Runter damit!

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Mit der neuen EU-Verpackungsverordnung ist die Reduktion von Verpackungsabfällen nun Gesetz. Neben Mehrweg-Lösungen und verbesserter Recyclingfähigkeit fordert dieses einen generell sparsamen Materialeinsatz. Wir haben uns umgehört, wie hier am besten reduziert werden kann und präsentieren Ihnen zahlreiche Best-practice-Beispiele.

Kategorie: Stories

Seit 11. Februar ist die Packaging & Packaging Waste Resolution der EU in Kraft und muss nun innerhalb der 18-monatigen Übergangsfrist umgesetzt werden. Die österreichische FMCG-Branche ist zwar in Sachen Kreislaufwirtschaft im internationalen Vergleich gut aufgestellt, dennoch bleibt noch genug zu tun, um die strengen Vorgaben zu erfüllen. ARA Vorstandssprecher Harald Hauke: „Die Umsetzung der PPWR ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die uns alle die kommenden Jahre beschäftigen wird. In Österreich können wir dank der Vorarbeit der letzten Jahrzehnte sowie einer innovativen Verpackungs- und Entsorgungsbranche vergleichsweise zuversichtlich nach vorne blicken. Dennoch gilt es, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um gut vorbereitet zu sein und EU-Strafzahlungen zu vermeiden.“ Somit ist spätestens jetzt der Zeitpunkt erreicht, an dem Produkte hinsichtlich ihrer Verpackung hinterfragt und ggf. optimiert werden müssen, etwa bzgl. folgender Punkte: Wer auf recyclingfähige Materialien setzt, kann künftig auch bei der Entpflichtung sparen (siehe Infokasten unten). Der Umstieg auf Mehrweg kann ebenfalls in vielen Fällen aus Nachhaltigkeitssicht sinnvoll sein – insbes. zumal lt. PPWR auch hier bestimmte Quoten zu erfüllen sind. Und der Einsatz von Recyclingmaterial ist natürlich ein weiterer guter Ansatz, der den Vorgaben der PPWR entspricht und hilft, Neumaterial einzusparen.

RUNTERSCHRAUBEN. Bzgl. Einsparung von Material ergeben sich je nach verwendetem Packaging-Konzept unterschiedliche Möglichkeiten. So kann etwa im Kunststoffbereich mittels durchdachtem Einsatz eine deutliche Gewichtsreduktion erzielt werden. Alexander Draxler, Alpla Global Sales Director Non-Food Packaging, beziffert diese mit 10 bis 15%, vereinzelt seien auch 30% möglich. „Dies spart Material, hängt aber entscheidend vom Verpackungsdesign und der daraus resultierenden Formgebung ab. Wichtig ist es, die Sicherheit, Funktionalität und das Handling der Verpackungen nicht zu beeinträchtigen.“ Auch bei Karton resp. Wellpappe kann weniger mehr sein. Hagen Burkert, Cluster Communications Manager bei DS Smith, weist auf die Möglichkeit reduzierter Wandstärken hin – „wo die Stabilität das zulässt“. Die ist natürlich bei Kunststoff ebenso essentiell. Alexander Draxler, Alpla: „Wichtig ist es, die Sicherheit, Funktionalität und das Handling der Verpackungen nicht zu beeinträchtigen.“ Auch Georg Matyk, GF Getränkekarton Austria, betont: „Materialeinsparungen dürfen nicht isoliert betrachtet werden, da der Produktschutz und die Haltbarkeit der Inhalte nicht gefährdet werden dürfen.“ Bei Getränkekartons spielen sich Innovationen deshalb vor allem hinsichtlich der Zusammensetzung der Materialien ab, indem etwa vermehrt nachwachsende Rohstoffe wie Karton zum Einsatz kommen und fossile Barrieren oder Verschlüsse durch biobasierte oder recycelte Rohstoffe ersetzt werden. Bei Glas gilt die Devise Ressourcenschonung, ohne den Produktschutz zu gefährden, natürlich gleichermaßen. Vetropack hat diesbzgl. über zehn Jahre lang im Innovationszentrum in Pöchlarn geforscht und experimentiert und als Ergebnis schließlich vor wenigen Jahren die Echovai-Technologie präsentiert. Diese erlaubt es, das Glas derart thermisch zu härten, dass sowohl Materialeinsatz als auch Gewicht deutlich reduziert werden. Zum Einsatz kommt das Verfahren beispielsweise bei den 0,33L-Mehrwegflaschen, die seit letztem Jahr v.a. von den Brauereien als Pool-Lösung verwendet werden.

