Saftige Potentiale

© Radatz

Kochschinken ist und bleibt das beliebteste Fleischerzeugnis der Verbraucher:innen. Langweilig wird dieses Segment obendrauf nie, denn neue Varianten, die weitere Entwicklung von Bio-Sortimenten und das Thema Transparenz bieten einiges an Chancen und Herausforderungen.

Kategorie: Food

Fürs Sonntagsfrühstück, das Jausensemmerl, als Belag auf Pizza oder als Zutat in Gerichten wie Schinkenfleckerl – Kochschinken ist ein Must Have in Österreichs Haushalten. Daran ändert auch die Verschiebung hin zu pflanzlichen Lebensmitteln nichts, die Absatzmengen sind konstant bis leicht steigend: Mit 11.220T jährlich verkaufter Menge (RollAMA 2024, Menge 2023) ist Schinken schließlich der Spitzenreiter unter den Fleisch- und Wurstwaren in Österreich. Ein Umstand, der die Erzeuger natürlich erfreut, denn sie alle widmen ihren Sortimenten viel Aufmerksamkeit.

KLASSIKER. Obwohl gerade Schinken durch besonderen Varianten-Reichtum auffällt, die Bestseller sind dennoch oft die langbewährten Klassiker. Rudolf Berger, GF Fleischwaren Berger: „Natürlich sind neue Geschmacksrichtungen immer spannend, nachdem aber seit geraumer Zeit die Klassiker im Schinkensegment sehr beliebt sind, bieten wir diese verstärkt an.“ Die Konsument:innen greifen bei Berger am liebsten zu „Backofen Schinken“, „Traditions-Beinschinken“ oder „Wellness Schinken“. Berger: „Diese vertrauten Geschmacksrichtungen kommen einfach gut an – sie bieten Verlässlichkeit.“ Rund 20 Sorten umfasst das „Wiesbauer“-Schinkensortiment, die beliebtesten sind der „Butter Schinken“, der rustikal geräucherte „Birkenrauch Schinken“ und der „Prosecco Schinken“. Thomas Schmiedbauer, Aufsichtsratsvorsitzender der Wiesbauer Holding AG: „Es zeigt sich, dass bei der Kaufentscheidung guter Geschmack und kontinuierliche Qualität noch immer an oberster Stelle stehen. Diese Kontinuität ist unser Erfolgsgeheimnis.“ Die gut sortierte Frischetheke bzw. das SB-Regal sollte demnach einen guten Mix aus starken Klassikern und interessanten Neuheiten bieten. Apropos – zur Frage SB oder Theke: Artikel für die Selbstbedienung gewinnen wohl weiter an Bedeutung, insbesondere für die Markenartikel-Anbieter, die hier mit ihren gut sichtbaren Brands bei den Verbraucher:innen punkten können.

BESIEGELT. Zukunftsträchtige Themen der Produktentwicklung sind neben neuen Geschmacksrichtungen insbes. Bio-Varianten. Allerdings wächst dieser Bereich nur langsam und die Produkte werden zumeist unter den Eigenmarken des Handels vertrieben. Der Bio-Anteil präsentiert sich somit deutlich unter Durchschnitt: Während Bio im (RollAMA-) Gesamtmarkt bei etwa 11% liegt und Spitzenreiter-Produkte wie Trinkmilch fast schon zu einem Drittel in Bio-Qualität gekauft werden, sind nur knapp über 3% des Wurst- und Schinken-Absatzes biologisch zertifiziert. Als Gründe werden insbesondere die deutlich höheren Kosten, die eingeschränkte Rohstoff-Verfügbarkeit und die zu geringe Nachfrage der Verbraucher:innen genannt. Bettina Harich, Verkauf bei Sonnberg Biofleisch: „Bio-Schinken ist in der Produktion teurer, da er höhere Qualitätsstandards erfüllen muss und etwa die Futterkosten höher sind. Das spiegelt sich im Preis wider, und da Bio-Schinken teurer ist, ist auch die Nachfrage geringer.“ Aber nicht nur der Preis, sondern eben auch die Rohstoffverfügbarkeit drosseln das Bio-Wachstum. Franz Radatz: „Wir sehen ein steigendes Interesse der Konsument:innen an Bio-Produkten, bieten bereits einige Bio-Schinken an und planen das Sortiment weiter auszubauen. Allerdings ist die Verfügbarkeit von Rohmaterial eine entscheidende Frage. Das Segment kann insgesamt nur im Rahmen der Verfügbarkeit erweitert werden.“

