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Michael Wurzer, GF Zentrale Arbeits­gemeinschaft der Geflügelwirtschaft ZAG

Die österreichischen Eierproduzenten und Eierverarbeitungsbetriebe stellen ab sofort heimische Ei-Produkte aus Bodenhaltung ganzjährig in AMA-Gütesiegelqualität zur Verfügung. Michael Wurzer, GF Zentrale Arbeitsgemeinschaft der Geflügelwirtschaft ZAG, erörtert die Hintergründe und welche Vorteile die heimische Industrie daraus ziehen kann.

RODUKT: Wie ist es zur Erweiterung dieses Angebots gekommen?
Wurzer: Wir haben in Österreich seit einigen Jahren steigende Legehennenbestände, die Branche entwickelt sich gut. Zudem hat die Firma Amering Salzkammergut Eiprodukte, die AMA-Gütesiegel-zertifiziert ist, ein neues großes Lager in Betrieb genommen. Eier sind, richtig gelagert, ja mehrere Monate gekühlt haltbar, nur braucht man den Platz dafür. Deshalb können wir jetzt auch zu den Spitzenabsatzzeiten genug Eiprodukte liefern, das war früher schwieriger. Generell haben wir einen Selbstversorgungsgrad im Eibereich von knapp 90%, die Hälfte davon geht in den LEH als Frischeier. Knapp zwei Drittel aller ca. 7 Mio. Hennen werden in Bodenhaltung gehalten. Hier haben wir also ein großes Angebot, es ist das ganze Jahr Ware da. Auch aktuell sind die Lager voll.

PRODUKT: Die Hälfte davon geht in den LEH?
Wurzer: Wir haben das Commitment des Handels, nur österreichische Frischeier zu verkaufen. Das ist die Basis für die Erfolgsgeschichte der österreichischen Legehennenhaltung seit dem Ausstieg aus der Käfighaltung. Wenn wir diese Vereinbarung nicht hätten, könnten wir vieles nicht leisten, etwa gentechnikfreie Fütterung mit Donausoja.

PRODUKT: Warum ausgerechnet das AMA-Gütesiegel für Ei-Produkte?
Wurzer: Unter den freiwilligen Kontrollsystemen für Eier und Eiprodukte hat das AMA-Gütesiegel einen klaren Vorteil, und zwar die österreichische Eierdatenbank. Alle 19 AMA-zertifizierten Packstellen melden tagesaktuell sämtliche Aus- und Eingänge in diese Datenbank. Damit kann man den Warenfluss ganz genau rückverfolgen und kauft ein sicheres und ehrliches Ei-Produkt aus Österreich.
Bei Frischeiern sind wir deshalb sehr gut abgesichert. Für Eiprodukte verwendete Eier werden noch nicht durchgängig erfasst. Amering ist momentan das einzige Eiproduktewerk, das AMA-Gütesiegel zertifiziert ist und auch in die Eierdatenbank meldet, das schon seit Jahren. Ich würde mir wünschen, dass alle Aufschlagwerke in Österreich in die Eierdatenbank melden, dafür braucht es aber das Signal der Nachfrage vom Markt. 

