Betroffen

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Die Gastronomie und Hotellerie werden nicht nur von Betreibern und Gästen schmerzlich vermisst – auch für viele Hersteller ist der Lockdown eine massive Herausforderung.

Das erneute Schließen der österreichischen Gastronomie- und Hotelleriebetriebe bedeutet für viele Zulieferer enorme Umsatzeinbußen. Zusätzliche Erschwernis: Bisher (Stand 27. Jänner) gab es für diese Unternehmen kaum Ersatzleistungen, da sie nicht behördlich geschlossen wurden, sondern „nur indirekt“ betroffen waren. Wir haben ein Stimmungsbild eingefangen.

Brauerei Stiegl.

Thomas Gerbl, Geschäftsführer Stieglbrauerei

Das Stilllegen der österreichischen Gastronomie und Hotellerie stellt die 525 Jahre alte Stieglbrauerei vor massive Herausforderungen. Ein Hoffnungsschimmer: Zumindest der Absatz im Lebensmitteleinzelhandel und über den Online-Shop laufen gut – hier kann die Brauerei offenbar von der aktuell erhöhten Nachfrage nach heimischen Produkten profitieren. Thomas Gerbl, GF Stiegl, betont: „Obwohl Stiegl sich im Lebensmittelhandel über dem Markt entwickelt, kann dieses Plus im Handel den Komplettausfall des Gastrogeschäftes nicht wettmachen.“ Er kritisiert die teilweise lückenhaften Unterstützungsleistungen: „Grundsätzlich gibt es von Seiten der Region Unterstützung in Form von Fixkostenzuschüssen und das Instrument der Kurzarbeit. Ein Teil der Gastronomie kann auf Umsatzausfallsboni zurückgreifen. Hüttenwirte fallen hier leider teilweise durch dieses Unterstützungsnetz. Sie hatten bis heute ja noch keinen einzigen Tag geöffnet. Wir brauchen daher unbedingt eine verbindliche Lösung durch die Regierung bzw. das Finanzministerium, unter anderem dafür, wie etwa mit den nicht benötigten Warenbeständen der Hüttenwirte umgegangen wird.“

Coca-Cola.

Mark Joainig, Public Affairs & Communications Director Coca-Cola HBC Österreich

Auch bei Coca-Cola bemerkt man Verlagerungen des Umsatzes in den Lebensmittelhandel – die fehlenden Umsätze aus der Gastronomie und Hotellerie können dadurch aber nicht ausgeglichen werden. Mark Joainig, Public Affairs & Communications Director Coca-Cola HBC Österreich, bleibt optimistisch: „Wir sehen uns als Partner der Gastronomie und Hotellerie, die wir mit unseren Programmen zur Stärkung und zum Ankurbeln in der Wiederaufsperrphase unterstützen. Die Erfahrung des ersten Lockdowns hat gezeigt, dass sich nach der Wiedereröffnung der Gastronomie und Hotellerie rasch ein Positivtrend erkennen lässt. Das werden wir auch weiterhin unterstützen.“

Landwirtschaft.

Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ

Die Landwirtschaftskammer kämpft bereits seit Monaten für einen Verlustersatz für Vorlieferanten der Gastronomie, um die heimischen Höfe – insbesondere von Schweinebauern und Rinderhaltern – vor der Existenzbedrohung zu schützen. Die Verlängerung des Lockdowns im Jänner war eine weitere Erschwernis. „Es ist für die betroffenen Betriebe nun ein ermutigender Schritt, dass Bundesministerin Elisabeth Köstinger für den Ausgleich von coronabedingten Einkommensausfällen nun 60 Mio. € aus Mitteln des Landwirtschaftsministeriums zur Verfügung stellt, um die aufgetretenen Erlösverluste zumindest teilweise abzufedern“, so Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ.

Tipos.

Die Kassensysteme von Tipos kommen zu 80% in der Hotellerie und Gastronomie zum Einsatz. Im ersten Lockdown kam das Unternehmen durch die Kurzarbeit einigermaßen gut über die Runden. Mittlerweile beträgt der Umsatzrückgang teilweise bis zu 70%. Alexander Angerer, Inhaber Tipos: „Mehr und mehr Projekte werden verschoben und die Planung für die Zukunft wird immer schwieriger. Derzeit mussten wir noch niemanden kündigen, aber die Situation hat sich extrem zugespitzt. Wir würden eine Unterstützung ähnlich dem Umsatzersatz begrüßen, um vor allem ohne großen Personalabbau durch diese Zeit zu kommen. Wir sind der Meinung, dass für die Tourismus-Branche die Situation im nächsten Jahr noch dramatischer sein wird, wenn Stundungen und Überbrückungskredite fällig gestellt werden. Trotzdem sind wir positiv gestimmt, gemeinsam diese wirtschaftliche Krise zu meistern.“ 

Almdudler.

Gerhard Schilling, Geschäftsführer Almdudler

Almdudler, das eng mit der heimischen Gastronomie und dem Tourismus verbunden ist, ist von der langanhaltenden Schließung hart getroffen. Mit Ausnahme von Kurzarbeit hat das Unternehmen bislang keine finanzielle Unterstützung erhalten. Ein Kompensationseffekt im Handel sei nicht spürbar, insbesondere bei Impulsgebinden gebe es sogar Rückgänge. Trotz allem bleibt GF Gerhard Schilling optimistisch: „Für die Gastronomie hoffen wir nun auf Erholung im Q2/2021. Ein Sommer auf Vorjahresniveau scheint – derzeit – realistisch, sofern es betreffend Impfungen zu keinen weiteren Rückschlägen kommt. Im Q4 sollten wir uns, infolgedessen, langsam wieder der ‚Normalität‘ annähern. Wir träumen schon jetzt vom nächsten ‚Almdudler‘ auf der Sonnenterrasse einer Skihütte in einer ‚echten‘ Wintersaison 2021/22. Wir sind Optimisten und das kann auch das Corona-Virus nicht ändern!“

Ergänzend. Karl und Leo Wrenkh, Restaurant Wrenkh, 1010 Wien, über die Aussichten in der Gastronomie.

Worauf freuen Sie sich nach der Wiedereröffnung am meisten?
Auf das ganz spezielle Brummen eines vollen Lokals mit glücklichen Gästen.

Was wird anders sein als vor der Krise?
Wir haben Glück, dass viele unserer Gäste wenig betroffen sind und sobald die Angst schwindet, werden diese auch schnell wieder bei uns essen. Das braucht nur etwas Geduld.

Was nehmen Sie aus der Krise mit?
Das man nicht alles selbst in der Hand hat und dass es richtig war, niemanden zu kündigen – und: Demut und Dankbarkeit, viele hat es schlimmer getroffen.

Für das Beisl ums Eck, für die kleine Bar, für alle uralten Lokale, die wir gerade deshalb seit Generationen lieben und die die Gastronomie ausmachen, wird es schwieriger – die unteren Einkommen werden von der Krise extra hart getroffen. Diese besonderen Lokale werden Ketten übernehmen und die Seelenlosigkeit wird zunehmen in unserer Branche.

Was macht Ihnen Mut?
Mut macht uns der Zusammenhalt in unserem Team und die Chance, nach der Krise in Europa gemeinsam auch endlich etwas für eine sauberere Umwelt zu tun!