Vielfalt heißt viele

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Die deutsche Unternehmerin Tijen Onaran ist Autorin und Moderatorin sowie CEO des Beratungsunternehmens Global Digital Women – wir haben mit ihr über die Grundlagen von Diversity und warum Vielfalt auch ein Garant von Innovationen und Erfolg ist, gesprochen.

Tijen Onaran, Autorin, Moderatorin sowie CEO
des Beratungsunternehmens Global Digital Women

PRODUKT: Am Begriff „Diversity“ kommt man aktuell kaum mehr vorbei. Können Sie unseren Leser:innen kurz und prägnant erklären, was darunter zu verstehen ist?
Onaran: Diversity ist übersetzt Vielfalt. Und Vielfalt bedeutet, dass zum Beispiel Menschen unterschiedlicher Generationen, Geschlechter, Nationalitäten, Hautfarben und vielem mehr zusammenarbeiten. 

PRODUKT: Warum ist Diversität tatsächlich wichtig, etwa auch im ökonomischen Sinn?
Onaran: Diverse Teams sind erfolgreicher als nicht-diverse Teams. Studien zeigen, dass beispielsweise Teams mit hoher Geschlechtervielfalt eine um 25% höhere Wahrscheinlichkeit auf mehr Geschäftserfolg haben. Wenn man selbst darüber nachdenkt, wird einem bewusst: Natürlich ist es einfacher an einem Tisch zu sitzen, an dem nur „Mini-Me’s“ von mir selbst sitzen – Menschen, die genauso ticken wie ich. Aber spannender sind doch die Tische, an denen Vielfalt sitzt, da ganz unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen! 

PRODUKT: Man kennt Ihre Aussage, dass Diversität ein Motor für Innovationen sei – bitte erklären Sie uns diesen Gedanken!
Onaran: Nehmen wir an, ein Team arbeitet an der Entwicklung einer App und möchte mit der App eine breite Zielgruppe ansprechen – sprich: verschiedene Generationen, Geschlechter, Nationalitäten. Da ist es ungemein wichtig, dass im Team ebenfalls Vielfalt gegeben ist – nur so kann die diverse Zielgruppe erreicht werden. Da es eben im Team Menschen gibt, die ebenfalls verschiedener Nationalitäten oder auch Generationen sind. Wo Vielfalt rauskommen soll, muss auch Vielfalt drin sein! 

PRODUKT: Was wären die ersten konkreten Schritte eines Unternehmens in Richtung Diversity?
Onaran: Zunächst gilt es Diversity-Ziele zu definieren. Das können Quoten sein, aber auch Recruitingziele – denn ohne Ziel keine Umsetzung!  Wenn es Ziele gibt, ist es auch einfacher Maßnahmen zu definieren. Ein Beispiel: Das Ziel ist es, mehr weibliche Talente fürs Unternehmen zu begeistern, dann kann eine Maßnahme sein zu überlegen, wo die Stellen ausgeschrieben werden und vor allem wie: Welche Sprache wird verwendet und vieles mehr. Der wichtigste Schritt ist also: Nicht schnacken, sondern machen! 

PRODUKT: Schildern Sie uns ein paar typische Fehler, die beim Engagement bzgl. Diversity passieren können!
Onaran: Der größte Fehler ist sicherlich Aktionismus. Schnell irgendwas zu machen, ohne darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist. Ein weiterer Fehler ist keine Zuständigkeiten in puncto Diversität zu definieren. Ich beobachte oft, dass Diversity von Menschen in Unternehmen als zusätzliches Projekt betrieben wird – zusätzlich zu ihrem Job. Dabei braucht es hauptberuflich Menschen, die sich dafür einsetzen.

PRODUKT: Kommt eine Marke ohne Diversity-Aktivitäten heute überhaupt noch aus? Und gilt das für die FMCG-Branche in gleichem Maße wie etwa für Fashion Brands?
Onaran: Diversity ist kein Trend, der morgen wieder vorbei ist. Egal welche Branche, welches Unternehmen – alle sehen sich vor der Herausforderung Talente für ihr Unternehmen zu bekommen. Deshalb appelliere ich immer an die CEOs und Geschäftsführer:innen: Entweder sie setzen sich an die Spitze der Veränderung von Diversity, oder sie werden irgendwann mitverändert. 

PRODUKT: Wieviel haben wir in Sachen Vielfalt und Inklusion schon erreicht – und wieviel bleibt noch zu tun? 
Onaran: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem, was Diversität betrifft. Einige Schritte sind schon getan: Wenn wir uns den aktuellen deutschen Bundestag oder unsere Regierung anschauen: Diversität ist zu sehen. Auch die Frauenquote zeigt Wirkung und vor kurzem hat Fresenius Medical Care bekanntgegeben, dass sie mit Carla Kriwet eine CEO an die Spitze eines DAX Unternehmens bekommen, das wäre dann die zweite. Neben Belen Garijo, der CEO von Merck, sind es dann zwei Frauen, die einem DAX Konzern vorstehen. 2 von 40 – und das beantwortet die Frage, was noch zu tun ist. Genau das: jetzt nicht nachzulassen, sondern weiterzumachen. Denn Vielfalt heißt nicht eine, Vielfalt heißt viele! 

PRODUKT: Vielen Dank für das Gespräch!