte umsatzmäßig die drittstärkste Branche. Eine stabile Sparte mit hoher Marktkonzentration, der jedoch der gesellschaftliche Wandel einige Hausaufgaben aufgibt.

Die drei größten Anbieter schaffen hierzulande insgesamt einen Marktanteil von 67,2%, die Top 5 kommen sogar über 92% (Regio Data Research 2019). Nummer 1 ist seit Jahren Obi, gefolgt von der RWA Gruppe, Hornbach, Bauhaus und Hagebau (Statista 2018). Dem BHB Handelsverband Heimwerken Bauen & Garten zufolge bewältigte die Branche das erste Halbjahr 2020 sehr gut. In dieser volatilen Sonderkonjunktur werden nun die nächsten Wochen entscheidend sein.

Topics.

Eine Herausforderung für das DIY-Segment stellt die Klimaschutzbewegung dar, denn gerade von dieser Branche wird eine klare Haltung eingefordert. „Unsere Händler üben hier schon in vielerlei Hinsicht Vorreiterfunktion aus“, ist Peter O. Wüst, BHB Hauptgeschäftsführer, überzeugt. Er verweist auf Recycling-Annahmestellen, Zisternen zur Pflanzenbewässerung oder Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge. Weiteres großes Topic ist die Digitalisierung und der Online-Handel. Der BHB empfiehlt einen fließenden Übergang zwischen Online- und Offline-Welt, einen „Seamless Commerce“. Der Charakter der Bau- und Gartenmärkte wird künftig eine multifunktionale Mischung aus Warenangebot, Showroom und Learning bzw. Workshop-Lounges bilden. „Es wird neben dem Handel mit Produkten viel mehr darum gehen, den neuen Heimwerker-Generationen wieder DIY-Fähigkeit zu vermitteln“, sagt Wüst. Klar profitieren hingegen kann die Branche von der andauernden Niedrigzins-Phase und dem Trend, das eigene Haus zukunftsfest zu sanieren und renovieren. Die zeitgleiche Verteuerung von Handwerkerleistungen fordert den Heimwerker wieder zum klassischen Do-it-yourself.

Verzahnung.

„Wir sehen, dass sich die Ansprüche, Erwartungen und Verhaltensweisen unserer Kunden massiv verändern“, bestätigt Marek Thiemel, GF Hornbach Österreich. Er verweist jedoch auf eine wichtige Gemeinsamkeit: „Letztlich geht es immer noch um das Projekt. Der Kunde möchte sein Zuhause sanieren, modernisieren, verschönern, ausbauen etc. Das war 1968 so und wird auch im Jahr 2068 so sein.“ Bei Hornbach betrachtet man Onlineshop und stationäre Märkte nicht losgelöst voneinander: „Im Wissen, dass gerade diese Verzahnung den Kunden gewaltige Vorteile verspricht, die ein Online-Player oder ein rein stationärer Händler so nicht bieten kann“, so Thiemel. Auch für Hornbach-Kunden wird Nachhaltigkeit immer relevanter, etwa wie und wo Artikel hergestellt werden. „Das heißt für Hornbach, dass Artikel, die aus ethischen oder ökologischen Überlegungen nicht mehr zum Unternehmen passen, ausgelistet werden“, so Thiemel. Vom Rückzug ins eigene Zuhause in diesem Jahr profitierte Hornbach. Der Konzernumsatz erhöhte sich im ersten Halbjahr 2020 um 19,4% (flächen- und währungskursbereinigt).

Regional.

„Besonders gefragt waren heuer Bau- und Renovierungsmaterialien sowie Gartenprodukte. Einerseits wurde viel zu Hause renoviert und ausgemalt, andererseits haben wir einen Boom bei Outdoorgeräten, von Gartengrills bis Pools, erlebt. Unsere Kunden kaufen auch vermehrt Qualitätsprodukte, um möglichst langfristig mit den jeweiligen Lösungen zufrieden zu sein“, schildert Hagebau Österreich Niederlassungsleiter Clemens Bauer. Umfassende Pläne gibt es für 2021, denn Hagebau plant einige Filialumbauten und Erweiterungen, etwa in Zell am See. Ziel ist es, dank guter Kenntnis der Bedürfnisse vor Ort regionale Kundenwünsche zu bedienen.