Pfandtastisch?

2025 hat uns in Sachen Getränkegebinde einschneidende Änderungen gebracht – deren Auswirkungen zum Teil bereits spürbar sind und zum anderen Teil erst in den kommenden Monaten durchschlagen werden. Zeit für ein erstes Fazit.

Kategorie: Sonstiges

Sowas gibt’s nicht alle Tage. Die Konsument:innen sind aufgerufen, lange antrainierte Gewohnheiten über Bord zu schmeißen, denn seit 1.1.2025 wird auch für Einweg-Getränkegebinde ein Pfand verrechnet. 25 Cent pro Flasche oder Dose mit einem Volumen von 0,1 bis 3L werden beim Kauf draufgeschlagen und beim Retournieren der Verpackungen wieder ausbezahlt. Aber nur, wenn das Gebinde nicht zerdrückt ist. Was bei der bisherigen Entsorgung im Gelben Sack bzw. in der Gelben Tonne dringend angeraten war, wurde zum No-Go. Doch die Eingewöhnungsphase gibt allen Betroffenen Zeit, sich langsam an das neue Normal zu gewöhnen. Die Getränkehersteller dürfen noch bis Ende März nichtbepfandete Gebinde produzieren und diese können noch bis Jahresende verkauft werden. Deshalb gab es zum 1. Jänner keinen harten Cut, sondern die bepfandeten Gebinde (erkennbar am aufgebrachten Symbol) fließen seitdem langsam ins System ein. Und der Selbstversuch im Februar zeigt: Hat man die ersten Pfand-PET-Flaschen im Einkaufswagen, ist nicht nur man selbst ein wenig freudig aufgeregt, sondern auch die Kassierin, die freundlich darauf hinweist, dass hier nun 25 Cent verrechnet werden.

Wie läuft’s? Wenige Wochen nach der Umstellung haben wir unterschiedliche Branchenteilnehmer um ein erstes Fazit gebeten. Laut Recycling Pfand Österreich waren Ende Jänner bereits rund 25 Mio. Pfandverpackungen im Umlauf, bis Mitte Februar wurden 1 Mio. Gebinde erfolgreich retourniert. Bei den Herstellern bestätigt man, dass die Übergangsfrist natürlich genutzt wird, um alte Verpackungen und Etiketten im Sinne der Ressourcenschonung aufzubrauchen. Herbert Bauer, General Manager Coca-Cola HBC Österreich, schildert etwa: „Wir haben mit Jahreswechsel begonnen, unsere Getränke in der Produktion auf Pfandgebinde umzustellen. Dies erfolgt in mehreren Phasen nach Gebindegrößen und wird bis Ende März abgeschlossen sein. Unsere volumensstärkste Verpackung ist die 0,5L-PET-Flasche, die inzwischen bereits in vielen Filialen des LEH im Regal steht.“ Yvonne Haider-Lenz, Leiterin Marketing, Unternehmenskommunikation und Innovation bei Vöslauer, berichtet: „Bereits im Januar haben wir mit der Produktion der ersten Artikel begonnen, um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen. Aktuell (Anm: Ende Februar) wurden rund 33% der betroffenen Artikel umgestellt. Wir gehen davon aus, dass alle unserer Produkte Anfang bis Mitte April flächendeckend in den Märkten verfügbar sein werden.“ Auch im Handel ist man mit dem Start des Systems weitgehend zufrieden. Von Lidl, laut eigenen Angaben der erste Lebensmittelhändler in Österreich, der öffentlich ein Pfand auf Einweg-Getränkeverpackungen gefordert hat, hört man etwa: „Das erste Resümee ist positiv. Für die Pfandautomaten haben wir super Lösungen gefunden und sie direkt im Eingangsbereich platziert. Unsere Kund:innen ersparen sich so unnötige Wege beim Einkauf“, meint Michael Kunz, CEO von Lidl Österreich. Stolz ist man außerdem auf die Tatsache, dass an den Automaten nicht nur das Leergut retourniert, sondern die Pfandbonsumme auf Wunsch auch gleich an eine von vier Organisationen gespendet werden kann. Auch Hofer hat frühzeitig begonnen, seine Filialen entsprechend umzurüsten und überall, wo es baulich möglich war, zwei Rücknahmeautomaten im Eingangsbereich installiert. Der Diskonter bietet übrigens auch Kleinbetrieben wie Trafiken, Würstelständen oder Fitnessstudios an, die Hofer-Infrastruktur nach Vereinbarung als Rückgabestelle zu nutzen.

