Von Nutzen und Würde

Bei Wiesbauer Wien stehen heuer einige Investitionen am Plan. PRODUKT hat nachgefragt und sich zudem mit GF Thomas Schmiedbauer über Wiesbauers Brand Purpose unterhalten.

Thomas Schmiedbauer, GF Wiesbauer Wien

PRODUKT: Was ist Ihr Brand Purpose?
Schmiedbauer: Die Marke muss einen gewissen Mehrwert haben, anders als eine Handels- oder Eigenmarke. Auch wenn die Eigenmarke den Namen ‚Marke‘ trägt, stehen bei Wiesbauer Werte dahinter – wie Tradition, Familienunternehmen, kontinuierliche Qualität und vor allem guter Geschmack. Es sollte im Markenwert verankert sein und der Konsument genau aus diesen Gründen zugreifen. Und letztendlich darf und sollte man durch die Marke Geld verdienen. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist das für mich einer Marke nicht würdig.

PRODUKT: Wie stellen Sie sicher, dass die gante Kette fair verdient?
Schmiedbauer: Sicherstellen kann man das leider nie zu 100%. Aber wenn ein Hersteller zu wenig erhält, kann auch keine Partnerschaft entstehen oder aufrechterhalten werden. Eine gemeinsame Entwicklung ist da oft sehr schwer. Daher muss ein Artikel so gut produziert werden, dass der Einkäufer des LEH bereit ist, mehr zu bezahlen als für Preiseinstiegs- oder Eigenmarken. Wie auch der Konsument bereit sein muss, mehr Geld auszugeben, etwa weil der Artikel besser schmeckt, einen Namen hat, Kontinuität darstellt und er ihn seit Jahren kennt – im Falle von Wiesbauer sogar seit 90 Jahren. Für mich sind Handels- und Eigenmarken ordentliche Produkte, aber sie haben nicht den gewissen USP. Nachgemachte Produkte können nie so schmecken wie das Original. Wir produzieren unsere seit Jahrzehnten und entwickeln sie laufend weiter, das ist auch unsere Aufgabe und Verantwortung als Markenartikler.

PRODUKT: Wie geht Wiesbauer mit dem boomenden Thema Tierwohl um?
Schmiedbauer: Wir decken Tierwohl über unsere langjährigen österreichischen Partner ab und sehen es als Aufgabe und Verantwortung unserer Schlächter und deren Vertragsbauern, die wir auch selbst kontrollieren. Wir kaufen nur von unseren Qualitätsmanagement kontrollierten Schlachthöfen. Deren Vorgabe ist hier ganz klar: Tiere müssen unter entsprechenden österreichischen gesetzlichen Vorgaben gehalten werden und die aktuellen Vorgaben des erweiterten Tierwohls erfüllen.

PRODUKT: Wie lief das Jahr 2020 bei Wiesbauer?
Schmiedbauer: Im Wurstbereich war der Absatz und Umsatz positiv. Die Mehrumsätze waren aber geprägt von Überstunden aufgrund des Mengenaufkommens durch die Hamsterkäufe im März/April 2020. Am Ende des Jahres waren wir etwas über dem Vorjahresniveau. Wiesbauer, Senninger und Wiesbauer Dunahus hatten von Jänner bis April überdurchschnittliche Absätze, dann normalisierte sich der Bestellrhythmus. Insgesamt sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Es war ein neutrales Jahr und bei diesen Rahmenbedingungen ist das okay.

PRODUKT: Wie geht es Ihrem Gastro-Spezialisten?
Schmiedbauer: Die Situation von Wiesbauer Gourmet ragt natürlich entsprechend heraus. Hier hat es im vergangenen Jahr nicht nur traurig ausgesehen, es war und ist nach wie vor eine Riesenherausforderung. Wenn man von guten 70 Mio. € auf 40 Mio. € herunterrasselt, muss ich nicht mehr erklären, dass das betriebswirtschaftlich mehr als eine Hürde ist. Natürlich haben wir alle Möglichkeiten umgesetzt und alles eingespart, was einzusparen war, bis hin zur Kurzarbeit und dem Abmelden der Fahrzeuge. Gekündigt wurde jedoch niemand. Trotz der einmaligen Serviceleistungen von Wiesbauer Gourmet rechnen wir frühestens 2023 mit einem ähnlichen Umsatz wie 2019. Und das ist schon sehr sportlich.

PRODUKT: Danke für das Gespräch.