FARBEN. Neben Zurückhaltung beim Verpackungsmaterial selbst ist natürlich auch der Verzicht auf Farben ein gangbarer Weg in Richtung mehr Nachhaltigkeit. „Weniger Farben bzw. auch weniger bedruckte Labels sparen nicht nur Material, sondern vereinfachen insbesondere das Recycling, erläutert Alexander Draxler, Alpla. Bei DS Smith sieht man das ähnlich: „Der Verzicht auf nicht unbedingt notwendige Farben oder Bedruckungen wirkt sich positiv aus“, so Hagen Burkert.

HILFE. Weniger ist mehr, ist künftig die Devise für die Hersteller, die in den kommenden Monaten gut abwägen müssen, worauf verzichtet und wo optimiert werden kann. Hilfestellung dafür liefert ECR Austria mit seiner jüngsten Publikation „Verpackungs-Minimierung“ – „ein unverzichtbarer Leitfaden für Unternehmen, die nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern auch ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen“, so Teresa Mischek-Moritz, ECR Austria Manager.

WORK IN PROGRESS. Generell ist man sich einig, dass zwar bereits viel erreicht wurde, wir im Bereich FMCG-Packagings aber dennoch erst am Anfang einer großen Optimierungswelle in Richtung nachhaltiger Zukunft stehen. „Das Potenzial für Materialeinsparungen ist erheblich“, beurteilt Georg Matyk, GF Getränkekarton Austria, die Situation. Auch bei DS Smith ist man überzeugt, dass es noch einiges zu erledigen gibt: „Insbesondere im Bereich der Einwegverpackungen für Produkte des täglichen Bedarfs“, so Hagen Burkert. Und in Sachen Kunststoff verortet Alexander Draxler, Alpla, ebenfalls noch jede Menge Potenzial, z.B. durch Umstellung von PP auf PET oder PE, durch die Optimierung von Verpackungsgrößen oder den Verzicht auf Zweitverpackungen. Georg Matyk von Getränkekarton Austria zieht ein Zwischenfazit: „Zweifellos haben die meisten Hersteller bereits Optimierungen umgesetzt, doch dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen.“ Einige Beispiele für bereits erfolgte, ganz auf Ressourcenschonung ausgerichtete Verpackungs-Relaunches haben wir auf den folgenden Seiten für Sie zusammengesammelt.


PPWR – Eckpunkte & Fristen

Bis 1.1.2028: Veröffentlichung der Design for Recycling Guidelines. Zweck: Verpackungen sollen recyclingfähig gestaltet werden. Als Anreiz schafft die PPWR Rahmenbedingungen für eine Ökomodulation, d.h. gut recyclingfähige Verpackungen sollen künftig in der Entpflichtung kostengünstiger sein. Die Ausgestaltung der Guidelines durch die Mitgliedsstaaten soll eineinhalb Jahre später umgesetzt sein.

Ab 2030: Verpackungen, deren Recyclingfähigkeit nach den Guidelines unter 70% liegt, gelten als nicht recyclingfähig und dürfen nicht mehr in den europäischen Markt eingebracht werden. Bestimmte Einweg-Kunststoff-Verpackungen sind verboten (z.B. bei frischem Obst und Gemüse). Außerdem gelten Quoten für wiederwendbare Verpackungen, u.a. bei Getränken und Transport-Verpackungen.

Auch ab 2030: Verpackungen mit Kunststoffanteilen müssen zu verschiedenen Mindestprozentsätzen (je nach Produkt zwischen 10 und 35%) aus Rezyklaten hergestellt werden. Ab 2040 steigen die Sätze auf 25 bis 65%.


Die Markenartikler waren in Sachen Verpackungs-Minimierung und -Optimierung bereits sehr aktiv –hier präsentieren wir Ihnen einige Best-Practice-Beispiele.


NIVEA

Neue Flaschen

Das gesamte „Nivea Body“-Sortiment wurde einem Relaunch unterzogen. Die neuen Verpackungen wurden konsequent optimiert, um den Materialeinsatz zu reduzieren. Die Flaschen sind jetzt 20% leichter und bestehen zu 50% aus recyceltem Plastik, wodurch jährlich tausende Tonnen neuer Kunststoffe eingespart werden. Die Recyclingfähigkeit wurde auf bis zu 90% erhöht, sodass die Verpackungen einfacher wiederverwertet werden können. Durch den neuen, kopfstandfähigen Verschlussmechanismus wird eine optimierte Restentleerung ermöglicht, wodurch weniger Produkt in der Verpackung verbleibt und die Flaschen effizienter recycelt werden können.


GMUNDNER MILCH

Ohne Alu

Vor knapp zwei Jahren brachte die Gmundner Molkerei mit der SIG Terra Alu-free als erste österreichische Molkerei die aseptische Getränkeverpackung ohne Aluminiumschicht auf den Markt. Vorreiter der innovativen Materialzusammensetzung war die Gmundner Milch Haltbar-Milch. Die SIG Terra Alu-free besteht bis zu 82% aus FSC-zertifiziertem, erneuerbarem Rohkarton und hauchdünnen Polymerschichten. So bleiben hocherhitzte Produkte über lange Zeiträume hinweg geschützt, ohne dass sie gekühlt werden müssen. Seit der Markteinführung der Gmundner Molkerei wurden dadurch inzwischen mehr als 300 Tonnen CO2-Emissionen eingespart.


