Weites Feld

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Einer der derzeit am stärksten spürbaren Trends über viele Warengruppen hinweg ist jener zu pflanzlichen Rezepturen. So gesellen sich zu den klassischen Milchprodukten im Kühlregal immer mehr Alternativen, v.a. aus Getreide – und liefern Umsatz ebenso wie Diskussionsstoff.

Kategorie: Stories
Der Markt für pflanzliche Drinks und Milchalternativen wächst seit Jahren. Zwischen den Jahren 2014 und 2018 hat sich das Wachstum in dieser Kategorie in Österreich allerdings fast verdoppelt“, berichtet uns Tony Lorman, Managing Director DACH von Alpro, und macht deutlich, dass diese Kategorie jetzt so richtig an Fahrt aufgenommen hat (Nielsen, Mat Dez. 2014-2018, Umsatz). Allein im letzten Jahr konnte der Markt nochmal um 35,4% zulegen (Nielsen, LEH+DFH inkl. H/L, Wert YTD FY vs. YA). Die Kategorie Milchalternativen (exkl. Rahm, Crème Fraîche, Topfen) war 2020 64,4 Mio. € schwer (Nielsen, LEH inkl. H/L, MAT KW 04/21). Doch woher kommt das große Interesse an pflanzlichen Produkten? Den ersten großen Push erhielt das Segment bereits vor einigen Jahren durch die wachsende Thematisierung von Unverträglichkeiten – Stichwort Laktoseintoleranz, als jene, die davon betroffen waren (oder zumindest die Möglichkeit dafür in Betracht zogen), sich nach Alternativen zu herkömmlichen Milchprodukten umsahen. „Früher waren pflanzliche Drinks in der Gesundheits- bzw. sogar Allergikernische positioniert“, bestätigt NÖM-Marketingleiterin Veronika Breyer. Und heute? „Pflanzliche Lebensmittel sind nicht mehr nur Ersatzprodukte für Menschen mit Unverträglichkeiten oder Allergien“, hält Helge Weitz, GF Oatly DACH fest. „Heute geht es viel mehr um Geschmack, Vielfalt und Lifestyle“, beschreibt Alpro Managing Director Tony Lorman die Beweggründe der Konsumenten.
SITUATIONSELASTISCH. Denn es ist keineswegs so, dass die Gruppe der Vollzeit-Veganer plötzlich die Hälfte der Bevölkerung ausmacht. „Vielmehr gewinnt die Wahlmöglichkeit zwischen pflanzenbasierten und milchbasierten Produkten an Bedeutung“, bestätigt auch Emmi Österreich Marketingleiterin Sabrina Schmid. Die Schicht der potentiellen Käufer wird jedenfalls größer, wie Veronika Breyer, NÖM, erläutert: „Anfänglich hat sich die Zielgruppe eher bei jüngeren Familien im urbanen Bereich mit höherem Einkommen angesiedelt. Nun bewegt sich der Trend allerdings in Richtung Flexitarier, die sich in beiden Produktwelten bewegen.“


IMAGE. Was aber ist ausschlaggebend für das große Interesse an pflanzlichen Produkten? „Als die drei größten Treiber für eine pflanzliche Ernährung sehen wir die Gesundheit, die Nachhaltigkeit und das Tierwohl“, fasst Unmilk-Gründerin Jennifer Schäfer zusammen. Die Corona-Pandemie, die uns vieles hinterfragen ließ, hat diesen Trend wohl noch weiter forciert. Pierluigi Pecchia, General Manager Upfield Österreich, Schweiz und Italien, berichtet dazu aus einer Studie: „Laut einer Untersuchung von Mintel hat die Covid-19-Pandemie vegane Ernährung für 25% der jungen britischen Millennials attraktiver gemacht.“ Aber auch schlicht die Tatsache, dass immer mehr Marken in diesem Segment Fuß fassen, treibt den Markt weiter voran, wie Fabio Andrea Cella, Country Manager Danone, ausführt: „Das Angebot an pflanzlichen Milchalternativen vergrößert sich stetig – somit haben die KonsumentInnen mehr Wahlmöglichkeiten.“ Und neben der Quantität hat sich auch die Qualität der entsprechenden Produkte deutlich verbessert. „Pflanzliche Produkte wurden auch aufgrund des verbesserten Geschmacks modern und massenfähig“, meint Ulrich Strünck, Prokurist bei Uplegger Food. 


