Man kann sich noch dunkel daran erinnern: Bei den Frische-Theken des Handels ist man vor wenigen Jahrzehnten noch regelmäßig angestanden und hat geduldig darauf gewartet, dass ein Kunde nach dem anderen seine frisch aufgeschnittene Salami, die Extra oder das Faschierte bekommen hat. Szenen, die heute nur noch selten zu finden sind. Denn mit der Einführung von SB-Kühltheken und entsprechenden, vorgeschnittenen und sauber verpackten Fleisch- und Wurstwaren hat sich der Druck auf die Bedientheke deutlich reduziert. Gleichzeitig hat die fleischverarbeitende Industrie natürlich massiv in die für SB-Waren nötigen Anlagen und Produktionsprozesse investiert. Norbert Marcher, GF Marcher Gruppe, erzählt etwa: „Mittlerweile ist es eine Selbstverständlichkeit geworden, Wurst- oder Schinkenprodukte vorgeschnitten im Regal vorzufinden. Diese Veränderung hat aber natürlich zu einer immer mehr fortschreitenden Professionalisierung der Fleisch- und Wursterzeugung sowie zu einer zunehmend technisierten Fleischzerlegung inklusive der dafür notwendigen Verpackungslinien geführt.“ Sehr zum Nutzen der Verbraucher:innen und des Handels übrigens, denn die längeren Haltbarkeiten von SB-Produkten, der schnellere Einkaufsakt und der verringerte Personalaufwand machen sich durchaus bezahlt. Marcher: „Auch im Frischfleisch-Bereich sind SB-Packungen eine der nachhaltigsten Weiterentwicklungen der Fleischbranche, denn damit konnte die Haltbarkeit von Frischfleisch – allen voran Faschiertem – gravierend verlängert werden.“
Schnittig.
Das Aufschneiden und Verpacken von Wurst- und Schinkenprodukten avancierte in den letzten 20 Jahren also zu einem echten Innovationsthema. So auch bei Wiesbauer, wo man im Jahr 2000 die ersten Slicer-Anlagen in Betrieb genommen hat, die einen Rundschnitt für großkalibrige Würste möglich machten. Thomas Schmiedbauer, Vorstandsvorsitzender Wiesbauer Holding AG: „Wir verkaufen heute weit mehr als die Hälfte unserer Wurstspezialitäten aufgeschnitten in SB-Verpackungen.“ Wobei sich bei den Verpackungen – gerade in der jüngeren Vergangenheit – viel getan hat. Schmiedbauer: „Die Verpackungen sind wesentlich nachhaltiger geworden. Wir investieren laufend in die Optimierung des Packagings und arbeiten sowohl an der Reduktion als auch an der möglichst hohen Wiederverwendbarkeit des eingesetzten Materials.“ Durch eine neue Schalengeometrie der Aufschnitt-Packungen ist es z.B. gelungen, bei den Unterfolien bis zu 30% Kunststoff einzusparen. Gleichzeitig sorgt bei den Schalen ein rePET-Anteil von bis zu 80% für einen nachhaltigen Ressourceneinsatz.
Zum Wohl.
Was in die Verpackung. bzw. in das Produkt kommt, verändert sich ebenso immer wieder. Schließlich wandeln sich nicht nur die Bedürfnisse der Verbraucher:innen, auch die lebensmittelrechtlichen Auflagen, eine Vielzahl von Audits sowie Ge- und Verbote sorgen laufend für Neuerungen. Last but not least, sind es aber insbesondere die Hersteller selbst, die aktiv neue Wege gehen. Rudolf Berger, GF Berger Schinken: „Gerade Familienunternehmen, wie wir es sind, dürfen nie aufhören, besser zu werden. Fortschritte machen Markenartikler zukunftssicher und stärken das Vertrauen und die Loyalität der Kund:innen.“ Berger fokussiert sich insbesondere auf sein Klimaschutzprogramm „Regional Optimal“ (regionale Fütterung sorgt dabei für einen um 45% reduzierten CO2-Fußabdruck) sowie auf das hauseigene Tierwohl-Programm und setzt neuerdings Impulse im Segment der pflanzlichen Alternativ-Produkte. Bei der Marcher-Gruppe mit Marken wie „Loidl“, „Landhof“ oder „die Ohne“ steht aktuell die Naturbelassenheit von Produkten stark im Vordergrund der Entwicklungsarbeit. Norbert Marcher: „Im Wurst- und Schinkenbereich ist die Natürlichkeit von Produkten ein Thema – damit einher gehen alle Prozesse, die auf die Reduktion von Salz und Geschmacksverstärkern einzahlen.“
Ringelreihe.
Nachhaltigkeit und Natürlichkeit sind, wie in der gesamten Lebensmittelbranche, aktuell die wichtigsten Fortschritts-Themen. Bei fleischverarbeitenden Unternehmen kommt zudem immer öfter die Frage nach Produkten, die Tierwohlkriterien erfüllen, hinzu. Hier hat sich etwa Hütthaler mit „hütthalers Hofkultur“ und dem 2019 eröffneten Gläsernen Schlachthof als Pionier im Massenmarkt hervorgetan. In enger Zusammenarbeit mit den Landwirt:innen garantiert das Label, dass von der Aufzucht bis zur Schlachtung nach Tierwohlstandards gearbeitet wird. Aktuell präsentiert Hütthaler in Zusammenarbeit mit Multikraft und der BOKU ein wissenschaftliches Projekt, das das Ringelschwanzbeißen bei Schweinen merklich reduziert. Dank der Fütterung mit einem fermentierten Kräuterextrakt, der sich positiv auf das Darm-Mikrobiom und damit auf das gesamte Wohlbefinden auswirkt, konnte das Schwanzbeißen von 71% auf 5% reduziert werden. Ein Beispiel dafür, wie breit gefächert Fortschritt in der Fleischbranche verstanden werden muss.
Anpassungsfähig.
Ein gewichtiger Motor für Fortschritt sind natürlich die Verbraucher:innen und deren Bedürfnisse. Die Lebensmittelindustrie ist hier ständig gefordert, nicht nur am Ball zu bleiben, sondern selbst Impulse zu setzen. Karl Christian Handl: „Das sich verändernde Konsumverhalten führt zu Innovationsdruck sowie zu Veränderungen in der Sortimentsbreite und -tiefe bei den produzierenden Unternehmen.“ Snackification, Convenience und auch Plant Based sind Trends, die Handl Tyrol nicht nur spürt, sondern auch aufgreift. „Denn“, so Handl, „Fortschritt und Innovation sind der einzige Weg, um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten. Es gilt, die traditionellen Produkte an die Bedürfnisse der Verbraucher:innen anzupassen und zeitgemäße Sortimente anzubieten, die den Wünschen und Geschmäckern der Verbraucher:innen entsprechen.“