PRODUKT: Herr Veit, künftig dürfen bspw. in Wien Apartments nur noch 90 Tage im Jahr an Gäste vermietet werden. Wird die heimische Hotellerie aus Sicht der ÖHV davon profitieren können?
Veit: Ja, das war ein wichtiger Schritt und geht genau in die Richtung. Auf der einen Seite werden die regulären Anbieter, die Mitarbeiter:innen anstellen, investieren und brav Steuern abführen, nicht mehr ausbremst und auf der anderen Seite – darum geht es der Politik in erster Linie – wird die Verknappung und die dadurch zusätzliche künstliche Verteuerung von Wohnraum eingedämmt. Wer also – und da kennt wohl fast jeder wen – sich eine Anlagewohnung anschafft, um die über die Einnahmen aus der Vermietung an Gäste zu finanzieren, wird auf das erhoffte schnelle Geld wohl länger warten müssen. Wichtig ist, dass das auch kontrolliert, also geltendes Recht durchgesetzt wird.
PRODUKT: Generell wird gegen Plattformen für Kurzzeitmiete gekämpft. Welche Konsequenzen ergeben sich hier mittelfristig für Buchungsplattformen?
Veit: Es wird wohl oder übel auf eine Verknappung des Angebots herauslaufen. Bei einem Vergleich der Aktienkurse der größten Plattformen im Hotelsektor auf der einen Seite und der Plattform für Privatzimmervermieter auf der anderen Seite – ich empfehle, den Verlauf der vergangenen fünf Jahre anzusehen – zeigt sich sehr klar, wem Anleger mehr vertrauen. Dass Airbnb-CEO Brian Chesky überlegt, das Geschäftsmodell auf Autovermietung und Pop-up-Stores auszuweiten, könnte als Antwort auf diese Entwicklung zu sehen sein: Das waren definitiv Nachrichten mit Potential, die Kurserwartungen anzuheizen.
PRODUKT: Hat das Modell der privaten Wohnraumvermietung ein Ablaufdatum bekommen?
Veit: Nein, mit Sicherheit nicht – private Wohnraumvermietung ist ein Rückgrat der Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Wenn sich jeder an die Regeln hält, funktioniert das Miteinander wunderbar, die Angebote ergänzen sich, man hat mehr Vielfalt und es ist auch für kleinere Börsen oder längere Aufenthalte – wo die Prioritäten anders liegen – etwas dabei. Was nicht geht, ist sich als kleiner Privatzimmervermieter auszugeben, einen milliardenschweren multinationalen Konzern für Marketing und Vertrieb herzunehmen, im großen Stil an der Steuer vorbei zu erwirtschaften und Wohnraum zu entziehen – alles für den eigenen Profit. Wenn die neuen Regeln gut umgesetzt und laufend weiterentwickelt werden, hat die klassische Wohnraumvermietung nicht nur absolut ihre Berechtigung, sondern auch gute Zukunftsaussichten.
PRODUKT: Wie gehen andere Länder und Städte mit der Sachlage um?
Veit: Mittlerweile sind die meisten aufgewacht. Rom verbietet Aufenthalte von unter zwei Nächten und führt eine Registrierungsnummer ein, um so Steuerhinterziehung zu vermeiden, und eine Richterin hat die Beschlagnahmung von 780 Mio. Euro von Airbnb veranlasst. Wie da der aktuelle Stand ist, ob Airbnb dagegen Rechtsmittel eingewandt hat, entzieht sich meiner Kenntnis – aber Rückenwind sieht anders aus.
Auch in Berlin braucht man eine Genehmigung, bekommt sie auch hier für höchstens 90 Tage, und außerdem hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg festgehalten, dass das Zweckentfremdungsverbot auch für Unterkünfte gilt, die vor Inkrafttreten der besagten Regelung illegal vermietet wurden. Klingt logisch, musste aber erst extra so festgehalten werden. München und Stuttgart schränken auf acht bzw. 10 Wochen ein, bevor man eine Registrierung benötigt. Ob das so klappt – die Kontrolle nicht registrierter Unterkünfte stelle ich mir schwierig vor – wird sich weisen.
Paris schränkt auf 120 Tage pro Jahr ein.
PRODUKT: Die Vermieter:innen von privaten Wohnungen sind auch verpflichtet, eine Ortstaxe von den Gästen einzuheben und abzuführen. Wie „diszipliniert“ funktioniert das?
Veit: Es fehlt schlichtweg an Daten, um konkrete Aussagen darüber zu treffen. Man kann da sicher nicht alle in einen Topf werfen. Dass es einfacher ist, in einem unregulierten Umfeld – ohne systematische Registrierung von Anbieter:innen, Gästen, Nächtigungen – unsauber zu arbeiten, liegt jedenfalls auf der Hand.
PRODUKT: Um für die Hotellerie gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen, was müsste aus Sicht der ÖHV im Bereich der Kurzzeitvermietung von Wohnungen noch passieren?
Veit: Ganz gleich werden sie nie sein, das ist auch nicht das Ziel: Du kannst von einem privaten Anbieter nicht verlangen, so professionell und strukturiert zu arbeiten wie jemand, der das hauptberuflich und mit einem Team macht. Insofern machen Abstufungen durchaus Sinn. Hotels sind in der Regel beim Service, in Vertrieb und Bewerbung, was Kooperationen mit anderen Dienstleistern in der Destination angeht oder auch bei der Ausstattung, besser aufgestellt; kleinere Anbieter:innen haben mehr Freiräume. Solange sich das alles in einem gewissen Rahmen bewegt und nicht die Vorteile beider Welten im Sinne eines aggressiven Rosinenpickens dazu führen, dass Regulierte – und das ist in der Regel mit deutlich höherem Aufwand verbunden – strukturell benachteiligt werden, ist das fair. Im Sinne der Fairness sollten die geltenden Regeln von allen eingehalten, ihre Einhaltung kontrolliert und die Rahmenbedingungen laufend weiterentwickelt werden. Dann ist ein Miteinander möglich und alle finden ihr Auslangen.
PRODUKT: Herr Veit, vielen Dank für die Einblicke.