Schließlich waren (und sind) die Folgen des Herunterfahrens der Republik auch für die Teigwarenhersteller, Mühlen oder die Fettwaren-Lieferanten enorm. Die Achterbahnfahrt hat für sie bereits Ende der Kalenderwoche 8 und dann deutlich ab KW 9 – rund um den Ausbruch der Pandemie in Norditalien – begonnen: Die Konsumenten bereiteten sich auf einen Notzustand vor und deckten sich mit lagerfähigen Produkten ein. In Folge erzielten Teigwaren ein Plus von 150% und Mehl wuchs um 148% (Nielsen, exkl. H/L, Basis-Food-WGR, KW9/20 vs. Vorjahresperiode). KW 10 verlief dann, bis auf die Hamsterkäufe gegen Ende der Woche, etwas gemäßigter, darauf folgte aber in KW 11 (am Montag der Woche traten die Ausgangsbeschränkungen in Kraft) ein Spitzenabsatz mit einem Plus von 358% bei Teigwaren und 377% bei Mehl. Diese Spitzen lassen sich lt. Nielsen mit einer Mischung aus Bevorratungskäufen und tatsächlich gestiegenem Bedarf aufgrund der Quarantäne erklären.
Historisch.
Den Verbrauchern bot sich – auch wenn man mit aller Kraft dagegen ankämpfte – in dieser Zeit ein Bild, das man als historisch bezeichnen kann: leere Regale in den sonst so üppig bestückten Märkten des Landes. Ebenfalls historisch: Teigwaren schafften es schließlich sogar in die ZIB1: Joachim Wolf, GF von Wolf Nudeln, schilderte, dass die Produktion aufgrund der Hamsterkäufe auf Hochtouren laufe und, dass sein Unternehmen aber dennoch nicht als Gewinner hervorgehe, da Mehr- und Überstunden zu bezahlen seien, um diese Spitze zu bewältigen. Szenen wie diese hätte man an diesem Punkt der Krise wohl bei vielen Herstellern drehen können.
Herausfordernd.
So auch in Hall in Tirol bei Recheis. Martin Terzer, GF: „Die letzten Wochen haben unser Unternehmen sehr gefordert. Mehr- und Wochenendarbeit, schwierige Rahmenbedingungen für die Logistik und die Rohstoffbeschaffung haben uns einiges an Krisenkompetenz abverlangt.“ Wie am Ende des Jahres die Bilanz aussieht, lässt sich daher absolut nicht einschätzen. Terzer: „Kurzfristig haben wir natürlich ein hohes Umsatzplus im LEH-Sortiment zu verzeichnen, wir rechnen aber mit einer Abflachung und Glättung über das Jahr. Und: Unsere Gastronomie-Umsätze sind weitgehend zusammengebrochen.“ Höchstleistungen erbrachte man auch bei Barilla, GF Matthias Spiess: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der bestmöglichen Warenversorgung. Wir sind aber natürlich mit den Folgen der kurzfristigen Grenzschließungen, den damit verlängerten Umläufen der LKW sowie in Folge mit signifikant gestiegenen Komplexitäts- und Logistikkosten konfrontiert.“
Volle Lager.
GoodMills Österreich, für etwa ¼ der gesamten heimischen Mehlproduktion verantwortlich, arbeitet in dieser Zeit ebenfalls im 7-Tage-Betrieb. Der starken Nachfrage bei gleichzeitiger Umsetzung aller Sicherheitsmaßnahmen konnte man schnell Herr werden. Leonhard Golleger, Europachef der Gruppe: „Es gibt keinen Anlass zur Sorge um die Versorgung mit Mehl.“ Ähnliches kommuniziert auch die Vereinigte Fettwaren Industrie (VFI). Wolfgang Ahammer, GF: „Gerade in der ersten Phase haben wir enorme Anstrengungen unternommen, um die Supply Chain auf der Rohstoffseite zu stabilisieren. Das Ziel war u.a. die bedarfsgerechte Erfüllung der Kundenaufträge, also einerseits der sprunghafte Anstieg im Retail und andererseits die massiven Einbrüche im Gastronomie-Sortiment.“
Reaktion.
Gefragt nach den Chancen, die diese Krise vielleicht mit sich bringen könnte, meint Ahammer, GF der VFI: „Insgesamt hoffe ich sehr, dass allen Beteiligten – und vor allem den Konsumenten – die Bedeutung einer starken heimischen Lebensmittelindustrie nachhaltig in Erinnerung bleibt und ihren Niederschlag im Kaufverhalten findet.