Die Verpackung ist das Erste, was die Verbraucher:innen von einem Produkt sehen und spüren. Und somit entscheidet sie letztlich auch häufig über Kauf oder Nicht-Kauf. Immer öfter werden dabei auch Klimaschutzaspekte in die Entscheidung miteinbezogen. Packagings, die den Verbraucher:innenwunsch nach einem nachhaltigen Auftritt nicht berücksichtigen, haben dabei schon mal das Nachsehen. Und auch die Gesetzgebung mischt hier immer stärker mit: In den kommenden Jahren treten unterschiedliche Verordnungen in Kraft, die zum Teil tiefgehende Veränderungen im Einkaufsalltag in den Supermärkten mit sich bringen werden (siehe Kasten auf Seite 12), aber vor allem einen wichtigen Beitrag leisten sollen, um unsere Treibhausgas-Emissionen weiter zu reduzieren und so den Klimawandel in Schach zu halten. Tatsächlich sind die Verpackungshersteller jedoch seit Jahren dabei, die Ökobilanzen ihrer Materialien aufzubessern, um für Umwelt und Kund:innen gleichermaßen sinnvoll wie attraktiv zu bleiben. Doch wie sind die unterschiedlichen Konzepte nun aus Nachhaltigkeitssicht zu beurteilen? „Der CO2-Fußabdruck unserer Glasverpackungen ist von vielen Faktoren abhängig“, hält etwa Erich Jaquemar, strategischer Kundenbetreuer bei Vetropack in Österreich, fest. So macht es beispielsweise einen großen Unterschied, ob Glas als Einweg- oder Mehrwegverpackung dient oder auch, welche Transportverpackung zum Einsatz kommt. „Das macht eine pauschale Beurteilung schwierig“, so Jaquemar. Eindeutig ist jedoch, was die Ökobilanz von Glas verbessert: „Sowohl der Einsatz von Mehrwegverpackungen als auch Altglas-Recycling senken die CO2-Emissionen enorm. So werden pro Tonne Altglas, das dem Glasgemenge beigefügt wird, 670kg weniger CO2 ausgestoßen.“ Wie immer ist das beste Material aber jenes, das gar nicht benötigt wird. Und so nennt man bei Vetropack als einen der bedeutendsten Fortschritte der letzten Jahre die eigens entwickelte Leichtglastechnologie „Echovai“. Dazu Jaquemar: „‚Echovai‘-Flaschen werden in einem speziellen Verfahren thermisch gehärtet und sind deswegen nicht nur robuster und beständiger gegen Abrieb, sondern auch um 30% leichter als Standard-Mehrwegflaschen. So sparen sie bei jedem Transport Emissionen.“ 2024 soll diese Technologie übrigens auch bei 0,33L-Mehrwegflaschen, die der Brauwirtschaft als Pool-Lösung zur Verfügung stehen werden, zum Einsatz kommen.
Bei Kunststoff-Verpackungen ist eine allgemeingültige Beurteilung des ökologischen Fußabdrucks ebenfalls schlicht nicht möglich. „So spielt der Anteil des Recyclingmaterials ebenso eine Rolle wie die Frage, ob es sich bei der Verpackung um eine Mehrweg-Lösung handelt“, erläutert Lukas Österle, Senior Sustainability Communications Manager bei Alpla, und bringt ein konkretes Beispiel: „Ein Vergleich bei Einweg-Verpackungen für Mineralwasser in Österreich (1L) zeigt, dass PET bereits ohne Recycling-Anteil deutlich besser abschneidet als die Alternative aus Glas. Besteht die PET-Flasche zu 100% aus Recyclingmaterial, wird der Vorteil von PET noch einmal größer. Berechnet man den Vergleich für Mehrweg-Lösungen für Mineralwasser in Österreich, ist PET ebenfalls der CO2-Champion. Der Abstand zu Glas verringert sich hier jedoch.“ Bei Kunststoff ist Material-Reduktion natürlich ebenfalls ein höchstrelevantes Thema zur Verkleinerung des CO2-Fußabdruckes – und diesbzgl. sind bereits gewaltige Fortschritte erzielt worden. Österle: „Eine Einweg-Wasserflasche aus PET mit 1,5L hat in den letzten 20 Jahren rund 40% an Gewicht verloren.“ Aber auch der Einsatz von Recyclingmaterial ist wie gesagt vorteilhaft. Österle: „Berechnungen zeigen, dass rPET aus dem AlplaRecycling-Werk in Wöllersdorf gegenüber Virgin-PET einen bis zu 92% niedrigeren CO2-Fußabdruck hat.“
Bei Getränkekartons wiederum ist vor allem der Einsatz des nachwachsenden Rohstoffes Holz ein großer Hebel in Sachen CO2-Reduktion. „Der Getränkeverbundkarton liegt vom CO2-Impact her mit einem ökologischen Fußabdruck von 88g CO2-Äquivalenten pro 1L-Verpackung deutlich vor der Einweg-Glasflasche mit 336g, der Mehrweg-Glasflasche mit 115g und der PET-Einwegflasche mit 117g“, berichtet Georg Matyk, GF des Vereins Getränkekarton Austria, aus einer Studie aus dem Jahr 2019, die c7-consult im Auftrag von Alpla durchgeführt hat. „Fairerweise möchten wir ergänzen, dass eine 100%-Recycling-PET-Flasche mit 97g CO2-Äquivalenten unserem Getränkekarton schon nahekommt. Dieses erfreuliche Ergebnis liegt für unsere Getränkeverbundkartons mit ihrem rund 75%igen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen eigentlich auf der Hand.“ Um die Nachhaltigkeit der Packungen weiter zu verbessern, arbeitet man daran, den Kartonanteil weiter zu erhöhen und die notwendige Barriereschicht in klimafreundlicherer Ausführung umzusetzen. Auch Getränkekartons ohne Aluminiumschicht sind bereits möglich.
