Knapp 60kg Fleisch verzehrt der durchschnittliche Österreicher pro Jahr, und das mit großem Genuss. Den Weg vom Schwein zum Schnitzerl verdrängt man jedoch gerne bzw. setzt auf romantische Vorstellungen, die schnell ins Wanken kommen, wenn z.B. ein Skandal das Bild erschüttert. Und auch über die Mitarbeiter:innen, ohne die die heimische Lebensmittelversorgung nicht denkbar wäre, denkt man eher selten nach. Dem möchten die Marcher Fleischwerke, das größte Unternehmen der heimischen Fleischbranche, jetzt entgegenwirken und rücken ihre Schlachthofmitarbeiter mit einer auffälligen Kampagne ins Rampenlicht. Norbert Marcher, Geschäftsführer der Marcher Fleischwerke, erklärt: „Uns ist wichtig, der breiten Öffentlichkeit einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren. Gerade die Schlächter sind in unserem Betrieb die Schlüsselstelle, ohne deren Arbeit die restliche Wertschöpfungskette zum Erliegen kommen würde. Für diese Arbeit müssen sie nicht nur das erforderliche Know-how und die notwendigen Fertigkeiten mitbringen, sondern vor allem auch menschliche Qualitäten, die für diese anspruchsvollen Tätigkeiten unerlässlich sind.“
Gesucht.
Die Mitarbeiter:innen eines Schlachtbetriebs sind essentiell, der Job aber sowohl äußerst anspruchsvoll als auch gesellschaftlich nicht unbedingt angesehen. Es wundert daher nicht, dass Facharbeiter:innen in dieser Branche verzweifelt gesucht werden. Marcher: „Fleischfacharbeiter:innen sind seit jeher ein Mangelberuf, deshalb setzen wir schon seit langem auf Kolleg:innen aus dem benachbarten Ausland.“ Als Mitarbeiter:innensuche möchte Marcher die Kampagne aber dennoch nicht verstanden sehen. Marcher: „Unsere Kampagne zielt nicht in erster Linie darauf ab, neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen, sondern darauf, den bestehenden Wertschätzung auszudrücken – und für Transparenz zu sorgen.“
Mutig?
Die von Inge Prader produzierten Schwarz-Weiß-Bilder zeigen die Fachkräfte samt Werkzeug und in Arbeitsmontur. Es sind starke Fotos, die Respekt einflößen und eine Kampagne, die durchaus als mutiges Statement wahrgenommen werden kann. Marcher: „Wir als Gesellschaft haben den Bezug zur Herstellung von Lebensmitteln zunehmend verloren und sind beunruhigt, wenn wir mit Bildern konfrontiert werden, die wir nicht einordnen können. Die Kampagne wird aber auch als mutig empfunden, weil sie Menschen vor den Vorhang holt, deren Aufgabengebiet gesellschaftlich nicht hoch angesiedelt ist. Auf den Bildern ist aber sichtbar, dass die Personen stolz auf ihren Beruf sind – das ist für den/die Betrachter:in spürbar und gleichzeitig irritierend.“
Transparent.
„Das Wissen“, so Marcher weiter, „dass die Schlachtung eines Tieres notwendig ist, um eine Leberkässemmel zu essen, ist in den Hintergrund gerückt.“ Im Sinne maximaler Transparenz bietet das Unternehmen daher auch an, einer Schlachtung via Livestream beizuwohnen. Marcher: „Diese Möglichkeit bieten wir in Graz bereits seit 2016 an, weil wir es als wichtigen Schritt – auch intern – in Richtung Transparenz sehen. Schlachtbetriebe stehen immer wieder in der öffentlichen Kritik – wenn man sich hier offen und gesprächsbereit zeigt, kann man viele Ressentiments ausräumen.“ Für dieses Angebot gibt es übrigens viel Anerkennung, „allerdings“, so Marcher, „wird es kaum angenommen, weder von Medien noch von Privatpersonen. Alleine, dass es die Möglichkeit gibt, wird scheinbar ausreichend positiv aufgenommen.“