PRODUKT: Worum geht es bei der Ei-Kennzeichnung in dieser Verarbeitungsstufe?
Wurzer: Wenn man auf der ersten Verarbeitungsstufe, also im Eiaufschlagwerk, die Herkunft und die Haltungsform gesetzlich verpflichtend kennzeichnen muss, dann ist das die Basis dafür, dass Hersteller der zweiten Verarbeitungsstufe, also beispielsweise Hersteller von Nudeln oder Kuchen, ein ehrliches und klar gekennzeichnetes Eiprodukt aus.
Österreich beziehen und aufbauend darauf Herkunft und Haltungsform am Endprodukt klar kennzeichnen können. Zurzeit obliegt die Kennzeichnung dem Lebensmittelinverkehrbringer nur freiwillig. Wir fordern daher dringend von der Regierung eine gesetzlich verpflichtende Haltungsform- und Herkunftskennzeichnung bei Eiprodukten.
Weltweit werden etwa 90% aller Legehennen, die für den Handel relevant sind, in konventioneller Käfighaltung gehalten. Es ist nicht einzusehen, warum die EU zwar die konventionelle Käfighaltung verboten hat, aber Ei-Produkte dieser Haltungsform noch immer in der EU gehandelt werden dürfen. So auch in Österreich. Wir essen also ohne es zu wissen mit Nudeln und Kuchen große Mengen an Eiern aus einer bei uns nicht erlaubten und nicht tiergerechten Haltung. Nur eine verpflichtende Haltungsformkennzeichnung auf Lebensmitteln mit Eianteil kann das ändern. Die Politik ist dringend aufgefordert zu handeln.

PRODUKT: Österreichische Eier sind teurer. Wo liegt der Nutzen für Hersteller?
Wurzer: Wir sehen vor dem derzeitigen Hintergrund der Corona-Krise, dass die heimische Herkunft bei Eiern für die Menschen in Österreich immer wichtiger wird. Und das ist gut so. Es geht um das Vertrauen in die heimische Qualität, den feinen Geschmack und die Frische österreichischer Eier. Verantwortungsvolle Tierhaltung nach hohen Standards aus überschaubaren Familienbetrieben muss oder darf aber auch einen fairen Preis haben.
Wir sind bei der Vermarktung von Frischeiern schon sehr erfolgreich am Markt und möchten das auch bei Ei-Produkten werden. Die Vorausetzungen sind gut, denn wir haben ein hervorragendes Produkt. Wir bitten Einkäufer allerdings im Interesse der besseren Planbarkeit längerfristige Verträge zu vereinbaren.
Aufgrund der aktuellen Corona-Krise und der saisonunüblich hohen Verfügbarkeit an Rohware ist im Moment sicher ein günstiger Zeitpunkt, auf nachhaltige und kontrollierte heimische Eiprodukte umzustellen. Ich empfehle, bei österreichischen Produzenten nachzufragen und sich ein unverbindliches Angebot machen zu lassen. Die ZAG unterstützt freilich, zum Beispiel mit nützlichen Kontakten.

PRODUKT: Was sind die Pläne der ZAG für die nächste Zukunft?
Wurzer: Wir bieten eine neue Servicestelle für die Gemeinschaftsverpflegung zur Beratung bei Ausschreibungen nach dem Bestbieterprinzip. Wir sehen, dass immer mehr Einrichtungen nicht das billigste, sondern das, im Sinn von Preis und Leistung, beste Produkt einkaufen wollen. Immer mehr Einkäufer von öffentlichen Einrichtungen kommen deshalb auf uns zu und bitten um neutrale Beratung hinsichtlich der Ausschreibungskriterien. Wir helfen sehr gern und professionalisieren dieses Service nun mit einem eigenen Ansprechpartner.
Das nächste große Thema ist, den Ausstieg aus dem Töten der männlichen Legeküken zu planen und umzusetzen. Wir erkennen die weltweit gängige Praxis des Kükentötens als ethisches Problem und werden eines der ersten Länder in der EU sein, das in dieser Frage eine ethisch vertretbare Lösung anbieten wird. Österreich war auch das erste Land, das im gesamten Bio-Segment auf diese Praxis verzichtet hat und stattdessen die Hähne aufzieht. Sie sehen, wir bleiben auch in der Zukunft EU-weites Vorzeigebeispiel im Bereich der tier- und umweltfreundlichen Geflügelhaltung. Wir freuen uns, wenn qualitätsbewusste Einkäufer von Ei-Produkten diesen Weg durch ihr „Ja“ zu österreichischen Ei-Produkten unterstützen.

PRODUKT: Danke für das Gespräch!