Karton ist aber nicht nur als Teil von Getränkeverpackungen beliebt, sondern auch darüber hinaus vielseitig einsetzbar. Er genießt u.a. durch die Tatsache, dass er aus Holz hergestellt wird sowie durch die hierzulande bereits lange Recycling-Geschichte auch in der breiten Bevölkerung ein nachhaltiges Image. Bei Cardbox Packaging verweist man darauf, dass die Branche ihre Emissionen dennoch weiter zurückschrauben konnte. „Seit 2018 hat die Karton-Industrie ihren CO2-Fußabdruck um 24% reduziert“, schildert Klaus Hockl, GF der Cardbox Packaging Holding. Stolz ist man insbesondere auch auf die erfolgreiche Entwicklung von Kartonverpackungen als Alternative zu Kunststoff- oder anderen Packagings, hauptsächlich für Lebensmittel. „Durch diese Innovationen werden jedes Jahr Tonnen von Plastik eingespart“, meint GF Klaus Hockl. Weiteres Optimierungs-Potenzial verortet Hockl im Bereich Beschichtung. Cardbox Packaging arbeitet derzeit an einer Variante, die auch bisher nicht recycelbare Verpackungen wiederverwertbar machen soll.
Die Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Verpackung geht jedoch weit über das Material an sich hinaus. So ist etwa die Funktion des Produktschutzes und der durch die Verpackung verlängerten Haltbarkeit nicht zu unterschätzen. „Kohlensäurehaltige Getränke bleiben in Glasflaschen besonders lange spritzig, und auch Vitamine bleiben in der Glasverpackung erhalten“, hält Erich Jaquemar von Vetropack fest. Georg Matyk, Getränkekarton Austria, ergänzt: „Der Produktschutz ist das höchste Gut einer Verpackung, weil der CO2-Impact, der durch Food Waste verursacht wird, um ein Vielfaches höher ist als jener der Verpackung.“ Lukas Österle, Alpla, geht ins Detail: „Eine verpackte Gurke ist im Kühlschrank 11 Tage länger haltbar als eine unverpackte. Die Herstellung der Verpackung macht dabei nur 2% des CO2-Fußabdruckes einer Gurke aus, während die Herstellung und die Logistik 98% ausmachen. Wenn man bedenkt, dass in Europa jährlich 88 Mio. Tonnen oder rund 170kg pro Person an Lebensmitteln im Abfall landen, zeigt sich die Wichtigkeit der richtigen Verpackung. Diese reduziert Lebensmittelverschwendung um bis zu 75%.“
Wenn die Verpackung schließlich ihren Zweck erfüllt hat, ist natürlich ein funktionierender Recycling-Prozess in Sachen Nachhaltigkeit das Um und Auf. Auch um die gesetzlich vorgegebenen Quoten zu erfüllen, sollen diesbzgl. vorhandene Potenziale in den nächsten Monaten und Jahren verstärkt genutzt werden. Dazu zählt auch Bewusstseinsbildung bei den Konsument:innen, v.a. im Bereich Plastik. „Wichtig ist, dass Kunststoff einen Wert bekommt und dadurch mehr gesammelt wird“, hält Lukas Österle, Alpla, fest und fügt hinzu: „Dafür müssen aber die Sammelsysteme auf- und ausgebaut werden, speziell in Regionen, in denen diese noch nicht vorhanden sind. In Deutschland funktioniert die Sammlung über das Pfandsystem bereits sehr gut, hier kommen 97% der PET-Flaschen wieder zurück. Auch in Österreich funktioniert die Sammlung über den Gelben Sack und die Gelbe Tonne sehr gut, wird durch das kommende Pfandsystem (Anmerkung: siehe Kasten unten + Story auf Seite 14) jedoch sicher weiter nach oben geschraubt.“
Die Wahl der richtigen Verpackung ist jedenfalls individuell zu treffen und weit mehr als eine Frage des Geschmacks. Sowohl in Hinblick auf Konsument:innenwünsche nach nachhaltigen Lösungen als auch der Erreichung der EU-Vorgaben, aber natürlich auch schlicht aus dem Bestreben unsere Emissionen so klein wie möglich zu halten, sollte diese Entscheidung mit Bedacht getroffen werden.
• Ab 2024 ist ein Mehrwegangebot im LEH verpflichtend.
• Mit 1.1.2025 wird auf Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff und Metall ein Pfandsystem eingeführt.
• 2025 müssen 50% der Kunststoffverpackungen in Österreich recycelt werden, 2030 55% (dzt.: 25%).
• Für Kunststoff-Getränkeverpackungen gelten demnächst strengere Sammelquoten: vorgeschrieben sind 77% bis 2025, 90% bis 2029.
• Der Recyclinganteil in Getränkeflaschen aus Kunststoff muss bis 2025 bei 25% sein und bis 2030 auf 30% steigen (Quelle: BMK Infothek).