Von wegen farblos

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Ein knallgrünes Produkt mit dem Geschmack einer exotischen Frucht hat es in der Differenzierung zu seinen Mitbewerbern relativ leicht. In der in Sachen Farbe und Geschmack eher zurückhaltenden Kategorie Mineralwasser fällt dies schon etwas schwerer. Hier ist gekonnte Marken-Inszenierung besonders wichtig.

Kategorie: Stories

Natürlich ist Wasser nicht gleich Wasser – bei den Mineralwässern gibt es sehr wohl geschmackliche Unterschiede und dadurch auch klare Vorlieben der Konsumenten für diese oder jene Brand. Der jeweiligen Mineralisierung kommt, zumindest bei Menschen mit in dieser Hinsicht besonderen Bedürfnissen, natürlich auch aus ernährungsphysiologischer Sicht eine erhöhte Bedeutung zu, die die Kaufentscheidung beeinflussen kann. Nichtsdestotrotz hat die Inszenierung der Marke in dieser Kategorie überdurchschnittliche Bedeutung. Wasser ist und bleibt nun mal eine farblose Flüssigkeit, die auf sehr unterschiedliche Weise positioniert und in Szene gesetzt werden kann – eigentlich ein Traum für kreative Markenartikler. Und tatsächlich sind die Markenführungs-Konzepte in dieser Kategorie sehr unterschiedlich.

Jung.
„Vöslauer“ etwa hat hier eine sehr klare Linie gefunden. „Die Marke steht in erster Linie für Jungbleiben, Vielfalt, Kreativität und viel Begeisterung für Ästhetik und Details“, schildert Birgit Aichinger, Leiterin Marketing & Verkauf Inland. Um diese Werte zu kommunizieren, agiert Vöslauer crossmedial, wobei der Marketing-Mix immer wieder adaptiert wird.
Im Einsatz sind sowohl On- als auch Offline-Maßnahmen. Natürlich kommt auch dem PoS als Kommunikationsbühne eine bedeutende Rolle zu. Stimmig ist hier auch der Einsatz von starken jungen Frauen als Markenbotschafterinnen wie aktuell Schauspielerin Sienna Miller.
Ergänzend
Harald Doucha, Geschäftsführer der Agentur Habesohn, Doucha über Markeninszenierung bei Mineralwasser.