POSITIV GESTIMMT. Fleischwaren Berger, einer der größten Bio-Produzenten des Landes, ist aber dennoch zufrieden mit der bisherigen Entwicklung. Verkaufs- und Marketingchefin bei Berger, Gaby Kritsch: „Wir sind stolz und dankbar, dass wir Bio-Produkte für einige Handelsmarken produzieren dürfen. Unter der Marke ‚Berger‘ bieten wir zudem den ‚Bio Wellness-Schinken‘ an, der im Frühjahr ein neues Layout bekommen hat. Seither konnte der Absatz merklich gesteigert werden.“ Und auch Sonnberg Biofleisch ist mit der Entwicklung zufrieden. Harich: „In den letzten Monaten haben sich unsere Bio-Marke und unsere Produkte äußerst positiv entwickelt. Das zeigt deutlich, dass die Menschen beim Einkauf bewusster auf Qualität und Nachhaltigkeit achten.“

GEKENNZEICHNET. Weitere große Themen in der Branche sind Herkunfts- und Haltungskennzeichnungen der Produkte. Wobei sich die Hersteller überwiegend für transparente und verpflichtende Regelungen aussprechen. Rudolf Berger: „Wir begrüßen Forderungen nach Kennzeichnung der Herkunft der Rohstoffe, denn unserer Meinung nach muss die Herkunft für Kund:innen auf den ersten Blick erkennbar sein. Ähnlich wie bei verpacktem Fisch, wünschen wir uns im Lebensmittelhandel eine verpflichtende Kennzeichnungsverordnung für alle Produkte – verpackt oder unverpackt, verarbeitet oder nicht.“ Auch bei Radatz sieht man das so, Franz Radatz merkt aber zusätzlich an: „Kritische Punkte für die Hersteller sind hierbei natürlich die zusätzlichen Kosten und der Aufwand bei der Umsetzung der Transparenzmaßnahmen. Außerdem wäre eine europaweit einheitliche Regelung für exportorientierte Firmen wichtig, um eine konsistente und wirtschaftlich sinnvolle Vermarktung sicherzustellen.“ Dass Produkte, die den Verbraucher:innen die Einhaltung von Tierwohlkriterien garantieren, gut ankommen, weiß man bei Hütthaler, wobei man sich auch der nötigen Investments bewusst ist. Hans Kunze, Verkauf Hütthaler: „Wir begrüßen das Thema Tierwohl und die Forderung nach mehr Transparenz in Bezug auf Haltung und Herkunft sehr und sind in diesem Bereich mit unserem Musterhof und dem etablierten ‚Hofkultur‘-Programm Vorreiter. Durch die ‚Fair Hof‘-Handelsmarke ist eine Nische entstanden, die bei den Verbraucher:innen zunehmend Anklang findet. Herausfordernd für die Hersteller sind jedoch die höheren Produktionskosten und die Notwendigkeit, bestehende Prozesse anzupassen, um den Anforderungen gerecht zu werden.“

NEUES & FESTLICHES. Jetzt, in den letzten Wochen des Jahres, steht Schinken ganz besonders im Fokus: Festliche Varianten und Verpackungen sorgen für Abwechslung im LEH. Perfekt für diese Zeit sind z.B. die vor wenigen Monaten eingeführten sous-vide gegarten Spezialitäten, „Original Wiesbauers Schinken“ und „Original Wiesbauers Braten“, die von den Konsument:innen bereits sehr gut angenommen werden. Oder, auch von Wiesbauer, der „Festtagsaufschnitt“ mit einer Kombination aus beliebten „Wiesbauer“-Schinken sowie -Wurst.

SCHÖN GEMACHT. In einem neuen Verpackungsdesign präsentieren sich die Schinken-Spezialitäten von Frierss: Das neue Packaging überzeugt im Regal mit einem ansprechen Design, genussvollen Produktbildern und großem Sichtfenster. Christoph Frierss, GF Frierss: „Das Feedback der Kund:innen ist großartig. Das neue Design spiegelt die hohe Produktqualität wider und kommuniziert die Genuss-Dimension noch stärker.“

ANZIEHEND. Bei Radatz bietet man zu den Festtagen neben den bewährten Aufschnittvarianten auch Spezialitäten-Schinken mit Honig-Zirbe, Uhudler, Preiselbeere, Trüffel und einen zarten „Spanferkelschinken“ an.

GUTE PRÄSENZ. Neue Produkte sind bei Berger in der Pipeline, aktuell freut man sich aber auch über den neuen Look, den der „Berger Trüffel Schinken“ erhalten hat und in diesem Outfit mittlerweile breit im LEH gelistet ist. Auch der „Berger Rosmarin Schinken“, der ein saisonaler Bestseller in den Bedientheken war, ist nun dauerhaft im SB-Regal erhältlich und wird sehr gut nachgefragt.

FAZIT. Die Verbraucher:innen lieben Schinken. Neben kontinuierlicher Qualität, bestem Geschmack und spannenden saisonalen Varianten wird in Zukunft wohl auch das große Überthema „Transparenz“ an Bedeutung gewinnen. Man darf gespannt sein, wie die politischen Rahmenbedingungen dafür konkret aussehen werden.

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