Wandel als Chance

Corinne Emonet, CEO von Nestlé Österreich, hat mit PRODUKT u.a. darüber geplaudert, ob die zuweilen aufkommende Kritik an Konzernen gerechtfertigt ist.

Im Rahmen unserer Jubiläumsfeierlichkeiten haben wir mit Nestlé Österreich Geschäftsführerin Corinne Emonet darüber gesprochen, was ihr Unternehmen und ihre Branche in den vergangenen 20 Jahren geprägt hat und was wir von Nestlé in Zukunft erwarten dürfen.

PRODUKT: PRODUKT wurde heuer 20, Sie sind seit über 20 Jahren für Nestlé tätig – welche Vorteile ergeben sich für Sie aus dieser konstanten Zugehörigkeit zu einer Branche bzw. sogar zu einem Unternehmen?
Corinne Emonet: In erster Linie ist das natürlich ein tiefes Verständnis für die Organisation, die Branche und die Kategorie, aber auch die Erkenntnis über notwendige Veränderungen, neue Ideen oder alternative Konzepte. Wir leben in einer schnelllebigen interaktiven Zeit und daher ist der Wandel die einzige Konstante. Dazu ist es notwendig schnelle Entscheidungen zu treffen und dies gelingt umso besser, je besser man ein Unternehmen kennt.  

PRODUKT: Was waren für Sie die wichtigsten Meilensteine einerseits bei Nestlé und andererseits im Handel in den vergangenen zwei Jahrzehnten?
Corinne Emonet: Die letzten 20 Jahre brachten für Nestlé wirklich viele Innovationen: 1999 wurde „Nespresso“ in Österreich eingeführt, 2007 war es „Dolce Gusto“, 2017 „Garden Gourmet“. 2002 wurde „Schöller“-Eis lanciert und 2017 wieder in ein Joint Venture ausgelagert. Schließlich feierten wir 2014 130 Jahre Nestlé in Österreich. Heute haben wir einen klaren Schwerpunkt im Heißgetränke-Segment. Hier führen wir „Starbucks“ gerade ein, eine großartige Gelegenheit eine ganz neue Zielgruppe zu erschließen. Wir freuen uns sehr darauf und erwarten uns auch viel davon.

PRODUKT: Welches Thema, das jetzt erst am Anfang steht, wird die Branche aus Ihrer Sicht noch lange begleiten?
Corinne Emonet: Alternative Ernährungsformen, wie vegetarische oder vegane Ernährung, werden wachsen. Egal ob aus gesundheitlichen Gründen oder aus ethischen Überlegungen werden diese Trends sich weiterentwickeln. Gleichzeitig sind nachhaltige Geschäftspraktiken gefragt, v.a. die jungen Menschen entscheiden sich nur für Produkte, wenn die Anbaumethoden, Entlohnungen oder Lebensumstände der Bauern stimmen und wenn sie genau wissen, woher die Zutaten stammen. Da tut Nestlé schon sehr viel, trotzdem ist es noch ein weiter Weg. International gesehen ist Nestlé Health Science einer der zukunftsträchtigsten Bereiche. Bei dieser Schnittstelle zwischen Medizin und Ernährung investieren wir erheblich in Grundlagenforschung in Richtung der Vorbeugung von Krankheiten. Und wenn wir von Forschung sprechen, darf man nicht vergessen, dass wir auch unsere Produkte gesünder machen wollen, indem wir Salz, Zucker und Fette reduzieren. Auch hier arbeitet ein großes Forschungsnetzwerk, damit auf der anderen Seite der Genuss bleibt.

PRODUKT: Welches Nestlé-Produkt, mit dem Sie im Laufe Ihrer Karriere betraut waren, hat Sie besonders überrascht?
Corinne Emonet: Wie Sie wissen, komme ich aus dem Tiernahrungssegment. Daher ist es „Purina Dentalife“, das mich zwar nicht wirklich überrascht hat, aber so offensichtlich gezeigt hat, dass es bei unseren Produkten nicht nur um Ernährung geht, sondern um das generelle Wohlbefinden. Es ist ein Produkt, das Hunden ermöglicht, gesündere Zähne beizubehalten.

PRODUKT: Mit Ihrer großen internationalen Erfahrung – was ist für den österreichischen Markt charakteristisch?
Corinne Emonet: Die Konzentration beim Handel kenne ich natürlich auch von der Schweiz. Aber zusammen mit Norwegen ist Österreich da an der Spitze. Dies wird massiv auch durch Einkaufsverbünde verstärkt und beeinflusst den österreichischen Markt ganz charakteristisch.
Von Konsumentenseite ist Österreich maßgeblich durch die Kaffeetradition und die Küche charakterisiert. Die Kaffeekultur und auch die traditionellen Kaffeehäuser sind für mich einzigartig. Ebenso die Küche, die eine große Vielfalt bietet und aus der Vergangenheit sehr von den angrenzenden Nachbarländern beeinflusst ist, ist sehr speziell.

PRODUKT: Nestlé als Unternehmen – welche grundlegenden Veränderungen in Sachen Visionen/Leitbild/Philosophie gab es während der letzten 20 Jahre und darüber hinaus? Was sind die wichtigsten Werte, für die Nestlé heute stehen will?
Corinne Emonet: Nestlé will die Lebensqualität verbessern und zu einer gesünderen Zukunft beitragen. Das bedeutet, dass wir für Einzelne und Familien Produkte und Dienstleistungen anbieten, die ein gesünderes und glücklicheres Leben ermöglichen. Es heißt auch unsere Gemeinschaften und unseren Planeten durch nachhaltigen Konsum zu fördern und natürliche Ressourcen für die künftigen Generationen zu erhalten. Hier geht es aber nicht immer nur um unser Kerngeschäft, so bieten wir z.B. mit unserer „Alliance for YOUth“ weltweit jungen Menschen entweder Jobmöglichkeiten oder Bewerbungstrainings. So tragen wir zum Wohlergehen der Gesellschaft bei und sichern zugleich den langfristigen Erfolg unseres Unternehmens. Dieser Ansatz ist nun bei Nestlé mehr als 10 Jahre alt und wir nennen es „Creating Shared Value“ – Gemeinsame Wertschöpfung.

PRODUKT: Global tätige Markenartikelunternehmen stehen heute in Konkurrenz mit Start-ups und regionalen Playern und müssen sich oft auch Kritik stellen – gerechtfertigt?
Corinne Emonet: Es ist nicht gerechtfertigt, aber als global agierendes Unternehmen ist es wichtig, die Kritiken zu hören, um uns zu verbessern. Wir sind nicht perfekt und wir begrüßen auch die neu auftauchenden Mitbewerber, damit Konsumenten eine größere Wahlmöglichkeit haben. Für uns bedeutet dies, dass wir agiler sein müssen, dort können wir viel von den Start-ups lernen. Unser Vorteil ist, dass wir aufgrund unserer Erfahrung und unseres Forschungsnetzwerkes mit 5.000 Mitarbeitern und 40 Forschungs- und Entwicklungszentren sowie einem jährlichen Forschungsinvestment von 1,8 Mrd. Schweizer Franken aber auch eine gleichbleibend hohe Qualität bieten können. 

PRODUKT: Herzlichen Dank für das Gespräch!