In der Kategorie „Mineralwasser“markenstrategisch und kreativ tätigsein zu dürfen, stellt deswegen eine besondere Herausforderung dar, weil dem „Brand Frame“ der Marke erhöhte Bedeutung zukommt. Wenn man die Analogie „Bild und Rahmen“ bzw. „Inhalt und Verpackung“ auf die Mineralwässer umlegt, so haben wir es mit kaum voneinander unterscheidbaren Inhalten zu tun: klare Flüssigkeit, nahezu geschmacklos. Deshalb ist die Inszenierung des strategischen wie kommunikativen Rahmens (Brand Frame) umso wichtiger.
Der Markt der österreichischen Mineralwasser-Marken ist kommunikativ lange Zeit (70er, 80er) von „Römerquelle“ dominiert worden. Die in der Kommunikation frivol angedeutete Dreiecksbeziehung in Zusammenspiel mit dem Slogan „Belebt die Sinne“ war zu Recht lange die Benchmark in Sachen Mineralwässer-Markeninszenierung.
Vöslauer dagegen hat sich als vormalige (nationale) Nummer 2 schon früh von einem ziemlich hausbacken-brachialen Slogan („Mit der Kraft der Erde“) getrennt und durch viele gelungene, werbliche Puzzle-Steine zu einer äußerst femininen Brand entwickelt, die – unter Mithilfe internationaler Stars – nicht nur das regelmäßige Wassertrinken, sondern auch die Jugendlichkeit als Leitthema für sich gepachtet hat.
Bei den im Ranking nachfolgenden Marken ist „Gasteiner“ positiv hervorzuheben als Marke, die interessanterweise nicht länger ausschließlich ihre Herkunft (Bergwelt) und daraus ableitend die Klarheit des Wassers als Marken-USP in den kommunikativen Mittelpunkt rückt, sonderndas Erlebnis mit der Marke etabliert. 
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Grün.
In eine etwas andere Richtung ist die „Römerquelle“ ausgerichtet. Auch hier ist die Betonung der Premium-Qualität wichtig, hinzu kommen Sinnlichkeit und Ästhetik als weitere Markenattribute. „Gleichzeitig wird ‚Römerquelle‘ für seine Nachhaltigkeitsbemühungen geschätzt“, erzählt Brand Manager Sandra Lischka. „Außerdem ist die Marke für ihre Innovationskraft bekannt und gilt etwa als Vorreiter des NearWater-Segments“, so Lischka weiter. Seit fast fünf Jahrzehnten arbeitet man mit der Botschaft „Römerquelle belebt die Sinne“. Um den Premiumcharakter zu unterstreichen, setzt man zudem auf ein schlankes, reduziertes Design, eine starke Farbwelt mit edlem Grau, charakteristischem Dunkelgrün und Etiketten mit metallischen Effekten.
Familiär.
„Wir sind der Überzeugung, dass bei der Kaufentscheidung von Mineralwasser das Markenimage eine wichtige Rolle spielt“, meint auch Monika Fiala, die seit Dezember die Geschäfte der Waldquelle leitet. Die „Waldquelle“ bringt hier die Themen Familie, Natur und Region ein. Um diese Markenwerte zu transportieren, werden Aktivitäten gewählt, die einerseits mit dem Burgenland eng verbunden sind (Stichworte Ursprung und Natur) und andererseits die Familie als Zielgruppe in den Mittelpunkt stellen. „Die Kommunikation erfolgt so nah am Produkt wie nur möglich“, schildert Fiala. So werden etwa die Rücketiketten der „Waldquelle“-Glasflaschen zur Ankündigung regionaler Kooperationen genutzt. Ein weiteres Beispiel für eine sehr stimmige Aktivität ist außerdem der Blog der Eisenstädter Familie Winhofer, in dem über deren Aktivitäten berichtet wird, bei denen natürlich stets eine Flasche „Waldquelle“ mit von der Partie ist.
Berge.
Einiges umgekrempelt hat man letztes Jahr bei „Gasteiner“. Die Marke präsentiert sich seit einigen Monaten mit einem frischen Corporate Design. Sowohl Logo als auch Packaging wurden optimiert, um den Ursprung aus den Bergen des Nationalparks Hohe Tauern noch stärker zu visualisieren. „Die Berge sind der zentrale Pfeiler für den Geschmack, die Qualität und Einzigartigkeit unseres Mineralwassers“, so Gasteiner Marketingleiterin Jutta Mittermair. Außerdem werden die Konsumenten jetzt mit einem neuen Claim angesprochen: „Gasteiner – Und der Moment ist Deiner“.
Mehr.
Im Hause Starzinger finden sich zwei Markenbeispiele für unterschiedliche Positionierungsmöglichkeiten. „Long Life“ etwa zeichnet sich durch einen hohen Magnesium- und Calcium-Gehalt aus und wird dementsprechend auch als „Meine Magnesium Quelle“ dargestellt. Starzingers zweite Wasser-Brand ist „Juvina“ und in dessen Markenwelt hat sich gerade einiges getan – der Auftritt wurde von Grund auf überarbeitet. Künftig wird die österreichische Herkunft noch stärker betont: Eine idyllische Landschaft aus dem Burgenland sowie eine prominent platzierte Österreichflagge sind die wichtigsten Elemente des neuen Etiketts. Der neue Slogan „Da ist Mehr für mich drin“ soll „Juvina“ als „das perfekte Allroundwasser mit Mehrwert“ positionieren, wie Patrick Moser, Prokurist der Fa. Starzinger erzählt.
Passend.
Ob jugendliche Ausstrahlung, Familie, Sinnlichkeit oder Herkunft – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Mineralwasser emotional mit einem Mehrwert aufzuladen und den Konsumenten somit genau das anzubieten, was sie sich in ihrer derzeitigen Lebenskonstellation wünschen.
Produktfotos mineralwasser