Gerätschaft. Ein weiterer wichtiger Player im Pfandgefüge sind aber natürlich auch die Automatenhersteller, die in den vergangenen Monaten und Jahren im Einsatz waren, um die Gerätschaften an den Verkaufsstellen umzurüsten oder auszutauschen. Tomra beispielsweise zieht nun, nachdem das neue System angelaufen ist, ebenfalls ein positives Fazit. Andreas Kellner, Key Account Manager: „Die erste Phase der Einführung des neuen Einwegpfandsystems in Österreich verlief weitgehend reibungslos. Der Handel war gut vorbereitet und mit rund 6.000 Sammelstellen (Anm.: Automaten) haben die Konsument:innen einen bequemen Zugang zur Rückgabe ihrer Getränkeverpackungen. Bisher haben wir positive Rückmeldungen von den beteiligten Akteur:innen erhalten und das System funktioniert wie erwartet.“ Der Härtetest steht aber freilich noch bevor: „Tomra erwartet einen deutlichen Anstieg der Rückgabemengen, sobald mehr registrierte Produkte in das System aufgenommen werden und das Bewusstsein der Verbraucher:innen weiter wächst.“ Für die Tomra-Automaten sollte das aber kein Problem sein: Sie seien für hohe Kapazitäten ausgelegt, so Kellner.

Mitmachen. Sinn und Zweck des neuen Einwegpfandes ist es ja, die Mengen an verfügbarem Recyclingmaterial zu erhöhen. Das funktioniert aber nur, wenn die Konsument:innen ausreichend mitmachen, und dies wird auf unterschiedliche Weise forciert. Monika Fiala, GF Recycling Pfand Österreich GmbH, schildert ihre Pläne: „Wir haben einen Kommunikationsschwerpunkt im 1. und 2. Quartal 2025, wo wir im TV, Out-of-Home, via Print- sowie Online-Bewerbung österreichweit und reichweitenstark das Pfandsystem kommunizieren. Auch in der zweiten Jahreshälfte werden wir mit hoher Reichweite mit Online- und Social Media Werbung präsent sein, um die Konsument:innen weiterhin zu informieren, zur Rückgabe zu motivieren und zu erinnern.“ Die Getränkehersteller sind natürlich ebenfalls daran interessiert, dass das Pfandsystem angenommen wird – viele weisen deshalb auch direkt auf den Produkten nochmal darauf hin. Philipp Bodzenta, Public Affairs & Communications Director Coca-Cola Österreich: „Um unseren Konsument:innen die Umstellung zu erleichtern, haben wir unsere Verpackungen auch an der Vorderseite mit einem Hinweis auf das Pfand gekennzeichnet. Weiters wird in der Coke App das Sammelthema bei Limonadenprodukten aufgegriffen und die Loyalität unserer Konsument:innen mit Gewinnen mit Bezug auf das Pfandsystem belohnt.“ Bei Vöslauer setzt man außerdem auf Hilfsmittel, die das Sammeln und Transportieren bzw. Tragen der Leergebinde erleichtern, wie z.B. die „Vöslauer Bring-it-Bag“ – eine Tasche, die Platz für 18 unzerdrückte 1,5L-PET-Flaschen bietet und zusätzlich über ein separates Fach für Pfandbons verfügt. Oder auch den „Return Clip“ – ein Band, an dem Flaschen für den Transport zur Rückgabestelle befestigt werden können. Yvonne Haider-Lenz: „Zusätzlich informieren wir umfassend: Eine eigene Infoseite auf unserer Website sowie eine zusätzliche Kennzeichnung auf unseren Hauptgebinden weisen auf wichtige Details zum Einwegpfand hin – etwa, dass Flaschen unzerdrückt retourniert werden müssen.“ Mit einem Gimmick, das als ganz aufs Einwegpfand abgestimmte Tragehilfe, aber auch als Werbemittel, z.B. für den Handel, fungieren kann, geht auch die 0916 Werbeagentur an den Start und präsentiert den „bringbag“-Flaschensammler. Dieser soll etwa als Kundengeschenk zum Einsatz kommen.