ROHSTOFF. Und woraus werden die Alternativ-Produkte überhaupt hergestellt? Als Basis kommen unterschiedliche Zutaten zum Einsatz. Alpro etwa hat ja in der Herstellung pflanzlicher Produkte mehr als 40 Jahre Erfahrung und setzt dabei nach wie vor größtenteils auf Soja, das übrigens überwiegend von europäischen Vertragsbauern stammt. „Es handelt sich ausschließlich um gentechnikfreie ProTerra-zertifizierte Sojabohnen, für die kein Regenwald gerodet wird“, betont Alpro-GF Tony Lorman. Doch neben Soja haben am Markt auch andere Zutaten, wie etwa Hafer, Mandeln, Reis oder Erbsen, zuletzt an Bedeutung gewonnen.
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AKTIVIERT. Spannend ist, dass das große Potential der Kategorie neben Rein pflanzlich-Pionieren und Start-ups auch die Molkereien auf den Plan gerufen hat. Bereits mehrere Milch-Brands sind hier als Player präsent, wie etwa die NÖM mit dem „nöm Kakao Drink 100% Pflanzlich“. Marketingleiterin Veronika Breyer: „Für uns als Molkerei war der erste Schritt in Richtung pflanzlicher Alternative natürlich ein sehr großer.“ Als Marktführer im Kakaosegment wollte man aber auch jenen Konsumenten, die sich vegan ernähren möchten, eine Möglichkeit bieten, innerhalb der bekannten Markenwelt zu bleiben. Damit ist man keineswegs alleine: Die Berglandmilch offeriert seit einigen Monaten die Linie „Schärdinger 100% pflanzlich“ in Glas-Mehrwegflaschen, Emmi bringt dieser Tage den „Emmi Caffè Drink Almond Macchiato“ als pflanzliche Alternative zum klassischen „Caffè Latte“ auf den Markt und Danone offeriert neuerdings nicht nur „Activia“ in mehreren pflanzlichen Varianten, sondern steigt auch mit der Pudding-Marke „Dany“ ins „rein pflanzlich“-Segment ein. Kommend aus dem Bereich gekühlter Fruchtsäfte und Smoothies fand man es auch bei „innocent“ stimmig, in das Milchalternativen-Segment (mit den Drinks „Haselnuss & Reis“ sowie „Kokosnuss & Reis“) einzusteigen.


IMMER SCHON. Aber auch jene Brands, die seit jeher für Veganes stehen, liefern in diesen Tagen mit unterschiedlichen Neuheiten Impulse: Alpro lanciert noch im April eine Soja-Joghurtalternative in der Sorte „Ananas-Passionsfrucht“ und setzt dabei wieder auf das Konzept „mehr Frucht, ohne Zuckerzusatz“. Außerdem gingen kürzlich die „Unmilk Protein Drinks“ an den Start, „Oatly“ lancierte pflanzliche Aufstriche, von The Coconut Collaborative (Vertrieb: Uplegger) gibt es einen neuen „Vanille Reis Pudding“ und die Marke „Friendly Viking´s“ (ebenfalls Uplegger) startete mit einer Range an haferbasierten Joghurt- sowie einer Creme fraîche-Alternative. Upfield kündigt eine Umstellung seiner Butter-Alternative „Flora Plant“ auf eine Rezeptur ohne Palmöl sowie mit 100% natürlichen Zutaten an und brachte außerdem „Rama zum Kochen und Aufschlagen 100% pflanzlich“ als Alternative für Obers auf den Markt. Weiters bietet man seit Ende vergangenen Jahres unter der Marke „Violife“ eine breite Auswahl an veganen Käse-Alternativen, zu denen dieser Tage noch einige weitere hinzukommen.
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ZUKUNFT. Bei so geballter Innovationstätigkeit fragt man sich unweigerlich: Wo wird das hinführen? Wird Milch von Kuh, Schaf oder Ziege künftig an Bedeutung verlieren? „Ja, Milchprodukte müssen den pflanzlichen Alternativen Platz machen. Momentan deutet alles darauf hin, dass dies kein Trend, sondern eine langfristige Entwicklung ist“, ist Oatly-GF Helge Weitz überzeugt. Von Unmilk-Gründerin Jennifer Schäfer hört man Ähnliches: „Unsere Vision ist es, Plant Based zum neuen Standard und Kuhmilch zur Alternative zu machen.“ Etwas differenzierter sieht man das in den Molkereien. Veronika Breyer, NÖM: „Ich denke, die Alternativen sind gekommen, um zu bleiben. Die Milch wird ihnen aber nicht weichen müssen. Es werden sich auch hier einige wenige Standards herauskristallisieren, die sich ergänzend zur klassischen MoPro etablieren. Ich bin außerdem überzeugt, dass sich auch hier langfristig die regionale Qualität durchsetzen wird.“ Und Dietmar Wamser, Country Manager Innocent, meint: „Die Hersteller klassischer Milchprodukte werden gefordert sein, mit Innovationen gegenzusteuern.“ Bei Danone ist man sicher, dass klassische Milchprodukte nicht verdrängt werden. Country Manager Fabio Andrea Cella: „Entscheidend ist, dass die KonsumentInnen die entsprechenden Wahlmöglichkeiten haben.“
Ergänzend: Josef Braunshofer, GF Berglandmilch, über die Beweggründe als Molkerei auch Milch-Alternativen anzubieten.
Mit den „Schärdinger 100% pflanzlich“-Drinks sprechen wir aktuell zwar noch eine Nische an, die wir aber trotzdem entsprechend bedienen möchten. Wichtig ist uns als Genossenschaft, Wertschöpfung auf die Höfe unserer Mitglieder zu bringen und diese nicht ins Ausland abfließen zu lassen. Die „Schärdinger 100% pflanzlich“-Drinks ermöglichen es unseren flexitarischen KonsumentInnen, in der „Schärdinger“-Welt zu bleiben und gewohnt hohe Qualität zu genießen. Diesem Anspruch folgend wurde auch für unseren „Schärdinger 100% pflanzlich“-Haferdrink ein durch und durch nachhaltiges Konzept mit der Mehrweg-Glasflasche und dem Einsatz von ausschließlich österreichischem Getreide unserer Milchbauern umgesetzt. 
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