IGLO

In Papier

Ein Großteil der „iglo“-Produkte ist in recyclebaren Papierfaltschachteln verpackt. 2023 wurden zudem die Vorratspackungen des „iglo“-Naturgemüsesortiments von Kunststoff auf papierbasierte Beutel umgestellt. Durch diese Umstellung vermeidet iglo jährlich rund 60 Tonnen Plastik.


SALZBURGMILCH

Monomaterial

Bei den Käsescheiben der „SalzburgMilch“ kommt seit 2024 keine Kartontasse mehr, sondern ein Kunststoff-Monomaterial zum Einsatz. Somit lässt sich die Packung nach dem Verzehr noch einfacher entsorgen (im Gelben Sack) und das Handling in den Sortieranlagen wird erleichtert.


MANNER

Farben sparen

Manner hat im Sinne der Nachhaltigkeit eine Umstellung bei den 8er- und 10er-Waffel-Beutel-Kartons vorgenommen: Während auf der Frontseite das markante Rosa erhalten bleibt, werden die Druckfarben auf dem restlichen Karton reduziert – 7 Tonnen Farbe können so eingespart werden.


RINGANA

Versandverpackung Mexiko

Die Versandverpackung Mexiko, die DS Smith gemeinsam mit dem Naturkosmetikhersteller Ringana entwickelt hat, ist Teil eines innovativen E-Commerce-Konzeptes und wurde für die speziellen logistischen Anforderungen und den Produktversand nach Mexiko entwickelt. Durch ein flexibles Baukastensystem für unterschiedliche Produkte können Materialien eingespart, Leerräume minimiert und Transportwege optimiert werden.


WERNER & MERTZ

Leichter Sprühkopf

Einen neuen Recycling-Maßstab setzte Werner & Mertz mit einem innovativen Sprühkopf für Reinigungssprühflaschen. Alle Elemente sind vollständig recyclingfähig, das Gewicht wurde stark reduziert und er ist damit die leichteste Sprühpumpe ihrer Art. Der Sprühkopf schafft mind. 5.000 Pumpstöße. So kann die Flasche mehr als elfmal mit den dazu angebotenen ebenfalls vollständig recyclingfähigen Nachfüllbeuteln wiederbefüllt werden.


BERGER

Schlauchbeutel aus PP

Berger Schinken hat einen recyclingfähigen Schlauchbeutel aus PP für Gastro-Verpackungseinheiten entwickelt. Diese Verpackung verbraucht 80% weniger Kunststoff im Vergleich zur herkömmlichen Schalenverpackung, ist deutlich kleiner und leichter. Die maximal 11g schwere Verpackung schützt das Produkt optimal und kann über den Gelben Sack entsorgt werden.


DANONE

Actimel ohne Banderole

Seit 2023 tragen die „Actimel“-Fläschchen keine Plastikbanderole mehr. Die Recyclingfähigkeit der Verpackung konnte so auf 99% gesteigert werden. Allein in Deutschland werden durch diese Maßnahme jährlich 300 Tonnen Plastik eingespart, die CO2-Emissionen wurden um 2.000 Tonnen gesenkt.


ÖLZ

Folien-Reduktion

Ölz hat über sein komplettes Sortiment hinweg Folienstärken und -maße geprüft und auf das Notwendige reduziert. Die Verpackung macht in der Regel weniger als 1% vom Produktgewicht pro Backware aus. Seit 2015 wird kontinuierlich von Folien mit Etikett auf bedruckte Folien umgestellt – die Rezyklierbarkeit ist dadurch von 78% auf aktuell mehr als 94% gestiegen. Eine der aktuellsten Maßnahmen ist die Folienformatanpassung bei den „Ölz Mini Bussi Haselnuss“, mittels derer 14% Verpackungsmaterial eingespart wurden.


OVOTHERM

Eierverpackungen

Ovotherm ist weltweiter Marktführer für transparente Eierverpackungen. 2011 hat man das Produktsortiment auf 100% recyceltes PET umgestellt. Schon 2007 wurde zudem die Außenverpackung optimiert und für die meisten Produkte statt Kartons recycelte PE-Säcke eingeführt – dies ermöglicht neben dem Nachhaltigkeitsvorteil zusätzlich den Transport von durchschnittlich 12% mehr Produkten im LKW. Weiters hat man die Recyclingfähigkeit der Verpackungen durch die Entwicklung eines abwaschbaren Klebers für Etiketten erhöht.