Reduziert. Natürlich ruft die Einführung des Einwegpfands auch Hersteller jener Produkte auf den Plan, mit denen die Anzahl der in Umlauf befindlichen Flaschen und Dosen generell reduziert werden soll – wie etwa SodaStream. Die Einführung des Einwegpfandes sieht man dort durchaus als Chance, deren Potential man im November durch eine Studie (Marketagent) abklopfen ließ. 43% der Befragten gaben an, 2025 sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich auf einen Wassersprudler umzusteigen. 61% erwarteten, dass Trinkwassersprudler durch das Pfandsystem an Beliebtheit gewinnen werden. Knapp ein Drittel gab an, in Zukunft weniger Getränke in Einwegverpackungen kaufen zu wollen. SodaStream bringt sich deshalb als pfandfreie Alternative in Stellung. In den Kommunikationsmaßnahmen bringt man dies mit dem Claim „Nix mit Schleppen. Nix mit Pfand“ auf den Punkt.

Was ändert sich? Bei Vöslauer schätzt man die Einflüsse des Einwegpfandes auf den Getränkemarkt folgendermaßen ein: „Prognosen deuten darauf hin, dass rund ein Drittel der Konsument:innen plant, das eigene Einkaufsverhalten – zumindest in der Anfangsphase – anzupassen“, so Yvonne Haider-Lenz. „Die Auswirkungen werden jedoch je nach Segment unterschiedlich ausfallen. Besonders positiv sehen wir die Entwicklung für Mehrweg – jede:r zweite Konsument:in plant, künftig verstärkt zu Mehrweg zu greifen.“ Herbert Bauer, Coca-Cola HBC: „Wir sind überzeugt, dass das Einwegpfandsystem ebenso erfolgreich implementiert wird wie das seit Jahrzehnten etablierte Mehrwegsystem in Österreich. Nach einer kurzen Umstellungsphase werden Konsument:innen das System gut annehmen, sodass sich die Absätze auf gewohntem Niveau stabilisieren.“

Und Mehrweg? Apropos Umstellungsphase: In einer ebensolchen befindet sich ja auch der Mehrweg-Bereich. Per 2. Februar wurde das Pfand auf 0,5L-Mehrweg-Glasflaschen (mit der 0,5L-Bierflasche als prominentester Vertreter:in) von 9 auf 20 Cent brutto pro Flasche angepasst. Mit diesem Schritt, so Karl Schwarz, Obmann des Verbands der Brauereien, solle „die Motivation, die leeren Flaschen wieder in den Handel zurückzubringen, deutlich erhöht werden“. Denn die bisher (seit über 40 Jahren) gültigen 9 Cent haben den Wiederbeschaffungswert einer (nicht zurückgegebenen) Flasche schon lange nicht mehr abgedeckt. Die Erhöhung soll nun dazu beitragen, dringend benötigte Flaschen zurück in den Kreislauf zu bringen und so auch die nötigen Mengen an Neuglas zu reduzieren. Florian Berger, GF des Brauereiverbands, zieht dazu ein erstes Fazit: „Aus unserer Sicht ist die Umstellung technisch gut gelaufen, die Adaptierungen in den Automaten haben gut und wie geplant geklappt. Bei den Marktbesuchen, die wir seit der Umstellung gemacht haben, haben wir durchwegs auch die Umsetzung der Pfandanpassung in den Kassensystemen der Händler festgestellt sowie mit Masse die entsprechenden Änderungen an den Preis- und Pfandauszeichnungen in den Regalen.“

Anregungen? Noch ist das neue Pfandzeitalter jung und es wird spannend, hier in einigen Monaten nochmal zurückzuschauen. Und auch der Vergleich mit anderen Ländern bringt vielleicht die eine oder andere kreative Idee: In Rom oder Istanbul (wo es kein Pfandsystem gibt, Quelle: yes or no media) kann man gebrauchte Plastikflaschen für Bus- und Bahntickets eintauschen, oder auch gegen Hundefutter – eine Idee, bei der man v.a. an die Straßenhunde gedacht hat.